Starbuck. Der Verräter (German Edition)
meines Landes das Schwert zu schwingen», sagte Faulconer bescheiden, obwohl sein Arm in Wahrheit längst vollständig verheilt war und er die Schlinge nur trug, um einen heldenhaften Eindruck hervorzurufen. Die schwarze Schlinge beeindruckte vor allem Frauen, eine Wirkung, die noch angenehmer dadurch wurde, dass sich Faulconers Frau nicht in Richmond aufhielt, denn sie führte auf dem Landsitz der Familie das Leben einer von nervösen Leiden geplagten Invaliden. «Und ich gehe davon aus, dass mein Schwert bald eingesetzt wird», fügte Faulconer hinzu. Dieser Wink mit dem Zaunpfahl sollte den Präsidenten dazu bewegen, Faulconers Berufung zum Brigadier zu unterstützen.
«Ich denke, wir alle werden bald vollkommen von unseren unterschiedlichen Pflichten in Anspruch genommen werden», antwortete der leichenblasse Präsident vage. Er wünschte sich seine Frau herbei, damit sie ihm im Umgang mit diesen eifrigen Leuten half, die mehr Leidenschaftlichkeit von ihm verlangten, als er zu geben hatte. Varina war so begabt im Plaudern, der Präsident dagegen hatte das Gefühl, ihm würden bei gesellschaftlichen Ereignissen die Worte im Mund vertrocknen. Wurde Lincoln genauso von Postenjägern bedrängt?, fragte sich Davis. Oder besaß sein Präsidentenkollege einen leichteren Umgang mit zudringlichen Fremden? Da tauchte neben Faulconer ein bekanntes Gesicht auf, ein Mann, der dem Präsidenten lächelnd zunickte und erwartete, begrüßt zu werden. Davis überlegte, wie der Mann hieß, und glücklicherweise fiel es ihm im letzten Augenblick noch ein. «Mr. Delaney», sagte der Präsident nicht gerade begeistert zu dem Neuankömmling. Belvedere Delaney war ein Anwalt und ein Klatschmaul, das sich Davis nicht erinnerte zu diesem Empfang eingeladen zu haben, aber Delaney war trotzdem gekommen, und das war typisch für ihn.
«Mr. President.» Delaney neigte den Kopf in Anerkennung von Davis’ hohem Amt. Der Richmonder Anwalt war eine kleine, gedrungene, immerzu lächelnde Erscheinung, deren nichtssagendes Äußeres einen Verstand verbarg, der so scharf war wie der Zahn einer Giftschlange. «Erlauben Sie mir, Ihnen meinen tiefempfundenen Glückwunsch zu Ihrer Amtseinführung auszusprechen.»
«Ein ernstes Ereignis, Delaney, dem schwere Pflichten folgen werden.»
«Ganz wie es das Wetter anzukündigen scheint, Mr. President», sagte Delaney, der an dem verregneten Tag offenkundig ein infames Vergnügen hatte. «Und jetzt, Sir, wenn Sie gestatten, erbitte ich mir Colonel Faulconers Aufmerksamkeit. Sie können die Gesellschaft unserer Helden der Konföderation nicht den ganzen Tag allein für sich in Anspruch nehmen, Sir.»
Davis nickte erleichtert und erteilte damit seine Zustimmung, dass Delaney sich mit Faulconer entfernte, doch das gab sogleich einem dicklichen Kongressabgeordneten die Gelegenheit, seinem Landsmann aus Mississippi lebhaft zur Amtseinführung als erstem Präsidenten der Konföderation zu gratulieren.
«Es ist eine schwere Pflicht und eine ernste Verantwortung», murmelte der Präsident.
Der Kongressabgeordnete aus Mississippi schlug Jefferson Davis kräftig auf die Schulter. «Vergessen Sie die schwere Pflicht, Jeff», brüllte er dem Präsidenten ins Ohr. «Schicken Sie einfach unsere Jungs rauf in den Norden, damit sie dem alten Abe Lincoln die Eier abschneiden.»
«Die strategischen Entscheidungen überlasse ich den Generälen.» Der Präsident versuchte sich von dem Kongressabgeordneten abzuwenden, um die friedlicheren Glückwünsche eines Vertreters der Episkopalkirche entgegenzunehmen.
«Zum Teufel, Jeff, Sie verstehen genauso viel vom Krieg wie jeder von unseren famosen Jungs in der Truppe.» Der Kongressabgeordnete räusperte sich und spie einen Strahl Tabaksaft in Richtung eines Spucknapfs. Doch die braune Flüssigkeit verfehlte ihr Ziel und befleckte stattdessen den regennassen Reifrock der Ehefrau des Geistlichen. «Wird Zeit, dass wir mit diesen feigen Yankees ein für alle Mal aufräumen», verkündete der Kongressabgeordnete gut gelaunt, dann bot er dem neuen Präsidenten einen Zug aus seinem Flachmann an. «Der beste Whiskey diesseits des Tennessee River, Jeff. Ein Schluck, und Sie sind von allen Leiden kuriert!»
«Sie möchten mich sprechen, Delaney?» Faulconer ärgerte sich darüber, dass ihn der kleine, durchtriebene Anwalt aus der Gesellschaft des Präsidenten weggebracht hatte.
«Nicht ich will Sie sprechen, Faulconer, sondern Daniels, und wenn Daniels ruft, tut man gut
Weitere Kostenlose Bücher