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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Messe trieb. «Dennoch erfreut es mich, Sie die Rechte unseres Staates verteidigen zu sehen, Mr. Starbuck. Unsere Sache ist edel und gerecht. Und Sie, Miss Royall» – sie wandte sich an Sally –, «sind Sie aus Richmond?»
    «Aus Greenbrier County, Ma’am», log Sally, die einen County im fernen Westen des Staates genannt hatte. «Mein Vater wollte mich wegen all der Kämpfe nicht dort lassen, also hat er mich hierher zu einer Verwandten geschickt.» Sie tat ihr Bestes, um ihre derbe, provinzielle Aussprache zu glätten, aber ein Anklang davon war immer noch zu hören. «Eine Tante», erklärte sie, «in der Franklin Street.»
    «Kennen wir sie vielleicht?» Mrs. Gordon taxierte die Qualität von Sallys Kleid, ihrem kostspieligen Sonnenschirm und ihrem zarten Spitzenkragen, die einen starken Kontrast zu der ausgebesserten, einfachen Kleidung bildeten, die Mutter und Tochter trugen. Mrs. Gordon musste zudem bemerkt haben, dass Sallys Wangen gepudert und mit Rouge geschminkt waren, eine Aufmachung, wie sie in Mrs. Gordons Haus niemals gestattet worden wäre, doch Sallys Jugend hatte etwas so Unschuldiges an sich, dass es Mrs. Gordons Missbilligung möglicherweise etwas dämpfte.
    «Sie ist sehr krank.» Sally versuchte, weitere Fragen nach ihrer erfundenen Tante abzuwenden.
    «Dann würde sie sich doch bestimmt über einen Besuch freuen.» Mrs. Gordon reagierte auf die Erwähnung eines Krankenbettes wie ein kraftstrotzendes Schlachtross auf das Trompetensignal zum Angriff. «Und wo geht Ihre Tante zum Gottesdienst, Miss Royall?»
    Starbuck spürte, dass Sally die Ideen ausgegangen waren. «Ich wurde Miss Royal bei der Baptistengemeinde in der Grace Street vorgestellt», sagte er und benannte damit irgendeine der weniger bekannten Gemeinden in der Stadt. Starbuck war sich bewusst, welch ernsten Blick Julia auf ihm ruhen ließ, und ebenso bewusst war er sich, dass er versuchte, einen guten Eindruck bei ihr zu machen.
    «Dann bin ich überzeugt, dass wir Ihre Tante kennen müssen», drang Mrs. Gordon weiter in Sally. «Ich glaube, Gordon und ich kennen sämtliche evangelikalen Familien in Richmond, nicht wahr, Julia?»
    «Da bin ich ganz sicher, Mutter», sagte Julia.
    «Und wie heißt Ihre Tante, Miss Royal?» Mrs. Gordon bestand auf einer Antwort.
    «Miss Ginny Richardson, Ma’am», sagte Sally und benutzte damit den Namen der Madame, die das Bordell in der Marshall Street führte.
    «Ich weiß nicht recht, ob wir eine Virginia Richardson kennen.» Stirnrunzelnd versuchte Mrs. Gordon, den Namen einzuordnen. «Von der Baptistengemeinde in der Grace Street, sagen Sie? Nicht dass wir Baptisten wären, Miss Royall.» Mrs. Gordon gab diese Erklärung in einem Ton ab, als würde sie Sally versichern, dass sie keine Kannibalin oder Katholikin war. «Aber selbstverständlich kennen wir die Kirche. Möchten Sie vielleicht einmal meinen Mann predigen hören?» Diese Einladung galt sowohl Sally als auch Starbuck.
    «Ganz bestimmt», sagte Sally mit einer Inbrunst, die von ihrer Erleichterung herrührte, keine weiteren Einzelheiten zu ihrer ausgedachten Tante erfinden zu müssen.
    «Möchten Sie zum Tee zu uns kommen?», schlug Mrs. Gordon vor. «Kommen Sie an einem Freitag. Freitags bieten wir den Verwundeten im Chimborazo Hospital einen Gottesdienst an.» Das Hospital war das größte Armeekrankenhaus in Richmond.
    «Das würde mir sehr gefallen», sagte Sally so lieb und eifrig, als wäre Mrs. Gordons Angebot die langersehnte Aufheiterung ihrer eintönigen Abende.
    «Und was Sie angeht, Mr. Starbuck», sagte Mrs. Gordon. «Wir brauchen immer kräftige Hände, die uns auf den Stationen helfen. Einige der Männer können ihre Bibel nicht halten.»
    «Gewiss, Ma’am. Es wäre mir eine Ehre.»
    «Adam wird es arrangieren. Aber keine Krinolinen, Miss Royall, für solche Extravaganzen ist zwischen den Pritschen nicht genügend Platz. Und jetzt komm, Julia.» Nachdem Mrs. Gordon Sally auf diese Art noch für ihren Aufzug gerügt hatte, ließ sie ihr ein Lächeln zuteil werden und Starbuck ein Nicken, dann rauschte sie die Straße hinunter davon. Adam versprach hastig, dass er Starbuck eine Nachricht ins Passamt schicken würde, tippte sich zum Abschied von Sally an die Hutkrempe und rannte los, um zu den Gordons aufzuholen.
    Sally lachte. «Ich habe dich genau beobachtet, Nate Starbuck. Dieses Bibelmädchen gefällt dir, stimmt’s?»
    «Unsinn», sagte Starbuck, aber in Wahrheit hatte er sich gefragt, was es

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