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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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holprige Weide anzugreifen, doch sobald sich die Männer am Saum des Waldes zeigten, überzogen die frustrierten Nordstaatler sie mit Feuer. Nun war es an den Rebellen, sich zurückzuziehen, wobei sie drei Tote und zwei Verwundete zurückließen. Auf der rechten Flanke der Massachusetts-Linie feuerte immer noch die Vierzehnpfünder-Kanone, aber die Kanoniere aus Rhode Island hatten ihren kleinen Vorrat an Granaten verbraucht und konnten nur noch mit massiven Eisenbolzen schießen. Die Granaten, die kurz nach dem Austritt aus dem Kanonenrohr explodierten und einen verheerenden Geschosshagel aus Musketenkugeln in die Reihen der Feinde jagten, eigneten sich bestens zum Töten auf kurze Distanz, die massiven Bolzen jedoch waren für genaue Zielschüsse auf weite Entfernung ausgelegt und brachten nichts, wenn man Infanterie aus einem Waldstück verjagen wollte. Die Bolzen, eine Art langgestreckte Kanonenkugeln, flogen kreischend über die Lichtung und verschwanden entweder in der Ferne oder ließen weiße, frische Holzkeile aus Baumstämmen splittern. Der Kanonenrauch quoll als übelriechende Wolke bis zu zwanzig Schritt vor die Mündung, wo er als dichter Vorhang hängenblieb und die rechte Flanke des 20 th Massachusetts verbarg. «Vorwärts, Harvard!», rief ein Offizier. Zumindest zwei Drittel der Offiziere aus dem Regiment waren aus Harvard gekommen, ebenso wie sechs seiner Sergeanten und Dutzende seiner einfachen Soldaten. «Vorwärts, Harvard!», rief der Offizier erneut, und er trat vor, um seinen Männern mit gutem Beispiel voranzugehen, aber da traf ihn eine Kugel unterm Kinn, und sein Kopf wurde heftig nach hinten gerissen. Blut sprühte um sein Gesicht, als er langsam zu Boden sackte.
    Wendell Holmes beobachtete mit trockenem Mund, wie der getroffene Offizier zuerst in die Knie ging und dann nach vorn kippte. Holmes rannte los, um dem Mann zu helfen, aber zwei andere Soldaten waren näher und zogen den Verletzten zurück zwischen die Bäume. Der Offizier war bewusstlos, sein blutüberströmter Kopf zuckte, dann stieß er ein scharfes, rasselndes Geräusch aus, und Blutblasen quollen aus seiner Kehle. «Er ist tot», sagte einer der Männer, die den Verletzten in die Deckung zurückgezogen hatten. Holmes starrte auf den toten Mann hinab und spürte, wie ihm der saure Magensaft im Hals aufstieg. Irgendwie gelang es ihm, den Brechreiz zu unterdrücken, während er sich abwandte und sich zwang, mit vorgetäuschter Unbekümmertheit zwischen den Männern seiner Kompanie umherzugehen. In Wahrheit hätte er sich am liebsten auf den Boden gekauert, aber er wusste, dass er seinen Männern gegenüber Furchtlosigkeit zeigen musste, und deshalb schritt er mit gezogenem Schwert zwischen ihnen auf und ab und unterstützte sie, soweit er konnte. «Jetzt niedrig zielen. Zielt sorgfältig! Verschwendet eure Munition nicht. Achtet darauf, wo sie sind!» Seine Männer bissen Patronen auf und bekamen von dem Schießpulver einen salzigen Geschmack im Mund. Ihre Gesichter waren geschwärzt vom Pulverrauch, ihre Augen rot gerändert. Holmes, der auf einem sonnenbeschienenen Fleckchen stehen geblieben war, hörte plötzlich Rebellenstimmen genau die gleichen Ratschläge rufen. «Niedrig zielen!», rief ein Offizier der Konföderierten. «Zielt auf die Offiziere!» Holmes beeilte sich weiterzugehen und widerstand der Versuchung, hinter den von Kugeln vernarbten Baumstämmen stehen zu bleiben.
    «Wendell!», rief Colonel Lee.
    Lieutenant Holmes drehte sich zu seinem Kommandooffizier um. «Sir!»
    «Erkunden Sie unsere rechte Seite, Wendell! Vielleicht können wir diese Gauner auf der Flanke umgehen.» Lee deutete auf den Wald jenseits der Feldkanone. «Finden Sie heraus, wie lang die Gefechtslinie der Rebellen ist. Schnell jetzt!»
    Holmes, der so die Genehmigung bekommen hatte, seine einstudierte Lässigkeit aufzugeben, rannte durch den Wald zur offenen rechten Flanke der Nordstaaten-Linie. Zu seiner Rechten, unterhalb von ihm und hinter den Bäumen, glitzerte frisch und kühl der Fluss, und der Anblick des Wassers wirkte seltsam tröstlich. Er kam an seinem grauen Uniformmantel vorbei, den er so säuberlich zusammengefaltet an den Fuß eines Ahorns gelegt hatte, rannte hinter der Linie der Männer aus Rhode Island entlang, die dabei waren, ihre Kanone zu bemannen, und dann weiter zur Flanke. Und dort, als er gerade aus dem Rauch gekommen war und sehen konnte, dass in dem Wald auf der anderen Seite tatsächlich keine Rebellen waren und

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