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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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vor Kälte zitterte. Der Mann war mittleren Alters und machte den Eindruck, als hätte ihm das Leben übel mitgespielt. Er trug einen ungepflegten schwarzen Bart mit ersten grauen Haaren, seine Augen lagen tief in den Höhlen, und ein Tic ließ seine vernarbte Wange zucken. Er litt sichtlich unter einer Erkältung, denn er fuhr sich mit der Manschette unter der triefenden Nase entlang und wischte den Ärmel dann an seinem struppigen Bart ab, in dem getrockneter Tabaksaft klebte. «Johnny!», begrüßte die unansehnliche Erscheinung Daniels vertraut.
    «Faulconer?» Daniels sah zu dem Colonel auf. «Das ist Major Griffin Swynyard.»
    Swynyard nickte Faulconer kurz zu und streckte die linke Hand aus, an der, wie Faulconer sah, die mittleren drei Finger fehlten. Die beiden Männer schüttelten sich ungeschickt die Hände. Das Zucken in Swynyards rechter Wange verlieh ihm einen merkwürdig empörten Gesichtsausdruck.
    «Swynyard», sagte Daniels zu Faulconer, «hat in der alten U.S. Army gedient. Er hat seinen Abschluss an der Militärakademie von West Point gemacht. Wann war das noch?»
    «Abschlussjahrgang neunundzwanzig, Johnny.» Swynyard ließ die Hacken knallen.
    «Dann hat er im mexikanischen Krieg und in den Seminolenkriegen gekämpft, stimmt’s?»
    «Hab mehr Skalps genommen als jeder andere weiße Mann, Colonel», sagte Swynyard, grinste Faulconer an und zeigte dabei seine verfaulten, gelben Zähne. «An einem Tag habe ich es bis auf achtunddreißig gebracht!», prahlte Swynyard. «Und alle mit meinen eigenen Händen, Colonel. Von Squaws, kleinen Hosenscheißern und Kriegern! Meine Arme waren bis zu den Ellbogen rot! Das Blut ist bis zu meinen Achseln gespritzt! Hatten Sie je das Vergnügen, einen Skalp zu nehmen, Colonel?», fragte Swynyard mit leidenschaftlicher Eindringlichkeit.
    «Nein», brachte Faulconer heraus. «Nein, hatte ich nicht.» Er erholte sich langsam davon, dass Daniels die Berufung Adams abgelehnt hatte, und begriff, dass seine Beförderung einen Preis haben würde.
    «Es gibt einen Dreh dabei», fuhr Swynyard fort. «Wie bei jeder anderen Kunst gibt es einen Dreh dabei! Junge Soldaten versuchen immer, sie abzuschneiden, aber das klappt natürlich nicht. Am Schluss stehen sie mit etwas da, das aussieht wie eine tote Maus.» Swynyard hielt das offenkundig für amüsant, denn er öffnete seinen zahnlückigen Mund und lachte Faulconer mit einem kehligen Pfeifen an. «Abschneiden geht bei einem Skalp nicht, Colonel. Nein, man muss den Skalp abschälen, wie die Schale von einer Orange!» Er redete liebevoll und führte die Bewegung mit seiner verstümmelten, klauenartigen Hand vor. «Wenn Sie je nach Tidewater kommen, zeige ich Ihnen meine Sammlung. Ich habe drei Überseekoffer voll mit erstklassigen Skalps, und alle sind geräuchert und gegerbt, wie es sich gehört.» Offenbar hatte Swynyard das Gefühl, auf Faulconer einen guten Eindruck gemacht zu haben, denn er lächelte liebenswürdig, während der Tic seine rechte Wange zittern ließ. «Möchten Sie vielleicht jetzt einen Skalp sehen, Colonel?», fragte Swynyard plötzlich und tastete nach dem Knopf seiner obersten Rocktasche. «Ich hab immer einen dabei. Als Glücksbringer, verstehen Sie? Der hier ist von einer Seminolen-Squaw. Das Luder hat vielleicht einen Lärm veranstaltet. Die Wilden können so richtig kreischen, das sage ich Ihnen, die können unglaublich kreischen!»
    «Nein, danke», presste Faulconer heraus, um zu verhindern, dass die Trophäe aus der Tasche gezogen wurde. «Sie stammen also aus Virginia, Major?», fragte er, um das Thema zu wechseln, und verbarg seinen Widerwillen gegen den jämmerlich aussehenden Swynyard. «Aus Tidewater, sagen Sie?»
    «Von den Swynyards aus Charles City Court House», gab Swynyard mit sichtlichem Stolz zurück. «Dieser Name war früher einmal berühmt! Stimmt doch, Johnny, oder?»
    «Swynyards and Sons», sagte der Herausgeber und starrte in den Regen, «die Sklavenhändler der Grundstücksbarone Virginias.»
    «Aber mein Dad hat das Geschäft verspielt, Colonel», gestand Swynyard. «Es gab Zeiten, da war der Name Swynyard gleichbedeutend mit Niggerhandel, aber Dad hat das Geschäft durch die Sünde der Spielsucht verloren. Seitdem sind wir arme Leute!» Er sagte es mit Stolz, aber die Prahlerei deutete Washington Faulconer an, welches Angebot genau ihm hier gemacht wurde.
    Der Herausgeber zog an seiner Zigarre. «Swynyard ist ein Cousin von mir, Faulconer. Er gehört zu meiner

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