Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)
Pflichten vor. Die Flaggenwinker waren Signalgeber, die sich mit Hilfe des Winkeralphabets verständigten. Vier solcher Winkertürme waren errichtet worden, damit General Beauregard in Kontakt mit den weit verstreuten Flügeln seiner Armee bleiben konnte. Einer der Flaggenwinker, ein Corporal, nahm die Verschlusskappe von seinem schweren, auf einem Dreibein ruhenden Fernrohr, das eingesetzt wurde, um die Flaggenzeichen der benachbarten Türme zu lesen, regulierte die Scharfeinstellung und schwenkte es dann in Richtung der bewaldeten Hügel nördlich der Rebellenfront. Er sah die Sonne auf den Schindeln des Satteldachs der Kirche von Sudley gleißen und kurz dahinter eine leere Weide, auf der ein silbernes Blitzen zeigte, wo der Bull Run durch die üppigen Auen floss. Nichts rührte sich in der Landschaft, abgesehen von der kleinen Gestalt einer Frau, die an der Kirchentür auftauchte, um den Staub aus einer Fußmatte zu schütteln. Der Flaggenwinker ließ das Fernglas zurück nach Osten wandern, wo die Sonne niedrig über dem Horizont stand, den der Rauch unzähliger erlöschender Lagerfeuer verschwimmen ließ. Er wollte das Fernglas gerade auf den nächsten Flaggenturm richten, als er einige Männer auf der Kuppe einer kahlen Anhöhe etwa eine Meile jenseits des Bull Run auf der gegnerischen Seite des Flusses auftauchen sah. «Wollen Sie ein paar Yankees sehen?», fragte der Corporal seinen Kameraden.
«Weder jetzt noch sonst irgendwann», antwortete der zweite Signalgeber.
«Ich habe die Bastarde genau vor der Linse.» Der Corporal war aufgeregt. «Verdammt! Also sind sie doch hier.»
Und bereit zum Kampf.
Einige Männer waren zu Fuß, andere saßen im Sattel, einige waren Zivilisten, einige Militärs, und die Gruppe blieb auf der Kuppe der kahlen Anhöhe stehen. Die aufgehende Sonne ließ die Landschaft vor ihnen wundervoll aufleuchten, zeigte ihnen die bewaldeten Täler, eingezäunten Weiden und das Glitzern des Flusses, hinter dem die Armee der Konföderierten auf ihre Niederlage wartete.
Captain James Elial Starbuck befand sich in der Mitte der kleinen Gruppe. Der junge Bostoner Anwalt saß auf seinem Pferd wie ein Mann, der mehr an einen ledergepolsterten Stuhl als an einen Sattel gewöhnt ist, und in der Tat, hätte James benennen sollen, was er am Soldatendasein am wenigsten mochte, so war es die Allgegenwart von Pferden, in denen er nur große, warme, übelriechende, fliegenumschwirrte Biester mit gelben Zähnen, Augen zum Fürchten und Hufen wie wilde Hämmer sah. Doch wenn das Reiten notwendig war, um den Aufstand der Sklavenhalter zu beenden, dann würde James bereitwillig jedes Pferd in Amerika besteigen, denn er war, auch wenn er nicht die Redegabe seines Vaters geerbt hatte, ebenso glühend in seiner Überzeugung, dass diese Rebellion mehr war als ein Schandfleck auf dem Ansehen Amerikas, nämlich eine Gotteslästerung. Amerika, glaubte James, war eine von Gott beflügelte Nation, auf einzigartige Weise vom Allmächtigen gesegnet, und gegen solch ein auserwähltes Volk zu rebellieren war Teufelswerk. Also würden an diesem christlichen Sabbat, auf diesen grünen Feldern, die Streitkräfte der Rechtschaffenheit gegen ein satanisches Geschmeiß vorrücken, und bestimmt, glaubte James, würde Gott eine Niederlage der Nordstaatenarmee nicht zulassen. Oder? Stumm betete er, flehte Gott um den Sieg an.
«Meinen Sie, wir können runter zu der Batterie gehen, Cap’n?» Einer der Zivilisten unterbrach James in seinen Gedanken und deutete auf eine Batterie Artilleriegeschütze, deren komplexes Zubehör auf einem Feld neben der Mautstraße nach Warrenton unterhalb der Anhöhe aufgebaut wurde.
«Das ist nicht gestattet», gab James knapp zurück.
«Ist das hier kein freies Land, Cap’n?»
«Es ist nicht gestattet», wiederholte James in dem autoritären Ton, der sich am Zivilgericht des Commonwealth of Massachusetts stets als äußerst wirksam erwies, die Zeitungsleute in seiner Begleitung jedoch nur zu belustigen schien. Die Zivilisten waren Reporter und Zeichner von einem Dutzend Nordstaatenzeitungen, die am Vorabend zum Hauptquartier des Brigadegenerals McDowell gekommen waren und den Bescheid erhalten hatten, sich dem Sous -Adjutanten des Generals anzuschließen. James hatte schon die Aufgabe, ein halbes Dutzend ausländischer Militärattachés zu begleiten, die von ihren jeweiligen Botschaften in Washington hierhergeritten waren und die bevorstehende Schlacht offenkundig als nette, eigens für
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