Star Wars™ Der Vergessene Stamm der Sith: Storys (German Edition)
gewesen war, was er mit Shyn anfangen sollte. Als Sklaven war es keinem von ihnen erlaubt, einen Uvak zu besitzen. Als sich Ori an den Kompostierschuppen erinnerte, der einst als Stall gedient hatte, drängte sie ihn, das Tier darin zu verbergen, in einer der Boxen hinter dem eingelagerten Dung. Obgleich anfangs unsicher, hatte Jelph ihrem Druck schließlich nachgegeben. Ori, die sich bereits kränklich fühlte, musste sich übergeben, sobald sich das Tor des widerwärtig stinkenden Schuppens geöffnet hatte. Das tat sie auch in der zweiten Nacht, nachdem sie die ganze Geschichte des Niedergangs ihrer kleinen, aber bedeutenden Familie zum Besten gegeben hatte.
Bei diesen Gelegenheiten war Jelph bemüht und hilfsbereit gewesen. Er hatte sie mit kühlem Flusswasser und Waschlappen versorgt. Jetzt, im Zwielicht des dritten Abends, stellte sie die Grenzen seiner Gastfreundschaft wirklich auf die Probe. Da sie sich jetzt besser fühlte, hatte sie den ganzen Tag damit zugebracht, auf der Farm umherzustapfen, die jüngsten Ereignisse im Geiste noch einmal Revue passieren zu lassen und die Rückkehr ihrer Familie an die Macht zu planen, auch, wenn diese Familie jetzt bloß noch aus ihr selbst bestand. Beim Abendessen hatte sie sowohl sein Wissen als auch seine Geduld auf die Probe gestellt.
»Ich verstehe nicht recht«, sagte Jelph, während er den Boden der Orojomuschel-Schüssel abkratzte. »Ich dachte, der Stamm erwartet, dass die Leute nach den Posten anderer streben.«
»Schon, schon«, sagte Ori, die im Schneidersitz auf dem Boden saß. »Aber wir töten nicht, um sie zu bekommen. Wir töten, um sie zu behalten.«
»Gibt es da einen Unterschied?«
Ori ließ die leere Schüssel auf den Boden der Hütte fallen. Ein Esstisch wäre schön , dachte sie. »Du weißt wirklich nicht das Geringste über dein Volk, oder? Der Stamm ist eine Meritokratie, eine herrschende Elite. Wer immer für ein Amt am besten geeignet ist, kann es für sich beanspruchen – vorausgesetzt, man fordert den aktuellen Amtsinhaber öffentlich heraus. Dernas hat die Großlady nie öffentlich herausgefordert, ebenso wenig wie Pallima.«
»Oder deine Mutter«, warf er ein und kniete nieder, um ihre Schüssel aufzuheben. Als sie die Macht nutzte, um sie in seine Hand schweben zu lassen, schaute er leicht verblüfft drein. »Danke.«
»Hör zu, es ist wirklich einfach«, sagte sie, erhob sich und unternahm den erfolglosen Versuch, den Dreck von ihrer Uniform zu bürsten. »Wenn es einem gelingt, seine Rivalen zu erwischen, bevor sie bereit dafür sind, kann man alles tun, was man will – auch sie ermorden.«
Seine Stirn legte sich in Falten, als er zu ihr aufschaute. »Das klingt wie ein Blutbad.«
»Normalerweise üben wir uns dabei in Zurückhaltung, um der allgemeinen Ordnung willen. Gift, eine Shikkar -Klinge in die Eingeweide …«
»Um der allgemeinen Ordnung willen.«
Sie stand auf der Schwelle und blickte finster drein. »Willst du mich bloß kritisieren oder hilfst du mir?«
»Tut mir leid«, sagte Jelph und erhob sich. »Ich hatte nicht die Absicht, dich zu verärgern.« Er schüttelte den Kopf. »Es ist nur so, dass mir der Gedanke, dass es bei dergleichen bestimmte Regeln gibt, nun … seltsam erscheint. Dass es Regeln gibt, um die Regeln zu brechen.«
Ori ging zum Flussufer und schaute nach Westen. Die Sonne schien im Fluss selbst zu versinken, um das Wasser orange auflodern zu lassen. Dies war ein schöner Ort, und sie hatte schon zuvor darüber fantasiert, wie es wohl wäre, hier heimlich die Nacht zu verbringen. So hatte sie sich das allerdings nicht vorgestellt. Von hier aus würde es ihr nicht möglich sein, ihre Rückkehr an den Hof in die Wege zu leiten. Und sie würde dabei mehr Unterstützung brauchen als einen einzelnen strammen Landarbeiter.
»Ich muss zurück«, sagte sie. »Meine Mutter wurde reingelegt. Wer auch immer uns das angetan hat, wird dafür bezahlen – und ich wasche damit meinen Namen rein.« Sie sah ihn über die Schulter hinweg an. Er kaute auf einem Halm herum, den er aus dem Boden gepflückt hatte. »Ich muss zurück!«
»Das würde ich nicht tun«, meinte er, als er sich am Flussufer zu ihr gesellte. »Ich vermute, dass eure Großlady selbst hinter alldem steckt.«
Ori schaute ihn verblüfft an. »Was weißt du darüber?«
»Nicht allzu viel, das gebe ich zu«, sagte Jelph kauend. »Aber wenn deine Mutter der entscheidende Faktor war, um Venns Nachfolger zu bestimmen, dann erscheint es mir nur
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