Starbuck. Der Verräter (German Edition)
hatte. Der Brief enthielt, ganz wie es Adam erwartet hatte, eine weitere Bitte an Adam, Johnstons Stab zu verlassen und sich der Brigade Faulconer anzuschließen. «Ich denke, du solltest das Kommando der Legion von Pecker übernehmen», hatte Washington Faulconer geschrieben, «oder, wenn du das vorziehst, könntest du mein Stabschef werden. Swynyard ist ein schwieriger Mann, bestimmt zeigt er sein Können in der Schlacht, aber bis dahin ist er der Flasche viel zu sehr zugeneigt. Ich brauche deine Unterstützung.» Adam zerknüllte den Brief, dann ging er ans Fenster und starrte den Hügel hinauf, wo die schönen weißen Säulen des prächtigen Capitol Buildings von der Nachmittagssonne angestrahlt wurden. Dann wurde unvermittelt seine Bürotür geöffnet, und er drehte sich um. «Sie müssen vermutlich noch einige Neuigkeiten in ihren Bericht einfügen, Faulconer», rief ein Offizier in Hemdsärmeln Adam zu.
Adam musste seine plötzlich aufflammende Begeisterung verstecken. «Rücken sie aus Fort Monroe aus?», fragte er.
«O Gott, nein. Die verdammten Yankees haben anscheinend vor, dort zu verfaulen. Vielleicht wollen sie nie angreifen, wer weiß. Möchten Sie Kaffee? Es ist echter Kaffee, aus Liverpool, von einem Blockadebrecher.»
«Bitte.»
Der Offizier, ein Captain namens Meredith von der Nachrichtenabteilung, rief seiner Ordonnanz zu, sie solle Kaffee bringen, dann kam er in den Raum. «Die Yankees sind Idioten, Faulconer. Vollkommen verrückt! Irre!»
«Was haben sie getan?»
«Sie sind Trottel! Esel, Hohlköpfe!» Meredith setzte sich auf Adams hölzernen Drehstuhl und legte seine schlammverdreckten Stiefel auf die lederbezogene Schreibtischplatte. Er zündete sich eine Zigarre an und warf das Streichholz in einen Spucknapf. «Sie sind Einfaltspinsel, schwachsinnige Trampel. Kurz gesagt, sie sind Nordstaatler. Wissen Sie, wer Allan Pinkerton ist?»
«Natürlich weiß ich das.»
«Dann aufgemerkt, und ich erzähle Ihnen etwas Lustiges. Hier rüber!» Der letzte Satz galt der Ordonnanz, die sich mit zwei Bechern Kaffee in den Raum geschoben hatte. Meredith wartete, bis die Ordonnanz wieder draußen war, dann begann er mit seiner Geschichte. «Anscheinend hatte Pinkerton beschlossen, uns ein paar Geheimagenten zu schicken, um uns auszuspionieren. Sie sollten unsere dunkelsten Begierden und verborgensten Geheimnisse entdecken, und wen schickt er? Schickt er einen verschwiegenen Mann, den keiner kennt? Nein! Er schickt zwei Stümper, die vor nicht einmal sechs Monaten als Schläger angeheuert waren, um Südstaatensympathisanten aus Washington zu vertreiben! Und siehe da, einer der Männer, die sie vertrieben haben, läuft auf der Broad Street in sie hinein. ‹Hallo›, sagte er, ‹euch zwei Hübschen kenne ich doch. Ihr seid Scully und Lewis!› Unsere Helden leugnen, aber die Narren haben Papiere mit ihren echten Namen bei sich. Price Lewis und John Scully höchstpersönlich! Wie dumm kann man eigentlich sein? Also liegen die beiden besten Spione des Nordens jetzt im Henrico-Knast in Eisen. Ist das nicht brillant?»
«Es ist auf jeden Fall unglaublich dumm von ihnen gewesen», sagte Adam. Der Schreck ließ sein Herz rasen. Scully und Lewis? Hatte Webster einen dieser Namen zur Tarnung benutzt? Wurde in diesem Moment die Wahrheit aus den beiden Männern herausgeprügelt? Es waren schreckliche Gerüchte über die Strafen im Umlauf, die Verräter in den Gefängnissen der Konföderierten erwarteten, und Adam hätte beinahe ein Wimmern ausgestoßen, als ihm vor Angst fast schlecht wurde. Er zwang sich, keine Miene zu verziehen, und trank einen Schluck heißen Kaffee, während er sich die ganze Zeit vorbetete, dass er die beiden langen Dokumente, die Webster von ihm zugegangen waren, nicht unterschrieben hatte und dass er in den beiden detaillierten Berichten viel Mühe darauf verwandt hatte, seine Handschrift unkenntlich zu machen. Doch auch so schien der Schatten der Henkersschlinge bedrohlich nahe über ihm zu schweben. «Sie werden hängen, nehme ich an?», fragte er beläufig.
«Das verdienen diese Bastarde jedenfalls, aber Lewis ist Engländer, und der elende Scully ist Ire, und wir haben das Wohlwollen Londons nötiger, als wir es nötig haben, zwei Untertanen der Queen am Ende des Strangs zappeln zu sehen.» Meredith klang angewidert von dieser Milde. «Die Bastarde kriegen nicht mal eine Abreibung verpasst, weil die britische Regierung was dagegen haben könnte. Und das wissen die beiden auch,
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