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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Großbritanniens die englische Flotte an die amerikanische Küste bringen würde, und im Dezember berichteten triumphierende Zeitungen aus Richmond, dass bataillonsweise Rotröcke in Kanada landeten, um die Garnisonsbesatzung zu verstärken, falls die Unionsstaaten beschließen sollten, lieber gegen Großbritannien zu kämpfen, als die beiden entführten Gesandten freizulassen.
    In den Blue Ridge Mountains fiel der Schnee. Er legte eine Decke über das Grab von Truslows Frau und schnitt die Straßen in den westlichen Teil Virginias ab, der Richmond getrotzt hatte, indem er sich vom Staat Virgina abgespalten und der Union angeschlossen hatte. Washington feierte diesen Treuebruch und erklärte ihn zum Anfang vom Ende der Konföderation. Noch mehr Truppen marschierten die Pennsylvania Avenue hinunter und bezogen die Ausbildungslager des besetzten Nordvirginias, wo der neue Napoleon ihre Fähigkeiten perfektionierte. Jeden Tag trafen auf dem Schienenweg neue Kanonen aus den Gießereien des Nordens ein und wurden in gewaltigen Reihen auf den Feldern nahe des Capitol Buildings abgestellt, das unter dem spinnenartigen Gerüst seiner unvollendeten Kuppel in der Wintersonne weiß erstrahlte. Ein einziger entschlossen geführter Vorstoß, so wurde in den Zeitungen des Nordens behauptet, und die Konföderation würde in sich zusammenbrechen wie ein toter, verrotteter Baum.
    In der Hauptstadt der Rebellen war man weit entfernt von solcher Zuversicht. Der Winter hatte nichts als schlechte Nachrichten und noch schlechteres Wetter gebracht. Es hatte früh zu schneien begonnen, es war bitterkalt, und die Schlinge der Yankees schien sich immer enger zuzuziehen. Die Aussicht auf den bald bevorstehenden Sieg des Nordens erfreute jedoch zumindest Adam Faulconer, der zwei Wochen vor Weihnachten von der Stadt hinunter zum gemauerten Kai bei Rocketts Landing ritt. Der Wind peitschte kurze, raue Wellen in den grauen Fluss und pfiff in der geteerten Takelage des Parlamentärsschiffes, das einmal wöchentlich von der Hauptstadt der Konföderation absegelte. Das Schiff fuhr den James River hinunter und unter den Kanonen des Rebellenforts auf Drewry’s Bluff vorbei durch die tiefliegenden, von Salzmarschen gesäumten Schleifen des James Rivers bis zu seinem Zusammenfluss mit dem Appomattox und von dort aus ostwärts in einer breiten, seichten Fahrrinne, bis das Schiff, siebzig Meilen von Richmond entfernt, auf die Hampton Roads traf und nordwärts zu den Kais bei Fort Monroe abbog. Das Fort lag zwar auf dem Gebiet Virginias, war aber schon vor Kriegsbeginn von Unionstruppen besetzt worden, und dort, unter seiner Parlamentärsflagge, entließ das Schiff gefangene Nordstaatler, die vom Norden gegen Rebellenhäftlinge ausgetauscht wurden.
    Der kalte Winterwind fuhr schneidend über Rocketts Landing, trieb feine Regenschwaden vor sich her und hüllte den Kai in den bitteren Gestank der Eisengießereien am Fluss, von denen schwefelhaltige Kohlerauchwolken aufstiegen. Der Regen und der Rauch ließen alles schmierig werden; die Kaimauern, die Metallpoller, die Landetaue des Schiffes, selbst die dünnen, schlechtsitzenden Uniformen der dreißig Männer, die neben dem Landungssteg warteten. Die wartenden Männer waren Nordstaatenoffiziere, die bei Manassas in Gefangenschaft geraten waren und die nun, nach beinahe fünfmonatiger Inhaftierung, gegen Rebellenoffiziere ausgetauscht wurden, die während des Feldzugs von General McClellan in jenem Gebiet gefangen worden waren, das sich nun als Staat Westvirginia bezeichnete. Die Gesichter der Gefangenen waren bleich nach ihrer Haft im Castle Lightning, einem Fabrikgebäude an der Cary Street neben den beiden großen Vorratstanks, in denen das Gas für die Straßenbeleuchtung der Stadt gelagert wurde. Die Kleidung der Gefangenen hing lose an ihren Körpern und zeigte ihren Gewichtsverlust während der Inhaftierung in der requirierten Fabrik.
    Zitternd warteten die Männer auf die Genehmigung, an Bord des Parlamentärsschiffes zu gehen. Die meisten hatten kleine Beutel dabei, die das Wenige enthielten, was sie an Besitz über ihre Haft hatten retten können: einen Kamm, ein paar Münzen, eine Bibel, ein paar Briefe von zu Hause. Sie froren, doch der Gedanke an ihre baldige Freilassung heiterte sie auf, und sie scherzten miteinander über ihren Empfang in Fort Monroe und erfanden immer üppigere Mahlzeiten, die man ihnen in den Offiziersquartieren servieren würde. Sie träumten von Hummer und Beefsteak, von

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