Starbuck. Der Verräter (German Edition)
freigelassenen Gefangenen zu jubeln. Die Seitenräder fingen an, sich zu drehen, und ihre großen Schaufelblätter ließen das ölige Wasser weiß aufschäumen. Die Bewegung der Schaufelräder brachte die Gefangenen erneut zum Jubeln, alle außer James, der schweigend und für sich allein auf dem Schiff stand. Eine schmutzige Rauchwolke zog aus dem hohen Schornstein des Schiffes und wurde über den Fluss getrieben.
Adam sah zu, als das Schiff an der Marinewerft vorbeiglitt und unterstützt von der kalten, windgepeitschten Flussströmung mehr Fahrt aufnahm. Er winkte James ein letztes Mal zu, dann betrachtete er die Taschenbibel und stellte fest, dass die Seitenränder mit Kommentaren übersät waren. Es war die Bibel eines Mannes, der mit Gottes Willen rang, die Bibel eines guten Mannes. Adam schlug sie zu und hielt das Buch ganz fest, als könne er aus der Kraft von Gottes Wort eigene Stärke beziehen, und dann drehte er sich um und hinkte zurück zu seinem angebundenen Pferd. Der Wind blies frisch und böig, doch Adam spürte eine unendliche Ruhe in sich, weil er das Richtige getan hatte. Er hatte den Weg des Friedens gewählt, und damit würde er seinem Land nichts als Segen bringen; sie würden wieder ein Land werden, der Norden und der Süden, vereint in Gottes Bestimmung.
Adam ritt in die Stadt. Hinter ihm fuhr das Parlamentärsschiff spritzend und dampfend um die Flussbiegung und nach Süden, an Bord seine Ladung von Verrat und Frieden.
Zweiter Teil
Vier
D ie offizielle Amtseinführung von Jefferson Davis als Präsident der Konföderierten Staaten von Amerika wurde auf den Geburtstag George Washingtons gelegt. Davis war schon einmal inauguriert worden, in Montgomery, Alabama, aber diese Zeremonie hatte ihn nur zum Präsidenten einer provisorischen Regierung gemacht. Nun aber, geadelt durch die Wahl und ordentlich installiert in der neuen Hauptstadt der Konföderation, würde er ein zweites Mal ins Amt eingeführt werden. Die Wahl von Washingtons Geburtstag als Datum für diese zweite Zeremonie sollte dem Ereignis Symbolkraft und Würde verleihen, doch der verheißungsvolle Tag brachte nichts als elende, unaufhörliche Regenfälle, sodass die große Menschenmenge, die sich auf dem Capitol Square von Richmond drängte, Zuflucht unter einer Unmenge Schirme suchte, die so dicht an dicht gehalten wurden, dass es aussah, als würden die Redner ihre Worte an ein glitzerndes, schwarzes Buckelfeld richten. Das Trommeln der Regentropfen auf Kutschendächern und straff aufgespannten Schirmen war so laut, dass außer denjenigen, die auf dem Podium saßen, niemand irgendetwas von den Ansprachen und Gebeten und nicht einmal von dem feierlichen Amtseid des Präsidenten verstand. Nachdem er den Eid gesprochen hatte, erbat Präsident Davis Gottes Hilfe für die Sache des Südens, während die Würdenträger, die ihn umgaben, sein Gebet mit Niesen und Husten begleiteten. Graue Februarwolken zogen niedrig über die Stadt und verdüsterten alles bis auf die neue Kriegsflagge der konföderierten Armee. Die Flagge, die hinter dem Podium an Stangen und von jedem Dach in Sichtweite des Capitol Squares hing, war ein schönes rotes Banner, das von einem blauen Andreaskreuz durchzogen wurde. Darauf waren dreizehn weiße Sterne gestickt, um die elf Rebellenstaaten zu repräsentieren, sowie auch Kansas und Missouri, deren Loyalität beide Seiten für sich reklamierten. Südstaatlern, die nach Omen suchten, gefiel es, dass dreizehn Staaten dieses neue Land bildeten, weil es auch dreizehn gewesen waren, die vor achtundsechzig Jahren ein anderes Land gebildet hatten. Einige in der Menge sahen in der Dreizehn dagegen eine Unglückszahl, genau wie sie in dem unaufhörlichen Regen ein böses Omen für den neu installierten Präsidenten sahen.
Nach der Zeremonie hastete eine Prozession tropfnasser Honoratioren durch die Twelfth Street, um an dem Empfang im Brockenborough House in der Clay Street teilzunehmen, das von der Regierung als Präsidentensitz gemietet worden war. Das Haus war bald mit tropfenden Menschen überfüllt, die nasse Mäntel über die Zwillingsstatuen der Komödie und der Tragödie in der großen Eingangshalle drapierten und sich dann von einem Raum in den anderen schoben, um den Möbel- und Bildergeschmack des neuen Präsidenten zu loben oder zu kritisieren. Die Sklaven des Präsidenten hatten zum Schutz Abdeckungen über die wertvollen Teppiche in den Empfangsräumen gelegt, aber die Besucher wollten die Muster sehen
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