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Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)

Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)

Titel: Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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    Starbuck ritt westwärts auf die bläulichen Umrisse der Berge zu. Es war ein strahlender Tag unter einem beinahe vollkommen wolkenlosen Himmel. Starbucks frisches Pferd, eine Stute namens Pocahontas, trottete unermüdlich über die Grasnarbe des Sandweges, der immer weiter ansteigend von der Stadt wegführte, vorbei an Obstgärten und eingezäunten Weiden, durch hügeliges Land mit kleinen Bauernhöfen, üppigem Gras und munteren Flüssen. Diese Bergausläufer von Virginia waren für den Tabakanbau kaum geeignet und noch weniger für die Pflanzungen mit Indigo, Reis und Baumwolle, für die der Süden berühmt war, aber es wuchsen ertragreiche Apfel- und Walnussbäume dort, Mais im Überfluss, und das Vieh fand reichlich Weideland. Die Bauernhöfe wirkten, wenn auch klein, sehr gut bewirtschaftet. Starbuck sah große Scheunen und sanfte Auen und wohlgenährte Kuhherden, deren Glocken angenehm verträumt durch die warme Mittagsluft klangen. Als der Weg weiter anstieg, wurden die Bauernhöfe noch kleiner, bis schließlich kaum mehr als einzelne Maisfelder davorlagen, die man dem dichten Wald abgerungen hatte. Hofhunde dösten am Wegesrand, wachten auf, als Starbuck vorbeiritt, und versuchten nach den Fesseln seines Pferdes zu schnappen.
    Als Starbuck höher in die Berge kam, wurde er vorsichtiger. Er besaß die Sorglosigkeit und Dreistigkeit der Jugend, die glaubt, jede Tat vollbringen zu können, doch als die Sonne den Zenit überschritten hatte, begann er, in Thomas Truslow eine gewaltige Hürde zu sehen, von der seine gesamte Zukunft abhing. Überwand er diese Hürde, wäre sein Leben wieder leicht, versagte er, würde er nie wieder in einen Spiegel blicken und sich selbst respektieren können. Er versuchte, sich gegen jeden Empfang zu stählen, den Truslow ihm bereiten konnte, falls Truslow überhaupt in den Bergen war. Dann stellte sich Starbuck den Triumph vor, den es bedeuten würde, wenn der grimmige Truslow sanftmütig dort herunterkam, um in die Legion einzutreten. Er dachte an Faulconers Freude und an Ridleys Verdruss, und dann fragte er sich, ob er jemals den Wetteinsatz aufbringen würde, falls er verlor. Starbuck hatte kein Geld, und auch wenn ihm der Colonel einen Lohn von sechsundzwanzig Dollar monatlich angeboten hatte, so hatte Starbuck davon bisher noch keinen Cent gesehen.
    Bis zum Nachmittag hatte sich der Sandweg zu einem groben Pfad verengt. Er führte an einem rasenden, weiß schäumenden Fluss entlang, der um Felsen rauschte, zwischen Steinblöcken strudelte und um umgestürzte Bäume trieb. Die Wälder waren voller leuchtend roter Blüten, die Hügel steil, die Ausblicke atemberaubend. Starbuck kam an zwei verlassenen Blockhütten vorbei, wurde einmal von Hufgeräuschen aufgeschreckt, drehte sich um, während er nach dem geladenen Revolver tastete, aber dann sah er nur einen Weißwedelhirsch zwischen den Bäumen davongaloppieren. Starbuck hatte begonnen, die Landschaft zu genießen, und dieser Genuss führte ihn zu der Frage, ob sein Schicksal in den wilden westlichen Landstrichen lag, wo die Amerikaner darum kämpften, den heidnischen Wilden neues Land abzuringen. Bei Gott, dachte er, niemals hätte ich mich zu diesem Theologiestudium bereit erklären dürfen! Nachts quälten ihn häufig Schuldgefühle, weil er diese Laufbahn aufgegeben hatte, doch hier, im hellen Tageslicht, mit einer Waffe an der Seite und einem Abenteuer vor sich, fühlte sich Starbuck imstande, es sogar mit dem Teufel aufzunehmen, und mit einem Mal schienen die Worte Rebell und Verrat gar keinen so schlechten Klang mehr zu haben. Er sagte sich, dass er ein Rebell sein wollte. Er wollte wieder von den verbotenen Früchten kosten, von denen sein Vater gepredigt hatte. Er wollte ein Freund der Sünde sein, er wollte im Tal der Todesschatten umherziehen, denn das alles war es, wovon junge Männer träumen.
    Er kam an einer aufgegebenen Sägemühle vorbei, von der aus ein Pfad nach Süden führte. Der Pfad war steil, sodass Starbuck absteigen musste. Faulconer hatte ihm erklärt, dass es einen anderen, einfacheren Weg gab, doch dieser steile Pfad führte direkter zu Truslows Land. Es war heiß geworden, Schweiß kitzelte auf Starbucks Haut. Vögel zwitscherten im frischen blassgrünen Laub.
    Am späten Nachmittag hatte er den Hügelkamm erreicht, wo er wieder in den Sattel stieg und in das Tal voll roter Blüten hinunterspähte, in dem Truslow lebte. An diesen Ort, hatte der Colonel gesagt, zogen sich seit Jahren

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