Starbuck. Der Verräter (German Edition)
den Rappahannock zurückzuziehen. Er behauptet, wir könnten uns dort besser verteidigen als in Centreville. Die Entscheidung ist noch nicht offiziell bekannt gegeben worden, angeblich ist sie geheim, und das heißt, dass Johnston davon weiß, Davis davon weiß, Sie und ich davon wissen, und die Hälfte der verfluchten Yankees vermutlich genauso. Und können Sie sich denken, was Davis in dieser Sache unternehmen will, Faulconer?»
«Ich gehe davon aus, dass er der Entscheidung widersprechen wird», sagte Faulconer.
«Widersprechen?», rief Daniels spöttisch. «Jeff Davis weiß doch nicht mal, was dieses Wort überhaupt bedeutet. Er hört nur auf Granny Lee. Vorsicht! Vorsicht! Vorsicht! Statt zu kämpfen, Faulconer, schlägt Davis vor, dass wir morgen in einer Woche alle einen Gebets- und Fastentag einlegen. Können Sie sich das vorstellen? Wir sollen hungern, damit der Allmächtige unsere Misere zur Kenntnis nimmt. Nun, Jeff Davis kann seinen Gürtel von mir aus enger schnallen, aber ich will verdammt sein, wenn ich das tue. Ich werde an diesem Tag ein Festmahl geben. Kommen Sie auch, Delaney?»
«Mit dem größten Vergnügen, John», sagte Delaney und wandte seinen Blick zum Ende der Veranda, wo eine Tür geöffnet wurde. Ein kleiner Junge, vielleicht vier oder fünf Jahre alt, kam mit einem Reifen auf die Veranda heraus. Der Junge lächelte die fremden Männer an.
«Die Kinderfrau hat gesagt, ich kann hier spielen», erklärte der Junge, den Washington Faulconer für den ältesten Sohn des Präsidenten hielt.
Daniels blitzte das Kind böse an. «Soll ich dir eins mit der Peitsche überziehen, Junge? Wenn nicht, dann verschwinde hier, und zwar ein bisschen plötzlich!»
Der Junge flüchtete weinend, während sich der Herausgeber wieder zu Faulconer umdrehte. «Und nicht nur, dass wir uns aus Centreville zurückziehen, Faulconer. Weil wir nicht genügend Zeit haben, die Lagerbestände der Armee von dem Kopfbahnhof in Manassas zurückzuholen, verbrennen wir sie! Ist das noch zu fassen? Wir verbringen Monate damit, die Lager der Armee mit Proviant und Munition zu füllen, und beim ersten Anzeichen des Frühlings beschließen wir, jeden Fetzen Material zu verbrennen und dann wie ängstliche Weiber hinter den nächsten Fluss zu fliehen. Was wir brauchen, Faulconer, sind Generäle mit Schneid. Generäle mit Charakter. Generäle, die keine Angst vorm Kampf haben. Lesen Sie das.» Er zog ein gefaltetes Papier aus seiner Westentasche und warf es Faulconer hin. Der Colonel musste sich zu den Schilfmatten der Veranda hinunterbücken, um das gefaltete Papier aufzuheben, das sich als die Druckfahne eines geplanten Leitartikels im Richmonder
Examiner
herausstellte.
Der Leitartikel war pures Balsam für Faulconers Seele. Er erklärte, die Zeit zum Handeln sei gekommen. Der Frühling werde sicher einen gegnerischen Vorstoß von ungekannter Stärke bringen, und die Konföderation könne nur überleben, wenn sie sich diesem Vorstoß tapfer und mit neuen Ideen entgegenstelle. Der Süden werde niemals siegen, wenn er Angst zeigte, und ganz bestimmt auch nicht, indem er Gräben aushob, wie jene, die General Robert Lee anscheinend rund um Richmond anlegen lassen wollte. Die Konföderation, so verkündete der Leitartikel, werde nur unter draufgängerischen und weitblickenden Männern Bestand haben, nicht durch die Anstrengungen von Drainage-Experten. Der Autor räumte widerwillig ein, dass die derzeitigen Anführer der Konföderation alle gutwillige Männer waren, die jedoch in ihren engstirnigen Ideen gefangen seien, und dass nun die Zeit gekommen wäre, um neue Offiziere in hohe Ränge einzusetzen. Ein solcher Mann sei Colonel Washington Faulconer, der seit Manassas keinen Armeeposten habe. Wenn ein solcher Mann auf den Norden losgelassen würde, schloss der Artikel, wäre der Krieg im Sommer vorbei. Faulconer las den Text ein zweites Mal und überlegte, ob er noch am Nachmittag zu Shaffers gehen und die Extra-Litze für die Ärmel und die vergoldeten Schnüre bestellen sollte, die um die Sterne auf seinem Kragenaufschlag genäht würden. Brigadegeneral Faulconer! Dieser Rang, so fand er, stünde ihm gut.
Daniels nahm den Leitartikel wieder an sich. «Die Frage ist, Faulconer, ob wir das veröffentlichen sollen.»
«Das ist Ihre Entscheidung, Daniels, nicht meine», sagte Faulconer bescheiden und versteckte seine Begeisterung, indem er hinter vorgehaltenen Händen eine Zigarre vor dem Wind schützte und ein Streichholz
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