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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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zog sein Schwert und vollführte mit der ziselierten Klinge einen Hieb, um eine Brennnessel zu köpfen. Die Kugeln der Rebellen zischten über ihnen vorbei und rissen gelegentlich Blätter ab, die dann in der warmen, milden Luft zerfetzt zu Boden segelten. Hier im Wald schienen die Kugeln zu pfeifen, und irgendwie nahm ihnen dieses seltsame Geräusch ihren Schrecken. Der Senator, der als Freiwilliger im Krieg gegen Mexiko gekämpft hatte, machte sich keine Sorgen, im Gegenteil, er war von dem Hochgefühl eines Mannes erfüllt, der die Gelegenheit kommen sieht, zu wahrer Bedeutung aufzusteigen. Das würde sein Tag werden! Er drehte sich um, als Colonel Milton Cogswell, der Kommandant des Tammany-Regiments, keuchend auf der Kuppe des Steilufers ankam. «‹Ein Stoß in Euer Signalhorn wiegt tausend Männer auf!›» Baker begrüßte den schwitzenden Colonel mit einem scherzhaften Zitat.
    «Ich nehme lieber die verdammten Männer, Sir, wenn Sie nichts dagegen haben», erwiderte Cogswell säuerlich und zuckte gleich darauf zusammen, als ein paar Kugeln durch das Laubwerk über seinem Kopf zischten. «Welche Absichten verfolgen wir, Sir?»
    «Welche Absichten, Milton? Unsere Absichten sind der Sieg, der Ruhm, das Ansehen, der Frieden, Vergebung, Versöhnung, Großmut, Wohlstand, Zufriedenheit und das sichere Versprechen, dass wir im Himmel entlohnt werden.»
    «Dürfte ich dann vorschlagen, Sir», sagte Cogswell in einem Versuch, den überschwänglichen Senator zu ernüchtern, «dass wir vorrücken und dieses Wäldchen dort besetzen?» Er deutete auf die Bäume jenseits der zertrampelten Wiese. Dass Baker das 20 th Massachusetts aus diesem Wald abgezogen hatte , war gleichbedeutend mit dem Abtreten des Waldes an die Rebellen, und schon hatten sich die ersten grauuniformierten Infanteristen im Unterholz eingenistet.
    «Diese Gauner sind kein Problem», sagte Baker geringschätzig. «Unsere Artillerie wird sie wegputzen. Wir sind nur einen Augenblick hier, nur so lange, bis wir uns gesammelt haben, und dann rücken wir vor. Auf zum Ruhm!»
    Eine Kugel peitschte so dicht über die beiden Männern hinweg, dass Cogswell vor ärgerlicher Verblüffung einen Fluch ausstieß. Sein Ärger galt nicht dem Umstand, dass der Schuss sie nur knapp verfehlt hatte, sondern der Feststellung, dass er von einem höhergelegenen Felskopf am östlichen Ende des Steilufers gekommen war. Der Felskopf war die höchste Erhebung des Steilufers und ragte über den Wald, in dem sich die Nordstaatentruppen sammelten. «Besetzen wir denn diese Anhöhe dort nicht?», fragte Cogswell entsetzt.
    «Nicht nötig! Nicht nötig», sagte Baker. «Wir rücken ohnehin bald vor! Auf zum Sieg!» Baker schlenderte davon, vollkommen unbekümmert in seinem Selbstbewusstsein. An der Innenseite seines Hutes, wo er früher vor seinen Gerichtsterminen die Rechtskommentare unters Schweißband gesteckt hatte, befanden sich nun die Befehle General Stones. «Colonel», lautete die hastig gekritzelte Order, «falls vor Harrison’s Island schweres Feuer eröffnet werden sollte, rücken Sie entweder mit dem kalifornischen Regiment Ihrer Brigade vor oder ziehen die Regimenter unter den Colonels Lee und Devens von der Virginia-Seite des Flusses zurück, nachdem Sie dort angekommen sind und das Kommando übernommen haben, ganz wie Sie es für richtig halten.» All das hatte nach Bakers Einschätzung kaum etwas zu bedeuten, außer dass nun er das Kommando führte, dass es ein sonniger Tag war, der Feind vor ihm lag und der Kriegsruhm in greifbare Nähe rückte. «‹Ein Stoß in Euer Signalhorn›», skandierte der Senator die Zeilen Sir Walter Scotts, während er zwischen den Nordstaatentruppen hindurchging, die sich dort unter den Bäumen sammelten, «‹wiegt tausend Männer auf!› Feuert zurück, Männer! Lasst die Gauner spüren, dass wir hier sind! Immer weiterfeuern, Jungs! Macht ihnen Feuer unterm Arsch! Sie sollen wissen, dass der Norden zum Kampf gekommen ist!»
    Lieutenant Wendell Holmes streifte seinen langen, grauen Uniformmantel ab, faltete ihn sorgsam zusammen und legte ihn unter einen Baum. Er zog seinen Revolver, prüfte den korrekten Sitz der Zündhütchen über den Zapfen, und dann feuerte er auf die fernen, schattenhaften Umrisse der Rebellen. Die klare Stimme des Senators echote immer noch durch den Wald, interpunktiert durch das Krachen und Husten von Holmes’ Revolver. «‹Heil dem Anführer›», deklamierte Holmes leise die Zeile aus demselben Gedicht wie

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