Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)
Exerziermanöver vorführte.
Die Kompanien marschierten kolonnenweise, jede Kompanie vier Reihen stark, dann formierten sie sich zu einer zwei Reihen tiefen Gefechtslinie. Der Rasen bot als Paradeplatz nicht genügend Raum für die Flanken der Gefechtslinie, aber Sergeant Truslow von der Kompanie K war so vernünftig, seine Männer zurückzuhalten, was die nächste Vorführung ein wenig beeinträchtigte. Es handelte sich um den ganzen Stolz Pelhams, eine Demonstration, wie die Legion ein Verteidigungskarree gegen einen Kavallerieangriff bildete. Doch am Ende war das Karree recht annehmbar formiert, und nur ein echter Experte hätte entdeckt, dass eine Ecke der Formation leicht verkrümmt war. Die Offiziere, bis auf Major Bird alle beritten, wurden in der Mitte des Karrees eingeschlossen, wo die Kapelle eine düstere Version von «Massa in the Cold Cold Ground» spielte. Dann bildete die Legion das Karree in zwei Kolonnen um, die Kapelle wechselte zu dem temporeicheren «Hail, Columbia», die Menge jubelte, der Colonel strahlte, und dann lief Captain Murphy, der sich selbst zum Artillerieführer der Legion ernannt hatte, mit seinen Kanonieren nach vorn.
Die beiden Kanonen wurden mit Schießpulverbeuteln geladen, jedoch nicht mit Kanonenkugeln oder Granaten. Die Legion besaß keine der neumodischen Treibzünder, um das Pulver anzuzünden, also benutzte Murphy stattdessen zwei selbstgemachte Zünder, die aus mit Schießpulver gefüllten Strohhülsen bestanden. Die Strohhülsen wurden in die Zündlöcher und von dort durch Löcher in den Schießpulverbeuteln gesteckt, dann hielten die Kanoniere auf ein Nicken des Colonels hin und just in dem Moment, in dem Kapellmeister Little die letzten Takte von «Hail, Columbia» verklingen ließ, brennende Hölzchen an die Zünder.
Es knallte zweimal ganz herrlich, zwei Flammenzungen fuhren aus den Kanonenrohren, zwei schwellende Wolken aus grauweißem Rauch stiegen auf, und eine Unzahl Vögel flatterte aus den schattenspendenden Bäumen hinter der Tribüne. Das erschrockene Aufkeuchen der Zuschauer war sehr zufriedenstellend.
Der Knall der Kanonen kündigte die Reden an. Colonel Penycrakes Rede war dankenswert knapp gehalten, denn der alte Mann war kurzatmig, darauf verbreitete sich der ehemalige Kongressabgeordnete in einer schier unendlichen Ansprache, nach der Washington Faulconer ein schönes, feuriges Grußwort sprach, in dem er zunächst die Notwendigkeit des Krieges bedauerte, dann aber die Schlangengrube des Nordens beschrieb, von der aus mit Zischen, Züngeln und widerlichem Gestank ekelhaftes Gift immer weiter ins Land getragen würde. «Aber wir Südstaatler wissen, wie man mit Schlangen umgeht!» Die Menge jubelte. Sogar die schwarzen Sklaven, die in einer Ecke zusammenstanden und von ihren Besitzern zum Fest mitgebracht worden waren, bejubelten die Ansichten des Colonels. Er, dessen Stimme kräftig genug war, um alle Versammelten zu erreichen, sprach von den beiden Rassen, die in Amerika entstanden waren und die, wenngleich von gemeinsamen Vorfahren abstammend, durch Klima, Moralvorstellungen und Religion getrennt wurden und sich nun, wie der Colonel erklärte, in ihren Vorstellungen von Ehre, Wahrheit und Männlichkeit derart unterschieden, dass sie es nicht länger ertragen konnten, unter derselben Regierung zu stehen.
«Die Nordstaatenrasse muss ihren eigenen Weg gehen», verkündete der Colonel, «während wir Südstaatler, die immer an vorderster Front in Amerikas Kampf für Freiheit, Wahrheit, Anstand und Ehre gestanden haben, den glorreichen Traum der Gründerväter lebendig halten werden. Ihr Schwert ist an uns übergegangen!» Und er zog die blitzende Klinge, die seinem Großvater von Lafayette geschenkt worden war, und die Menge jubelte bei der Vorstellung, dass sie und nicht die degenerierten, in der Fabrik schwitzenden, bildungsverdorbenen, römisch-katholisch verseuchten Nordstaatler die wahren Erben dieser großen Revolutionäre aus Virginia waren: George Washington und Thomas Jefferson und James Madison.
Der Colonel beschloss seine Ausführungen mit seiner Überzeugung, dass der Kampf nicht lange dauern werde. Der Norden habe Häfen im Süden blockiert und der Süden habe mit der Sperre der Baumwollausfuhr reagiert, was bedeute, dass die großen Tuchfabriken in England unweigerlich stillstehen würden, und England, so rief Faulconer der Menge ins Gedächtnis, werde ohne die Baumwolle für seine Tuchfabriken verkümmern. Wenn die Blockade nicht
Weitere Kostenlose Bücher