Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)
von der Mautstraße heruntergefahren und auf die konföderierten Verteidiger gerichtet. «Was passiert jetzt mit uns?», fragte einer der Gefangenen aus der Legion Starbuck.
«Ich weiß nicht.»
«Ihnen passiert nichts», sagte ein Mann gereizt. «Sie sind Offizier, die werden ausgetauscht, aber wir nicht. Die werden uns erst nach der Erntezeit wieder freilassen.»
Ein Sergeant der Yankees hatte das Gespräch gehört. «Dann hättet ihr eben keinen Aufstand anzetteln sollen, oder?»
Um ein Uhr nachmittags wurden die Gefangenen zu dem roten Feldsteinhaus an der Kreuzung hinuntergeführt. Die Yankee-Soldaten bereiteten sich noch auf den Angriff vor, der den letzten Widerstand des Südens brechen würde, und während sich die Truppen sammelten, feuerte die Artillerie beider Seiten Granaten über ihre Köpfe, die Geschützbatterien auf den beiden Hügeln beschossen sich gegenseitig und sorgten für eine nicht endende Reihe Verwundeter, die zu dem im Steinhaus eingerichteten Lazarettposten hinkten, taumelten oder getragen wurden.
Starbuck, der wegen seines verdrehten Knöchels hinkte und dessen Uniform mit Ridleys Blut getränkt war, wurde auf die Küchentür des Hauses zugeschoben. «Ich bin nicht verwundet», protestierte er.
«Maul halten und reingehen. Du machst, was dir gesagt wird», fauchte der Sergeant und befahl anschließend den nicht verwundeten Gefangenen, sich um das Dutzend Verwundeter zu kümmern, die nach ihrer Operation ins Freie getragen worden waren. In dem Haus entdeckte Starbuck weitere Männer aus der Legion Faulconer. Einer aus der Kompanie K hatte durch eine Granatenexplosion ein Bein verloren, zwei hatten Lungendurchschüsse von Gewehrkugeln, einer war blind geworden und einem anderen steckte eine Minié-Kugel im Unterkiefer, aus dem eine Mischung von Blut und Speichel rann.
Ein Arzt mit rotem Bart arbeitete an einem Tisch, der in das Licht geschoben worden war, das durchs Küchenfenster hereinfiel. Er amputierte dem Verletzten ein Bein, und seine Knochensäge machte ein knirschendes Geräusch, bei dem Starbuck die Zähne schmerzten. Der Verwundete, ein Nordstaatler, stöhnte grauenvoll, und der Assistent des Arztes träufelte mehr Chloroform auf einen gefalteten Leinenlappen, den er dem Mann anschließend vor Nase und Mund hielt. Sowohl dem Arzt als auch seinem Assistenten liefen Schweißbäche vom Gesicht. Es war erstickend heiß in dem Raum, nicht nur aufgrund des warmen Sommertages, sondern auch durch ein lebhaftes Feuer im Küchenherd, über dem Wasser abgekocht wurde.
Der Arzt legte die Säge weg und nahm ein Skalpell mit langer Klinge in die Hand, um die Operation abzuschließen. Das blutige Bein, immer noch mit einem Stiefel und einer Socke bekleidet, fiel auf den Boden. «Ist mal was anderes als Syphilisbehandlung», sagte der Arzt heiter und wischte sich die Stirn an seinem Ärmel ab. «Das haben wir die letzten drei Monate ausschließlich gemacht. Syphilisbehandlung! Ihr Südstaatler hättet gar keine Armee aufzustellen brauchen, ihr hättet einfach nur eure Huren zu uns raufschicken müssen, die hätten uns dann alle infiziert und uns eine Menge Ärger erspart. Er ist doch noch bei uns, oder?» Diese Frage galt seinem Assistenten.
«Ja, Sir.»
«Gib ihm einen Hauch Ammoniak, damit ihm klarwird, dass er noch nicht an die Himmelspforte klopft.» Der rotbärtige Chirurg tastete mit einer Pinzette nach den Arterien, die abgebunden werden mussten. Er hatte den Knochenstumpf glatt gefeilt, und nachdem die Arterien abgeklemmt waren, schob er Fleisch über das Ende des Knochens, bevor er die Oberschenkelhaut darüberzog. Mit geübten Stichen schloss er den neugeformten Beinstumpf und löste anschließend den Druckverband, mit dem er die Blutversorgung des Oberschenkels während der Operation unterbrochen hatte. «Der nächste Held», bemerkte er trocken, um das Ende der Prozedur zu verkünden.
«Der kommt nicht durch, Sir.» Der Assistent hielt ein offenes Fläschchen mit Ammoniumcarbonat an die Nase des Patienten.
«Gib mir das Chloroform», sagte der Doktor, dann nahm er ein Skalpell und schnitt die zerfetzte, blutige Hose des Patienten auf, um die Genitalien freizulegen. «Sehet, ein Wunder», verkündete der Arzt und tröpfelte dem bewusstlosen Mann Chloroform auf die Hoden. Der Mann schien sich zu verkrampfen, doch dann öffnete er die Augen, brüllte vor Schmerz und versuchte sich aufzurichten. «Gefrorene Eier», sagte der Arzt gut gelaunt, «in Fachkreisen als Lazaruseffekt
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