Starbuck. Der Verräter (German Edition)
deswegen geben die Bastarde überhaupt nichts zu.»
«Vielleicht haben sie ja gar nichts zu gestehen», sagte Adam leichthin.
«Natürlich haben sie. Ich würde die Vögel schon zum Singen bringen», sagte Meredith finster.
«Ich werde Johnston zunächst nicht mit dieser Nachricht beunruhigen», sagte Adam. «Ich warte, bis sie etwas ausgesagt haben.»
«Ich dachte nur, Sie wüssten wahrscheinlich gern davon», sagte Meredith. Er hatte eindeutig das Gefühl, dass Adams Reaktion zu verhalten ausgefallen war, aber Major Faulconer hatte im Hauptquartier den Ruf, ein recht seltsamer Patron zu sein. «Kann ich Sie nicht heute Abend mit nach Screamersville locken?», fragte Meredith. Screamersville war das Schwarzenviertel Richmonds. Dort gab es die wildesten Bordelle, Glücksspielhäuser und Spelunken, in denen Alkohol verkauft wurde. Alkohol war in Richmond offiziell verboten, um die Verbrechensrate zu senken, aber keine Patrouille der Militärpolizei wagte es, nach Screamersville zu gehen, um die Bestimmungen durchzusetzen, genauso wenig wie sie versuchten, den Champagner in den luxuriösen Freudenhäusern der Stadt zu konfiszieren.
«Ich habe heute Abend andere Verpflichtungen», sagte Adam steif.
«Wieder eine Betversammlung?», fragte Meredith spöttisch.
«Ganz recht.»
«Dann sprechen Sie ein Gebet für mich, Faulconer. Ich habe vor, heute Abend ein oder zwei Gebete nötig zu haben.» Meredith schwang seine Stiefel vom Schreibtisch herunter. «Lassen Sie sich Zeit mit Ihrem Kaffee. Stellen Sie einfach den Becher in unser Büro zurück, wenn Sie fertig sind.»
«Gewiss. Und danke.»
Adam trank den Kaffee und beobachtete, wie die Schatten auf dem Capitol Square länger wurden. Schreiber mit zusammengeschnürten Dokumenten hasteten vom Regierungssitz zum Capitol, während eine Patrouille der Militärpolizei mit aufgepflanzten Bajonetten langsam die Ninth Street zum Bell Tower hinuntermarschierte, von dem aus Feueralarm und andere Notfälle in der Stadt ausgeläutet wurde. Zwei Kinder gingen Hand in Hand mit einem ihrer Haussklaven hügelaufwärts zur Statue George Washingtons. Vor zwei Jahren, dachte Adam, war diese Stadt so traulich und friedlich gewesen wie Seven Springs, der Familiensitz in Faulconer County, nun aber verströmte sie eine Atmosphäre von Gefahr und Intrige. Adam erschauerte bei dem Gedanken an die Falltür, die sich vor seinen Füßen geöffnet hatte, an die Leere, die ihn verschlingen würde, nachdem man ihm die raue Schlinge um den Hals gelegt hatte, die sich mit einem heftigen Ruck um seine Kehle schließen würde, und dann wieder sagte er sich, dass er keinen Grund zur Sorge hatte, denn James Starbuck hatte sein Wort gegeben, Adams Namen niemals preiszugeben, und James war ein Christ und ein Gentleman, und deshalb war es unmöglich, dass Adam verraten worden war. Die Verhaftung von Scully und Lewis, wer sie auch sein mochten, musste Adam nicht beunruhigen. Nachdem er sich auf diese Art beschwichtigt hatte, setzte sich Adam an seinen Schreibtisch, zog einen Notizblock heran und schrieb eine Einladung für Captain Nathaniel Starbuck und Miss Victoria Royall zum Tee am Freitag bei Reverend Gordon.
Sechs
J ohn Scully und Price Lewis gestanden nichts, nicht einmal, als eingenäht in ihre Kleidung Dokumente entdeckt wurden, die sogar einen Heiligen belastet hätten. Lewis, der Engländer, besaß eine Karte von Richmond, auf der ein Überblick über die neuen Verteidigungsstellungen skizziert war, die General Lee anlegte. Schraffierte Markierungen zeigten, wo Redouten und Sternbastionen lediglich vermutet wurden. Ein zur Skizze gehörendes Memorandum erbat die Bestätigung der Vermutungen und eine Einschätzung der Artilleriegeschütze, die in den neuen Verteidigungsanlagen stationiert waren. John Scully, der kleine Ire, hatte einen unfrankierten, an den Ehrenamtlichen Sekretär des Konföderierten Armee-Bibelversorgungsvereins adressierten Brief bei sich, den ein Major James Starbuck von der U.S. Army unterschrieben hatte, der sich selbst gegenüber dem unbekannten Briefempfänger als «Bruder in Christus» bezeichnete. Der Brief besagte, dass den beigefügten Anweisungen vertraut werden könne, und diese Anweisungen baten um eine komplette und aktuelle Auflistung der konföderierten Truppen unter General Magruders Kommando, mit besonderer Berücksichtigung der Gesamtzahl der zur Verfügung stehenden Truppen in den Städten, Garnisonen und Festungen zwischen Richmond und
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