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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Schiffe hatte, die seine Armee von Alexandria nach Süden gebracht hatten. Die Armee war nun bereit zum Einsatz, und McClellan hatte auf einen blitzartigen Vorstoß gegen Richmond gehofft, ein Manöver, mit dem er die schwachen Verteidigungsstellungen um Yorktown aufgebrochen hätte, doch die Erkundungsritte der Kavallerie bedeuteten, dass es keinen schnellen Vorstoß geben würde. Die Einnahme Yorktowns und Richmonds würde nun auf die altmodische Art durchgeführt werden, auf die harte Art, mit Belagerungskanonen und Geduld und eigenen Schützengräben. Seine hunderteinundzwanzigtausend Mann würden warten müssen, bis die Belagerungsstellungen gebaut und die schweren Belagerungskanonen über albtraumhafte Straßen von Fort Monroe herbeigeschafft wären. Die Verzögerung war zu bedauern, aber Pinkerton hatte ihn vorgewarnt, dass die Stellungen der Rebellen viel stärker bemannt sein konnten, als irgendwer annahm, und jetzt dankte der General dem Leiter seines militärischen Geheimdienstes für diese rechtzeitige und zutreffende Information.
    Unterdessen hockte das einsame Bataillon aus Georgia, das neun Mal über denselben morastigen Straßenabschnitt marschiert war und sich neun Mal durch den Wald zurückgeschlichen hatte, um den nächsten Marsch über die Straße zu beginnen, frierend hinter den Erdwällen der Rebellen, und die Männer murrten, dass ihre Zeit vergeudet wurde. Sie waren in die Armee eingetreten, um den Yankees eine Lektion zu erteilen, die sie nicht vergessen würden, nicht, um Runde um Runde in verdammten Kreisen zu laufen und dem Ständchen einzelner Signaltrompeter zu lauschen, die durch den menschenleeren Wald ritten. Nun saßen sie unter den Bäumen, zündeten Lagerfeuer an und fragten sich, ob es jemals aufhören würde zu regnen. Sie fühlten sich sehr allein, und kein Wunder, denn im Umkreis von drei Meilen befand sich kein einziges weiteres Infanteriebataillon. Tatsächlich waren sie nur dreizehntausend Mann, die sich über die gesamte feuchte Halbinsel verteilten, und diese dreizehntausend Soldaten sollten die größte Armee aufhalten, die jemals in Amerika zusammengezogen worden war. Es war wirklich kein Wunder, dass die Männer aus Georgia schaudernd am Feuer saßen und darüber murrten, dass sie den ganzen Tag im Regen den Narren hatten spielen müssen.
    In den dämmrigen Bäumen gab ein Vogelschwarm sein schrilles Abendkonzert. Der Klang unterschied sich etwas von dem Ruf derselben Vögel in Georgia, aber die Männer, die den ganzen Tag im Kreis marschiert waren, kamen vom Land und wussten genau, welcher Vogel im abendlichen Wald solch einen Aufruhr verursachte.
    General Magruder wusste es auch, und irgendwann lächelte er über das Geräusch, denn er hatte all diese Tage damit verbracht, die Yankees glauben zu lassen, sie hätten es mit einem ganzen Heer zu tun, obwohl die Verteidigungslinie in Wahrheit jämmerlich schwach besetzt war. Magruder hatte seine Männer den ganzen Tag marschieren und zurückmarschieren lassen, hatte eine Machtdemonstration vorgetäuscht, und jetzt betete er im abendlichen Regen, dass der Vogelgesang McClellan galt und nicht ihm.
    Denn in der Dämmerung sangen die Spottdrosseln.
     
    Der Regen schien nie mehr aufhören zu wollen. Wasser rauschte in den Rinnsteinen von Richmond Richtung Fluss, in den weiß schäumend das Abwasser aus den Eisenhütten und Zigarrenfabriken und Gerbereien und Schlachthäusern gepumpt wurde. Die wenigen Menschen auf der Straße hasteten unter tristen schwarzen Regenschirmen dahin. Sogar um die Mittagszeit brannten Kohlegaslampen im Kongressraum der Konföderierten, wo über Maßnahmen zur Entwicklung künstlichen Salpeters für die Herstellung von Schwarzpulver debattiert wurde. Die Stimmen im Saal mussten sich gegen das Geräusch des strömenden Regens erheben, das von draußen hereindrang. Eine Handvoll Abgeordneter hörte zu, einige schliefen, wieder andere nippten an dem Whiskey, der ihnen von Apothekern als Medizin verkauft worden war, um das Alkoholverbot in der Stadt zu umgehen. Ein oder zwei der Abgeordneten hatten Sorge, dass die Yankee-Armee, die auf Yorktown vorrückte, diese Debatte überflüssig machte, doch niemand wagte einen solchen Gedanken laut auszusprechen. Es hatte in letzter Zeit schon genügend Defätismus gegeben und zu viele gute Gründe dafür; zu viele Küstenforts waren von der U.S. Navy erobert worden, und zu viele Hinweise legten nahe, dass die Konföderation von einem unerbittlichen Feind

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