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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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hallten über den feuchten Lagerplatz, als sich die Brigade zum Abmarsch bereit machte. Zum ersten Mal seit Wochen zeigte sich sogar die Sonne hinter den Wolken, als die Legion Faulconer Richtung Südosten loszog, wo Amerikas Schicksal in der Schlacht entschieden werden sollte.
     
    In einer einzigen Sache nur konnte Lieutenant Walton Gillespie Starbuck eine Art Fehlverhalten nachweisen, und nachdem er diese Schwachstelle entdeckt hatte, ritt er mit verzweifeltem Eifer darauf herum. Starbuck hatte zugegeben, Passierscheine verkauft zu haben, und auf dieses Geständnis stürzte sich Gillespie. «Sie geben also zu, Passierscheine ausgestellt zu haben, ohne ihre Gültigkeit zu überprüfen?»
    «Das tun wir alle.»
    «Warum?»
    «Für Geld natürlich.»
    Gillespie, der ohnehin schon recht blass war, schien bei dieser Beichte moralischer Verworfenheit noch weiter zu erbleichen. «Sie meinen, Sie haben Bestechungsgelder angenommen?»
    «Natürlich habe ich das», sagte Starbuck. Er war schwach wie ein neugeborenes Kätzchen, seine Speiseröhre und sein Magen ein einziger feuriger Schmerz und sein Gesicht mit nässenden Pusteln übersät, wo auch immer das Krotonöl auf seine Haut gespritzt war. Draußen wurde es langsam wärmer, aber er zitterte trotzdem die ganze Zeit und fürchtete, sich ein Fieber zu holen. Tag für Tag war er verhört worden, und Tag für Tag hatte man ihm das widerliche Öl eingeflößt, bis er schließlich nicht mehr wusste, wie lange er schon im Gefängnis war. Die Fragen schienen niemals zu enden, Tag und Nacht wurde er von Brechreiz und Durchfall gefoltert. Es bereitete ihm Schmerzen, wenn er einen Schluck Wasser trinken wollte, es bereitete ihm Schmerzen, wenn er atmete, es bereitete ihm Schmerzen, am Leben zu sein.
    «Wer hat Sie bestochen?», fragte Gillespie, dann verzog er das Gesicht, als Starbuck blutigen Speichel auf den Boden spuckte. Starbuck saß zusammengesunken auf einem Stuhl, denn er war zu schwach zum Stehen, und Gillespie verhörte nicht gern Männer, die auf dem Boden zusammengebrochen waren. Die beiden Wachmänner lehnten an der Wand. Sie langweilten sich. Nach ihrer Meinung – die nichts zählte, damit hatten sie sich längst abgefunden – war der verdammte Nordstaatler unschuldig, aber Gillespie bearbeitete ihn trotzdem weiter. «Wer?» Gillespie bestand auf einer Antwort.
    «Alle möglichen Leute, verdammt.» Starbuck war so schwach, hatte solche Schmerzen. «Major Bridgford kam einmal mit einem Stapel Formulare, genau wie –»
    «Unsinn!», fauchte Gillespie. «So etwas würde Bridgford niemals tun.»
    Starbuck zuckte mit den Achseln, als wäre es ihm ohnehin gleichgültig. Bridgford war der Kommandeur der Militärpolizei, und er hatte Starbuck tatsächlich einen Stapel Blanko-Passierscheine zum Unterschreiben gebracht und Starbuck danach eine Flasche Roggenwhiskey als Bezahlung für Gefälligkeit auf den Schreibtisch gestellt. Etwa zwanzig weitere hochrangige Offiziere und wenigstens ein Dutzend Kongressabgeordnete hatten das Gleiche getan und gewöhnlich mehr bezahlt als eine illegale Flasche Alkohol, und Starbuck nannte auf Gillespies Aufforderung sämtliche Namen. Der einzige Mann, den er nicht aufzählte, war Belvedere Delaney. Der Anwalt war ein Freund und ein Wohltäter, und das Mindeste, was Starbuck zum Ausgleich tun konnte, war, ihn zu schützen.
    «Was haben Sie mit dem Geld gemacht?», fragte Gillespie.
    «Das hab ich bei Johnny Worsham’s verloren», antwortete Starbuck. Johnny Worsham’s war die größte Spielhölle der Stadt, ein Lokal mit zügellosen Frauen und Musik, das von zwei Schwarzen bewacht wurde, die so groß und kräftig waren, dass es sogar bewaffnete Militärpolizisten nicht wagten, sich mit ihnen anzulegen. Starbuck hatte dort einiges von seinem Geld verspielt, aber der größte Teil lag in Sallys Zimmer unter Verschluss. Starbuck wagte es nicht, das Versteck preiszugeben, weil er fürchtete, dass Gillespie dann Sally nachstellen würde. «Beim Pokern», fügte er hinzu. «Bin eine Niete im Pokern.» Er atmete schwer ein und stöhnte, als er wieder ausatmen musste. Gillespie hatte das Krotonöl schon seit einigen Tagen nicht mehr angewendet, doch Starbuck krümmte sich wegen der Schmerzen in seinem Magen noch immer nach vorn.
    Am nächsten Tag erstattete Gillespie Major Alexander Bericht, der eine Grimasse schnitt, als er feststellte, wie wenig Gillespie aus Starbuck herausgeholt hatte. «Vielleicht ist er ja unschuldig», sagte

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