Starbuck. Der Verräter (German Edition)
Starbucks Schoß. «Wir haben diesen Brief in Websters Hotelzimmer entdeckt. Er hatte keine Gelegenheit, ihn in den Norden zu schicken, aber früher oder später wird ein anderer Mann die Informationen über die Grenze bringen.»
«Was wollen Sie von mir?», fragte Starbuck. Keinen Namen, betete er, alles, aber keinen Namen.
«Warum kämpfen Sie?», fragte De’Ath plötzlich.
Starbuck war völlig überrascht von dieser Frage und zuckte nur mit den Schultern.
«Glauben Sie an die Sklaverei als Institution?», forderte ihn De’Ath heraus.
Über diese Frage hatte Starbuck nie nachgedacht, denn im Hause Reverend Elial Starbucks aufzuwachsen, bedeutete, dass er nie darüber hatte nachdenken müssen. Sklaverei war schlicht und einfach böse, und damit war das Thema erschöpfend behandelt, und diese Einstellung war so tief in Starbuck verwurzelt, dass er sich sogar noch nach einem Jahr in der Konföderation in der Gesellschaft von Sklaven unbehaglich fühlte. Sie vermittelten ihm Schuldgefühle. Allerdings war er auch davon überzeugt, dass es bei dem Streit im Grunde nicht darum ging, ob die Sklaverei richtig oder falsch war – die meisten Leute wussten, dass sie falsch war –, sondern darum, wie zum Teufel man nun damit umgehen sollte. Und dieses Dilemma hatte die größten und menschenfreundlichsten Gemüter Amerikas jahrelang vor ein Rätsel gestellt. Die Frage war einfach zu bedeutsam für eine oberflächliche Antwort, und wieder zuckte Starbuck bloß mit den Schultern.
«Waren Sie unzufrieden mit der Regierung der Vereinigten Staaten?»
Vor dem Krieg hatte Starbuck nie einen Gedanken an die Regierung verschwendet. «Nicht besonders», sagte er.
«Glauben Sie, dass grundlegende Verfassungsprinzipien auf dem Spiel stehen?»
«Nein.»
«Warum kämpfen Sie dann?»
Und wieder zuckte Starbuck nur mit den Schultern. Nicht, dass er keine Antwort gehabt hätte, aber seine Antwort schien vollkommen unzureichend. Als er angefangen hatte, für den Süden zu kämpfen, war es eine Unabhängigkeitsdemonstration gegenüber seinem übermächtigen Vater gewesen, aber mittlerweile war es mehr als jugendliche Aufsässigkeit. Der Außenseiter hatte eine Heimat gefunden, und das genügte Starbuck. «Ich habe so gut gekämpft», antwortete er streitlustig, «dass ich nicht erklären muss, warum ich kämpfe.»
«Und Sie wollen weiter für den Süden kämpfen?», fragte de’Ath skeptisch. «Sogar nach dem, was Gillespie mit Ihnen gemacht hat?»
«Ich will für die Kompanie K bei der Legion Faulconer kämpfen.»
«Vielleicht bekommen Sie dazu keine Gelegenheit mehr. Vielleicht ist es schon zu spät.» De’Ath zog an seiner Zigarre. Ein Aschekegel fiel von der Zigarrenspitze auf seinen Gehrock. «Vielleicht ist dieser Krieg schon vorbei, Starbuck, aber falls wir eine Chance bekommen, diese Bastarde aus unserem Land zu jagen, werden Sie uns dann helfen?»
Starbuck nickte zurückhaltend.
De’Ath blies Rauch durchs Zimmer. «Morgen steht in den Zeitungen, dass die Anklage gegen Sie fallengelassen wurde und Sie aus der Haft entlassen worden sind. Sie brauchen das gedruckt, damit Ihr Bruder Ihnen Ihre Geschichte glaubt.»
«Mein Bruder?» Starbuck verstand nicht.
«Denken Sie mal nach, Starbuck.» De’Ath ließ sich in einen Pförtnersessel sinken, der neben dem Kamin stand. Die tiefe, schalenartige Form des Sessels tauchte sein Gesicht in Schatten. «Da ist ein Spion, ein sehr fähiger Spion, der mit ihrem Bruder Kontakt hatte. Er hat durch Webster Informationen weiterleiten lassen, aber Websters Krankheit hat den Informationsfluss unterbrochen, und deshalb hat uns der Norden zwei Hohlköpfe namens Lewis und Scully geschickt, um den Austausch wiederherzustellen. Lewis und Scully sind jetzt in Haft, Webster ist zu Tode gemurkst, und der Norden muss sich fragen, wie in Gottes Namen er wieder mit seinem Mann in Verbindung treten kann. Dann, aus heiterem Himmel, tauchen Sie an ihrer Frontlinie auf und haben den Brief des Spions dabei. Beziehungsweise, Sie tauchen mit einem gefälschten Brief auf, den ich mir ausdenken werde. Sie werden Ihrem Bruder erzählen, dass Sie vom Süden enttäuscht sind, dass Sie Ihre Erfahrungen im Gefängnis von allen romantischen Vorstellungen befreit haben, aus denen heraus Sie die Rebellion unterstützen wollten. Sie werden ihm sagen, dass Sie in Richmond herumerzählt haben, wie sehr Sie der Süden enttäuscht hat, und dass deshalb ein Unbekannter bei Ihnen aufgetaucht ist und Ihnen einen Brief
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