Starbuck. Der Verräter (German Edition)
der mit Goldfarbe angestrichenen Pfeiler, die Ducquesnes Eingang einrahmten. Da rief ihm jemand einen freudigen Gruß zu.
«Nate!» Der Gruß kam von der anderen Straßenseite, und eine Sekunde lang sah Starbuck nicht, wer gerufen hatte, weil ein Fuhrwerk mit einer Ladung Balken vorbeirollte, und danach ratterte noch eine elegante Kutsche mit lackierten Radspeichen und fransenbesetzter Polsterung vorüber, aber dann sah Starbuck, dass es Adam war, der nun mit ausgestreckter Hand durch den Verkehr auf ihn zukam. «Nate! Es tut mir leid, ich hätte schreiben sollen. Wie geht es dir?»
Starbuck war von seinem Freund bitter enttäuscht gewesen, aber jetzt lag so viel Zuneigung und Zerknirschtheit in Adams Stimme, dass sich die Bitterkeit sofort auflöste. «Mir geht es gut», sagte er lahm. «Und dir?»
«Viel zu tun, schrecklich viel zu tun. Ich verbringe die Hälfte meiner Zeit hier und die andere Hälfte im Hauptquartier. Ich bin der Verbindungsmann zur Regierung, und das ist nicht gerade einfach. Johnston mag den Präsidenten nicht übermäßig, und Davis ist nicht der größte Bewunderer des Generals, also kriege ich den Ärger von beiden Seiten ab.»
«Wogegen ich nur den Ärger deines Vaters abkriege», sagte Starbuck, in dem nun doch wieder die Verbitterung aufstieg.
Adam runzelte die Stirn. «Es tut mir leid, Nate, ehrlich.» Er hielt inne, offenkundig verlegen, dann schüttelte er den Kopf. «Ich kann dir nicht helfen, Nate. Ich wünschte, ich könnte es, aber Vater ist gegen dich und würde nicht auf mich hören.»
«Hast du ihn denn gefragt?», erkundigte sich Starbuck.
Adam zögerte, dann siegte seine angeborene Ehrlichkeit über die Versuchung, Ausflüchte zu machen. «Nein, habe ich nicht. Ich habe ihn seit einem Monat nicht gesehen, und ich weiß, dass es nichts nützen würde, ihm zu schreiben. Vielleicht ist er ja nachgiebiger, wenn ich ihn direkt frage. Im Gespräch. Kannst du so lange warten?»
Starbuck zuckte mit den Schultern. «Ich warte», sagte er und wusste, dass er in dieser Angelegenheit schließlich kaum eine andere Wahl hatte. Wenn Adam seinen Vater nicht umstimmen konnte, dann konnte es niemand. «Du siehst gut aus», sagte er zu Adam, um das Thema zu wechseln. Das letzte Mal hatte Starbuck seinen Freund bei Ball’s Bluff gesehen, als er nach dem Grauen der Schlacht von Albträumen heimgesucht worden war, doch jetzt hatte er sein gutes Aussehen und seine Lebhaftigkeit wiedergewonnen. Seine Uniform war sauber, seine Säbelscheide blitzte in der Sonne, und seine Stiefel mit den Sporen glänzten.
«Mir geht es auch gut», sagte Adam sehr nachdrücklich. «Ich bin mit Julia hier.»
«Der Verlobten?», fragte Starbuck neckend.
«Meiner inoffiziellen Verlobten», korrigierte ihn Adam. «Ich wünschte, es wäre offiziell.» Er lächelte schüchtern. «Aber wir stimmen alle darin überein, dass es besser ist zu warten, bis die Kampfhandlungen beendet sind. Der Krieg ist keine Zeit zum Heiraten.» Er deutete über die Straße. «Kommst du mit, um sie kennenzulernen? Sie ist mit ihrer Mutter bei Sewell’s.»
«Sewell’s?» Starbuck hatte geglaubt, sämtliche Bekleidungsgeschäfte und Modisten in Richmond zu kennen, aber von Sewell’s hatte er noch nie gehört.
«Der Bibelladen, Nate!», rügte Adam seinen Freund, dann erklärte er, dass Julias Mutter, Mrs. Gordon, eine Bibelgruppe für freie Schwarze eröffnet hatte, die nach Richmond gekommen waren, um in der Kriegswirtschaft Arbeit zu suchen. «Sie suchen nach ganz einfachen Ausgaben», erklärte Adam, «vielleicht eine Kinderfassung des Lukasevangeliums. Was mich daran erinnert, dass ich eine Bibel für dich habe.»
«Eine Bibel?»
«Dein Bruder hat sie für dich hiergelassen. Ich wollte sie dir schon seit Monaten schicken. Jetzt komm und lerne Mrs. Gordon und Julia kennen.»
Starbuck zögerte. «Ich bin mit einer Bekannten hier», erklärte er und deutete zu Ducquesnes Schaufenster mit seinem kunstvollen Arrangement aus Lotionen und Schildpattkämmen und bändergeschmückten Perücken, und noch während er auf das Fenster deutete, öffnete sich die Tür und Sally kam heraus. Sie hakte sich bei Starbuck ein und schenkte Adam ein süßes Lächeln. Sie kannte Adam aus Faulconer County, aber es war offensichtlich, dass Adam sie nicht erkannte. Als er sie das letzte Mal gesehen hatte, war sie ein ungekämmtes Mädchen in einem einfachen, ausgewaschenen Baumwollkleid gewesen, hatte Wasser geschleppt und auf dem kleinen
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