Starbuck. Der Verräter (German Edition)
anstrich. Er überlegte, ob die Veröffentlichung zu viele höherrangige Offiziere beleidigen würde, dann aber wurde ihm klar, dass er es nicht wagte, vor Daniels so ängstliche Bedenken zu äußern, denn dann würde der Leitartikel geändert und ein anderer Mann als Brigadier vorgeschlagen werden.
«Aber sind Sie unser Mann?», knurrte Daniels.
«Wenn Sie meinen, ob ich angreifen und wieder angreifen und noch einmal angreifen würde? Ja. Wenn Sie meinen, ob ich Manassas aufgeben würde? Nein. Wenn Sie meinen, ob ich gute Männer dazu anstellen würde, Entwässerungsgräben rund um Richmond anzulegen? Niemals!»
Daniels schwieg nach Faulconers vollmundiger Erklärung. Tatsächlich schwieg er so lange, dass sich Washington Faulconer wie ein Narr zu fühlen begann. Dann aber ergriff der kleine Herausgeber mit dem schwarzen Bart wieder das Wort. «Wissen Sie, wie groß McClellans Armee ist?» Er stellte diese Frage, ohne Faulconer anzusehen.
«Nicht genau, nein.»
«Wir wissen es, aber wir drucken die Zahl nicht in der Zeitung, damit würden wir die Leute nämlich bloß in die Verzweiflung treiben.» Daniels ließ wieder die Peitsche schnalzen, und seine knarrende Stimme war gerade laut genug, um sich über den unaufhörlichen strömenden Regen zu erheben. «Der neue Napoleon, Faulconer, hat über hundertfünfzigtausend Mann. Er hat fünfzehntausend Pferde und mehr als zweihundertfünfzig Kanonen. Große Kanonen, Faulconer, mörderische Kanonen, die besten Kanonen, die in den Eisengießereien des Nordens produziert werden können, und sie stehen Rad an Rad aufgereiht, um unsere armen Südstaatenjungs zu zerfetzen. Und wie viele arme Südstaatenjungs haben wir? Siebzigtausend? Achtzigtausend? Und wann läuft ihre Dienstzeit in der Armee aus? Im Juni? Im Juli?» Die meisten Soldaten der Südstaaten waren Freiwillige, die sich für ein Jahr gemeldet hatten, und wenn dieses Jahr vorbei war, erwarteten die Überlebenden, nach Hause zurückkehren zu können. «Wir müssen die Wehrpflicht durchsetzen, Faulconer», fuhr Daniels fort, «bis wir im Frühling dieses angebliche Genie McClellan geschlagen haben.»
«Dieses Land wird die Wehrpflicht niemals akzeptieren», sagte Faulconer ernst.
«Dieses Land, Colonel, wird verdammt noch mal alles akzeptieren, was uns den Sieg bringt», sagte Daniels schroff, «aber werden Sie diese wehrpflichtigen Männer anführen, Faulconer? Das ist nun die eigentliche Frage. Sind Sie mein Mann? Soll der
Examiner
Sie unterstützen? Immerhin sind Sie nicht gerade der erfahrenste Soldat, oder?»
«Ich kann neue Ideen einbringen», gab Faulconer bescheiden zu bedenken. «Frisches Blut.»
«Aber ein neuer und unerfahrener Brigadier braucht einen guten und erfahrenen Stellvertreter. So ist es doch, nicht wahr, Colonel?» Daniels sah mit boshaftem Blick zu Faulconer auf.
Faulconer lächelte freudig. «Ich würde meinen, dass mein Sohn Adam mit mir in den Dienst geht. Er ist zurzeit in Johnstons Stab, also hat er Erfahrung, und es gibt keinen fähigeren und ehrenhafteren Mann in ganz Virginia.» Faulconers plötzliche Aufrichtigkeit und Herzlichkeit war mit Händen zu greifen. Er war seinem Sohn unendlich zugetan, nicht nur mit der Liebe eines Vaters, sondern auch aus befriedigtem Stolz auf die unbestrittenen Tugenden Adams. Wahrhaftig, zuweilen erschien es Faulconer, als sei Adam sein einziger unanfechtbarer Erfolg, der Triumph, der sein ganzes übriges Leben rechtfertigte. Nun wandte er sich lächelnd an den Anwalt. «Sie können doch für Adams Charakter bürgen, oder, Delaney?»
Doch Belvedere Delaney schwieg. Er starrte einfach hinaus in den durchweichten Garten.
Daniels atmete mit hörbarer Skepsis ein, dann schüttelte er bedenklich seinen hässlichen Kopf. «Das gefällt mir nicht Faulconer. Das gefällt mir kein verdammtes bisschen. Riecht für mich nach Vorteilsnahme. Nach Nepotismus! Das ist doch das richtige Wort, oder Delaney?»
«Nepotismus ist genau das richtige Wort, Daniels», bestätigte Delaney, ohne Faulconer anzusehen, dessen Gesicht wirkte wie das eines kleinen Jungen, der eine schallende Ohrfeige erhalten hat.
«Der
Examiner
könnte sich niemals für Nepotismus hergeben, Faulconer», sagte Daniels, dann hob er in einer knappen Geste die Hand zu Delaney, der daraufhin die mittlere Tür der Veranda öffnete, um eine magere und struppige Erscheinung herauszubitten, die in eine regennasse, fadenscheinige Uniform gekleidet war, sodass der Neuankömmling draußen sogleich
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