Star Wars™ Der Vergessene Stamm der Sith: Storys (German Edition)
einfach zum Anwesen und sorge dafür, dass die Sklaven erfahren, dass ich heute Nacht nicht nach Hause kommen werde.« Sie verschwand in der Menge.
Ein Stern fiel harmlos vom Himmel herab. Er landete auf einem Hügel und spendete die ganze Nacht über Helligkeit, was die Gärten von Kesh so üppig erblühen ließ wie nie zuvor.
Bis der Stern wieder in die Höhe schoss und dabei alles in Brand setzte. Der sengend heiße Wind ließ die Steine von Oris Heim zu Staub zerbröseln und gab sie dem Inferno preis. Verkohlt und sterbend war sie dem Stern in den Dschungel gefolgt, um ihn zu fragen, warum er ihre Welt zerstört habe. Der Stern antwortete: »Weil ihr glaubtet, ich sei ein Freund.«
Diese Machtvision hatte Ori an ihrem zweiten Tag als Tyro, dem niedrigsten Rang in der Stammeshierarchie. Bislang hatte sie ihr nie etwas bedeutet. Doch als sie bei Anbruch der Nacht das Landgut ihrer Mutter südlich von Tahv erreichte, ereignete sich etwas, das ihr die Vision wieder ins Gedächtnis rief. Eine Prozession von Keshiri-Arbeitern verließ gerade das aus Marmor erbaute Anwesen, um Habseligkeiten zu einem Scheiterhaufen auf dem Rasen zu tragen.
Ihre Arbeiter. Ihre Habseligkeiten.
Ori ließ Shyn bei den Säulen zurück, die den vorderen Weg säumten, und rannte auf das Feuer zu. Sie zückte ihr Lichtschwert und stürmte auf die gebrechliche lila Gestalt zu, die die Arbeit dirigierte: den Verwalter ihrer Mutter. »Was geht hier vor?« Ori packte den Mann. »Wer hat dir aufgetragen, das zu tun?«
Als der Keshiri die Tochter seiner Herrin erkannte, schaute er sich erst verstohlen zu allen Seiten um, bevor er Ori am Handgelenk berührte. Seine Stimme war ein gedämpftes Flüstern, als er sagte: »Die Großlady selbst hat dies angeordnet, Mylady. Erst vor ein paar Stunden.«
Vor ein paar Stunden? Ori schüttelte den Kopf. Seit dem Attentatsversuch waren bloß zwei Stunden verstrichen. Wie war das möglich?
Der Verwalter deutete auf den Haupteingang. Zwei Schüler der Luzo-Brüder standen in dem prachtvollen Durchgang und behielten die mit Möbeln beladenen Arbeiter im Auge, die an ihnen vorbeikamen. Ori sah, dass sie sie noch nicht bemerkt hatten – doch das würde sie ändern. Ori tat einen Schritt auf das Haus zu.
Aber der alte Mann umklammerte Oris Arm und riss sie mit einem Ruck zurück. »Drinnen sind noch weitere«, sagte er, während er sie hinter das Feuer und außer Sicht der Sith zog. »Selbst vor den Besitztümern Eurer Mutter haben sie nicht Halt gemacht.«
»Ist sie noch immer eine Hochlady?«, fragte Ori.
Der Verwalter blickte zu Boden.
Da kam ihr ein anderer Gedanke. »Bin ich noch ein Schwert?«
Mit einem Mal beschlich Ori ein zutiefst beunruhigendes Gefühl. Sie wankte näher an die Flammen heran und versuchte, sich daran zu erinnern, was sie auf dem Weg von der Korsinata hierher gesehen und gehört hatte. Es herrschte heilloses Chaos. Obgleich Campion Dey nur Sekunden nach seinem gescheiterten Angriff getötet worden war, machten Gerüchte über seine Tat in Windeseile die Runde. Die Rote Fraktion behauptete, ihre Mutter habe einen schändlichen Pakt mit den Goldenen geschlossen, und umgekehrt. Andere behaupteten, Venn sei ihrer Erschöpfung und der Aufregung erlegen und in ihrer Loge gestorben. Wieder andere berichteten, die Hinrichtung der Hochlords Dernas und Pallima mitangesehen zu haben, gleich in ihren Logen in der Arena. Nichts davon ergab einen Sinn. Das Einzige, worin sich alle einig waren, war, wer den Attentäter überhaupt erst ins Stadion gebracht hatte: die Kitai-Familie.
Ori musste nach Tahv zurückkehren und mit ihren loyalen Schülern sprechen, die Zugang zum Hohen Sitz hatten. Als Verteidiger ihrer familiären Interessen würden sie wissen, was gerade vor sich ging. Es war von größter Wichtigkeit, angesichts des Scheiterhaufens, der offenkundig bloß ein Versuch des Lagers der Großlady war, eine Reaktion ihrerseits zu provozieren und ihre Untreue aufzuzeigen, nicht dem Zorn zu erliegen.
Als sie zum Anwesen hinüberblickte, grinste sie. Candra Kitais politisches Geschick war ohnegleichen. Mittlerweile hatte sie mit Sicherheit erfolgreich alle Schuld von sich gewiesen und war dahintergekommen, wer von alldem am meisten profitierte. Vermutlich würde Candra, wenn sie in Tahv anlangte, zur Rechten desjenigen sitzen, der diese Intrige inszeniert hatte, um die Macht zu erlangen – wer auch immer das sein mochte. Jetzt war nicht die Zeit, um in eine plumpe Falle zu tappen, die ihr
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