Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)
ordentlichen Prozess», sagte James zur Beruhigung der Ausländer, «und nur nach einem ordentlichen Prozess.»
«Der Captain will sagen, dass wir zuerst einen richtig haltbaren Knoten in das Seil machen», erklärte ein hilfsbereiter Reporter den Militärattachés.
James lächelte, wie es die Situation erforderte, doch in Wahrheit fand er das Gebaren dieser Zeitungsleute schockierend verlogen. Viele der Journalisten hatten ihre Artikel über die Schlacht dieses Tages schon geschrieben, hatten ihre Phantasie bemüht, um zu beschreiben, wie die feigen Truppen der Sklavenhalter beim ersten Anblick des Sternenbanners geflüchtet und wie andere Rebellensoldaten lieber reuig auf die Knie gefallen waren, als das Feuer auf die ruhmreiche alte Flagge zu eröffnen. Die Kavalleriepferde des Nordens trampelten mit rot gefärbten Hufen die Sklaverei nieder, und von den Nordstaatenbajonetten triefte das Südstaatlerblut. Aber auch wenn James diese Verlogenheit einerseits entsetzte, war ihm andererseits bewusst, dass die Berichte nur schilderten, um was er selbst aufrichtig betete, und so fühlte er sich nicht wohl bei dem Gedanken, die Reporter zurechtzuweisen, weil er nicht als Defätist hingestellt werden wollte. Die Niederlage war schließlich undenkbar, denn dies war der Tag, an dem die Rebellion niedergeworfen und der Marsch nach Richmond begonnen werden musste.
Mit einem Mal entstand Unruhe am Fuße des Hügels, als die Artilleriepferde aus den Kanonen- und Protzengeschirren ausgespannt wurden. Die Kanonen waren hinter einem Koppelzaun aufgestellt worden und zielten auf eine schöne Steinbrücke, auf der die Mautstraße über den Fluss führte. Die Brücke war der Schlüssel zu Brigadegeneral McDowells Plänen, denn indem er die Aufständischen glauben ließ, sein Hauptangriff würde direkt am Straßenverlauf entlang erfolgen, hoffte er ihre Truppen zur Verteidigung der Brücke zu locken, während seine gut versteckte Flankenkolonne sie im Rücken umging. Andere Nordstaatenverbände würden sich gegen den rechten Flügel des Gegners stellen, aber das entscheidende Ziel bestand darin, den linken Flügel der Aufständischen eng an die Brücke zu ziehen, damit der Flankenangriff des Nordens von hinten vorstoßen konnte, ohne entdeckt zu werden und auf Widerstand zu treffen. Die Rebellen mussten also dazu gebracht werden zu glauben, dass der vorgetäuschte Angriff auf die Brücke der Hauptangriff des Tages war, und um diese Täuschung noch plausibler erscheinen zu lassen, war ein schweres Artilleriegeschütz zur Frontlinie gebracht worden, um den Scheinangriff einzuleiten.
Das Artilleriegeschütz war eine Dreißigpfünder-Parrott, deren Eisenrohr mehr als elf Fuß maß und die beinahe zwei Tonnen wog. Die metallbeschlagenen Räder reichten einem erwachsenen Mann bis zur Schulter, und es waren neunzehn Pferde nötig gewesen, um die riesige Waffe in den letzten Stunden der Nacht vorwärtszuziehen. In der Tat hatte das schleppende Tempo den Vormarsch der gesamten Unionsarmee aufgehalten, und einige Offiziere der Nordstaaten hielten es für Irrsinn, ein so gewaltiges Festungsgeschütz zur vordersten Front zu bringen, doch jeder Soldat, der die sperrige Kanone im ersten Licht der Morgendämmerung schwerfällig vorbeirollen sah, glaubte, dass dieses Monster allein die Schlacht gewinnen konnte. Die Bohrung des gezogenen Laufs hatte mehr als vier Zoll Durchmesser, und nun waren in seinen eisenbeschlagenen hinteren Teil beinahe vier Pfund Schwarzpulver gestampft und eine kegelförmige Granate daraufgedrückt worden. Die Granate war mit Schwarzpulver gefüllt und sollte in einer todbringenden Explosion von Flammen und zersprengten Eisenstücken zerbersten, bei der die Rebellen am anderen Ufer des Bull Run zerfleischt, verstümmelt und aufgeschlitzt werden sollten. Im Augenblick allerdings enthüllte das erste Morgenlicht kaum ein Ziel auf der Rebellenseite des Flusses. Gelegentlich galoppierte ein Offizier der Konföderierten über ein weit entferntes Feld, und einige Infanteristen waren auf einem Hügel mindestens eine Meile jenseits der Steinbrücke aufgezogen, doch davon abgesehen wies nichts darauf hin, dass dort drüben eine nennenswerte Streitmacht der Rebellen stand.
Ein Treibladungszünder wurde durch das Zündloch und tief in den Leinwandbeutel mit dem Schwarzpulver geschoben. Der Zünder bestand aus einer schmalen Kupferröhre, die mit feingemahlenem Schießpulver gefüllt war. Das obere Ende der Röhre enthielt eine
Weitere Kostenlose Bücher