Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)
meinst, Gott hat damit nichts zu tun?»
«Natürlich hat er das, aber er ist machtlos, solange du ihn nicht zu dir einlädst. Du musst seine Macht freisetzen.»
«Das kann ich nicht!» Dieser Protest klang mehr wie ein Klageruf, der Schrei eines jungen Mannes, der sich verzweifelt danach sehnte, von den Mühen des Ringens um religiöse Erkenntnis erlöst zu werden, eines Kampfes, in dem Jesus und seine Errettung gegen die Versuchung durch Sally Truslow und Dominique antraten und all die anderen verbotenen und wunderbaren Genüsse, die Starbucks Seele zu zerreißen schienen.
«Du solltest damit anfangen, nach Hause zu gehen», sagte Adam. «Das ist deine Pflicht.»
«Ich gehe nicht nach Hause», sagte Starbuck, ohne an seinen gerade erst gefassten Entschluss zu denken, ebendies zu tun. «Ich werde Gott zu Hause nicht finden, Adam. Ich bin ganz auf mich selbst gestellt.» Das stimmte nicht. Starbuck wollte, nachdem nun sein Freund nach Faulconer Court House gekommen war, in Virginia bleiben, weil ihm der Sommer, der sich unter Washington Faulconers Missbilligung so bedrohlich ausgenommen hatte, mit einem Mal als goldene Verheißung erschien. «Und warum bist du hier?» Nun begann Starbuck seinen Freund auszufragen. «Aus Pflichtgefühl?»
«Vermutlich.» Die Frage war Adam unangenehm. «Ich vermute, dass wir uns alle nach Hause wenden, wenn es schlecht zu laufen scheint. Und es läuft schlecht, Nate. Der Norden wird einmarschieren.»
Starbuck grinste. «Dann wehren wir sie ab, Adam, und damit ist es vorbei. Eine Schlacht! Eine einzige, großartige Schlacht. Ein Sieg und dann Frieden. Dann bekommst du deinen Verfassungskonvent und vermutlich auch alles andere, was du willst, aber vorher müssen wir diese Schlacht schlagen.»
Adam lächelte. Es kam ihm so vor, als würde sein Freund Starbuck nur für Sensationen leben. Nicht fürs Nachdenken, in dem Adam gern seinen einzigen Maßstab sah. Adam glaubte, dass sich die wahre Antwort auf alle Fragen, von der Sklaverei bis zum ewigen Seelenheil, von der Vernunft erbringen ließe, während sich Starbuck, das wurde ihm nun klar, nur von Gefühlen leiten ließ. In mancher Hinsicht, dachte Adam überrascht, ähnelte Starbuck seinem Vater, dem Colonel. «Ich werde nicht kämpfen», sagte Adam nach einer langen Pause. «Ich werde nicht kämpfen.»
Nun war es an Starbuck, schockiert zu sein. «Weiß dein Vater das?»
Adam schüttelte den Kopf, sagte jedoch nichts. Anscheinend fürchtete auch er die Missbilligung seines Vaters.
«Und warum bist du dann nach Hause gekommen?», fragte Starbuck.
Wieder schwieg Adam lange. «Ich glaube», sagte er schließlich, «weil ich weiß, dass nichts, was ich sagen oder tun könnte, noch etwas ändert. Niemand hört mehr auf die Vernunft, es regiert die Leidenschaft. Die Leute, von denen ich glaubte, sie wollten den Frieden, sind in Wahrheit viel mehr auf einen Sieg aus. Fort Sumter hat sie verändert, verstehst du? Es spielt keine Rolle, dass es dort keine Toten gegeben hat, die Bombardierung hat ihnen bewiesen, dass sich die Sklavenstaaten niemals der Vernunft beugen werden, und dann haben sie verlangt, dass ich ihre Forderungen mit meiner Stimme unterstütze, und diese Forderungen waren nicht mehr auf Mäßigung gerichtet, sondern auf die Zerstörung von all dem hier.» Er beschrieb eine weit ausholende Geste über die Faulconer-Besitzungen, die üppigen Felder und die dichten Wälder. «Sie wollen meinen Vater und seine Freunde angreifen, und ich habe mich geweigert, dabei mitzumachen. Stattdessen bin ich nach Hause gekommen.»
«Aber du wirst nicht kämpfen.»
«Ich glaube nicht.»
Starbuck runzelte die Stirn. «Du bist tapferer als ich, Adam. Bei Gott, das bist du.»
«Bin ich das? Ich hätte es nicht gewagt wegzulaufen … mit einer …», Adam scheiterte daran, ein feines Wort zu finden, um die gänzlich unfeine Dominique zu umschreiben. «Ich hätte es nicht gewagt, meine ganze Existenz für eine Laune zu riskieren!» Bei ihm klang es, als sei eine solche Tat eher bewundernswert als schandbar.
«Es war nichts als Dummheit», bekannte Starbuck.
«Und du wirst es nie wieder tun?», fragte Adam mit einem Lächeln, und Starbuck dachte an Sally Truslow und sagte nichts. Wieder zupfte Adam einen Grashalm aus und drehte ihn zwischen den Fingern. «Und was, denkst du, sollte ich tun?»
Also hatte Adam doch noch keine Entscheidung getroffen. Starbuck lächelte. «Ich sage dir genau, was du tun sollst. Mach einfach bei deinem
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