Starbuck. Der Verräter (German Edition)
beruhigte Scully, der einfach verzweifelt drauflos redete. «Der arme Mann», sagte Mulroney. «Du sagst, er ist krank?»
«Er kann sich kaum bewegen. Er ist schrecklich krank, das ist er.»
«Nenne mir seinen Namen, mein Sohn, damit ich für ihn beten kann», sagte Mulroney leise, dann spürte der Priester ein Zögern bei Scully, und er klopfte ihm in äußerst mildem Tadel mit den Fingern auf den Kopf. «Das ist eine Beichte, die du hier ablegst, mein Sohn, und die Beichtgeheimnisse gehen mit einem Priester ins Grab. Was du hier sagst, mein Sohn, ist ein Geheimnis zwischen dir und mir und Gott dem Allmächtigen. Also sage mir den Namen, damit ich für den armen Mann beten kann.»
«Webster, Pater, Timothy Webster. Und er war immer der echte Spion, nicht wir. Price und ich haben Pinkerton einfach nur einen Gefallen getan, indem wir hier nach ihm gesucht haben. Webster ist der wahre Spion. Er ist der beste Spion, den es gibt!»
«Ich werde für ihn beten», sagte Mulroney. «Und die Frau, die sich um den armen Mann kümmert, wie lautet ihr Namen, mein Sohn?»
«Hattie, Pater, Hattie Lawton.»
«Ich werde auch für sie beten», sagte Mulroney. «Aber der Major hier im Gefängnis, wie hieß er gleich? Alexander? Er sagte, du hättest einen Brief bei dir gehabt.»
«Wir sollten den Brief nur ausliefern, wenn wir Webster nicht finden, Pater», sagte Scully, und dann beschrieb er das Anschlagsbrett im Vestibül von St. Paul’s, wo der Brief unter das Gitter aus Bändern geschoben werden sollte. «Was ist Böses dabei, einen Brief in eine Kirche zu bringen, Pater?»
«Ganz und gar nichts, mein Sohn, ganz und gar nichts», sagte Mulroney, dann versicherte er dem verängstigten Mann, dass er eine gute Beichte abgelegt habe. Sanft hob er Scullys Kopf an und erklärte dem Iren, dass er nun auch Buße tun und vier Ave-Marias beten solle, dann erteilte er ihm in getragenem Latein die Absolution und versprach anschließend, dass er bei den konföderierten Behörden um Gnade für Scully bitten würde. «Aber du weißt ja, mein Sohn, dass sie kaum auf uns Katholiken hören. Oder auf uns Iren. Diese Südstaatler sind genauso schlimm wie die Engländer, das sind sie. Sie mögen uns nicht besonders.»
«Aber Sie versuchen es?» Scully sah verzweifelt zu den freundlichen Augen des Priesters auf.
«Ich werde es versuchen, mein Sohn», sagte Mulroney, dann erteilte er Scully den Segen und machte das Kreuzzeichen über seinem Kopf.
Pater Mulroney ging langsam zurück zum Hauptbüro des Gefängnisses, wo ihn Major Alexander und ein dünner, brilletragender Lieutenant erwarteten. Keiner der Offiziere sagte etwas, während Pater Mulroney das Skapulier abnahm und dann die Soutane über den Kopf zog, unter der ein alter, aber gut geschnittener, schwarzer Anzug zum Vorschein kam. Auf dem Schreibtisch stand eine Schüssel mit Wasser, und der alte Mann begann sich die Hände zu waschen, als wolle er jede Spur der Berührung von Scullys Haar beseitigen. «Die Person, die Sie schnappen wollen», sagte der Mann, der sich Mulroney genannt hatte, jetzt mit einer Aussprache, die kein bisschen nach Irland, sondern ausschließlich nach Virginia klang, «ist ein gewisser Timothy Webster. Sie finden ihn im Monumental Hotel. Er ist krank, also wird er Ihnen wohl keine Schwierigkeiten machen. Er hat eine weibliche Begleiterin namens Hattie Lawton. Sie gehört ebenfalls zu diesem Abschaum, also nehmen Sie die Frau auch mit.» Der alte Mann holte ein Silberkästchen aus seiner Tasche und entnahm ihm eine schlanke, duftende Zigarre. Der Lieutenant mit der Brille schnellte nach vorn und nahm eine Kerze vom Schreibtisch, um sie an die Zigarre zu halten. Der alte Mann saugte die Flamme an und musterte dann zynisch den Lieutenant. «Sind Sie Gillespie?»
«Ja, Sir, der bin ich.»
«Was ist in der Tasche, Gillespie?» Der alte Mann nickte in Richtung einer Ledertasche, die über der Schulter des Lieutenants hing. Gillespie öffnete die Tasche und zeigte einen Messingtrichter und eine sechseckige Flasche aus dunkelblauen Glas.
«Das Öl meines Vaters», sagte Gillespie stolz.
Der Mund des alten Mannes zuckte. «Hatten Sie vielleicht vor, den Gefangenen dieses Öl zu verabreichen?»
«Bei Geisteskranken wirkt es Wunder», sagte Gillespie abwehrend.
«Ihre verdammten Geisteskranken sind mir egal», zischte der alte Mann. «Sie können es an einem anderen Gefangenen ausprobieren, einem, auf den es nicht ankommt. Aber Lewis und Scully müssen geschont
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