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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Luft geschleudert hatte, wieder abgesunken war.
    «Sergeant!»
    «Graben Sie diese Granate aus!» Die Granate war nicht explodiert, was bedeutete, dass dort vermutlich ein voll funktionsfähiges Geschoss in dem weichen Sand des Bahndamms lag. Es gab in Truslows Nähe keine konföderierte Artilleriestellung, sonst hätte er den Kanonieren die geborgene Granate angeboten, damit sie zu ihrem Absender zurückgeschickt wurde, aber da nun einmal keine Kanoniere da waren, die sein Geschenk gewürdigt hätten, beschloss er, die Granate zur Landmine umzubauen.
    Die Legion befand sich auf dem südlichen Ufer des Chickahominy, dicht bei der Gerüstbrücke der Richmond and York Railroad. Die letzte Lokomotive der Konföderierten war vor drei Stunden über die Brücke gedampft und hatte sämtliche Waggons und Loks von dem Eisenbahndepot bei White House und den Abstellgleisen des Bahnhofs Tunstall hinter sich hergezogen. Dann hatte die Pioniereinheit Sprengladungen an der Brücke angebracht, die Lunten gezündet und beobachtet, wie nichts passiert war. Die Legion Faulconer, die Infanterieeinheit, die sich am dichtesten bei der Brücke befand, hatte den Befehl bekommen, die gegnerischen Voraustrupps aufzuhalten, während die Pioniere ermittelten, warum ihre Sprengsätze versagt hatten.
    Die Brücke war kein großes Werk der Ingenieurskunst. Weder musste sie in luftiger Höhe eine gähnende Schlucht überspannen noch die Gleisverbindung zwischen zwei gewaltigen Bergen herstellen; stattdessen bestand sie aus kaum mehr als einem niedrigen Gerüstdamm, der über die Marschen und den Fluss führte und dann noch eine Meile durch feuchtes Gelände, bis die Schienen auf dem anderen Ufer des Chickahominy wieder festen Untergrund hatten. Auf diesem festen Grund hatten die Yankees neben einem dichten Gewirr moosbärtiger Bäume zwei Feldgeschütze abgeprotzt, und nun donnerte das Artilleriefeuer des Nordens über die Marschenwiesen mit ihren stehenden Tümpeln, Krüppelbüschen und Röhrichtbüscheln. Ein paar Nordstaaten-Kavalleristen waren abgestiegen und arbeiteten sich auf dem Gelände vor, von dem aus sie mit ihrem Gewehrfeuer die Kanonade unterstützten, während eine weitere Gruppe unberittener Kavalleristen über die Gerüstbrücke vorrückte, um die Pioniere der Südstaaten zu vertreiben.
    «Sergeant Hutton!», rief Truslow. «Holen Sie Ihre Abteilung! Beeilung!»
    Carter Hutton rief seine Männer an den Bahndamm, wo sie Truslow in zwei Reihen antreten ließ. Ein paar Sekunden lang bildeten sie ein verlockendes Ziel für die Kanoniere, aber Truslow hatte auf den Takt der Kanonenschüsse geachtet und wusste, dass er eine halbe Minute hatte, während die gegnerischen Artilleristen nachluden. «Zielt auf die Bastarde! Genau an den Gleisen entlang! Visiere auf dreihundert Schritt.» Er sah zu den vorrückenden Kavalleristen hinüber, denen die Gefahr nicht bewusst war und die weiter über die Gleise herankamen, statt auf dem Marschland seitlich des Gerüstes zu gehen. «Feuer!», rief Truslow. «Und jetzt runter, runter von den Gleisen, schnell!»
    Fünf Sekunden später kreischte eine Granate genau über die Stelle, an der Truslow seine Doppelreihe postiert hatte, und explodierte in dem Wald hinter der Stellung der Legion, ohne Schaden anzurichten. Der Rauch von Truslows Salve verzog sich, sodass die Kavalleristen wieder sichtbar wurden, die sich in die vom Regen gefüllten Tümpel auf beiden Seiten der Brücke zerstreut hatten. «Sorgt dafür, dass sie die Köpfe unten halten!», rief Truslow, dann drehte er sich um, als Andrew Bailey mit der ausgegrabenen Granate im Arm zu ihm kam. Es war ein Zehn-Pfund-Geschoss, mit etwas unter drei Zoll Durchmesser und einem Zinkpfropfen auf der Spitze. Truslow legte die Granate auf eine Schienenverbindung und benutzte den Rücken seiner Jagdmesserklinge, um den Zündkopf zu lösen. Zwei Männer, die in der Nähe kauerten, rückten ängstlich weg und ernteten von Truslow einen verächtlichen Blick.
    Der Aufschlagzünder aus Zinn hatte die Röhre versiegelt, die ins Innere der Granate führte. In der Röhre befand sich ein beweglicher Stößel, auf dessen Spitze ein Zündhütchen aus Messing saß, das der Aufschlag der Granate nach vorn hätte schleudern sollen, damit es an der Unterseite des Pfropfens explodierte. Der bewegliche Stößel wurde von zwei dünnen, zerbrechlichen Metallvorsprüngen an Ort und Stelle gehalten, die den Zünder daran hindern sollten, nach vorn zu rutschen, wenn die Granate

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