Stardoc 01 - Die Seuche
wurden es ebenfalls. »Das werden Sie schon sehen.«
Der Chef ließ sich von meiner Hartnäckigkeit nicht beeindrucken. »Wenn fünfzig Betten belegt sind, werde ich stündlich eine freiwillige Schwester hineinschicken.« Er trat von der Scheibe zurück und ging davon.
Ich knirschte mit den Zähnen, dann hörte ich Stimmen und schaute hoch, durch eines der Fenster. Ein Sicherheitsteam rannte hin und her und nahm Verteidigungsstellung ein. Eine Menge hatte sich vor der Klinik gebildet. Sie sahen nicht eben wie besorgte Familienmitglieder aus.
Gerüchte verbreiteten sich schneller als eine Seuche – genauso wie Hysterie. Doktor mu Cheft musste binnen einer Stunde intubiert werden. Ich forderte mehr Beamtungsgeräte an und musste Ecla mit einer Narkose drohen, damit sie sich schlafen legte.
Es war still. Die meisten der Patienten waren zu schwach, um Ärger zu machen. Das medizinische Personal versank aufgrund seiner Erfahrung in grimmiges Schweigen. Die Hafenarbeiter waren weniger kooperativ. Ich musste einen der Lastträger festschnallen und betäuben, weil er der Meinung gewesen war, er hätte jetzt genug, und angefangen hatte, die Schläuche aus seinem Körper zu ziehen.
Dhreen lag noch immer im Koma. Das Syntplasma und die chirurgischen Reparaturen halfen, hielten aber die Krankheit nicht auf. Er würde sich keine Sorgen darum machen müssen, wieder gehen zu lernen, denn er lag im Sterben.
Ich wartete mit Kao Torin und dem Obersten Linguisten bis zum Ende meiner Visite. Zuerst Reever.
Duncan lag da, betäubt, harmlos. Ich scannte ihn schnell. Keine Veränderung. Ich konnte seinen Geruch immer noch auf meiner Haut wahrnehmen. Wenn ich meine trockenen Lippen leckte, schmeckte es nach ihm. Er blieb stabil und bewusstlos. Auf Anweisung des Chefs und um zu verhindern, dass man mich wegen Mordes verhaften würde, ließ ich ihn so.
Kao klammerte sich an das Leben, sein breiter Brustkorb hob und senkte sich in langsamer Wiederholung. Wenn in den nächsten Stunden kein Gegenmittel oder eine Behandlungsmethode gefunden wurde, würde auch er sterben.
Die Nacht hindurch machte ich meine Runden. Studierte Krankenblätter. Sammelte weitere Daten. Fand nichts. Verfluchte die Konsole. Machte meine Runde. Hielt Kaos Hand. Trat unbelebte Objekte. Studierte erneut die Krankenblätter. Es schien endlos.
Ecla nahm meinen Platz ein. Ich schlief einige Stunden und wurde von wütenden Schreien aus dem Schlaf gerissen. Vor der Öffentlichen Klinik wurde die wachsende Menschenmenge hysterisch. Wir konnten sie deutlich über den Sicherheitsmonitor hören, den Ecla eingeschaltet hatte. Der Vorschlag, dass alle infizierten Kolonisten systematisch hingerichtet werden sollten, wurde sogar mit Applaus beantwortet.
Ich schaltete den Monitor aus. Die Patienten sollten ihren Nachbarn nicht dabei zuhören müssen, wie sie diesen Müll redeten. Die Schwester brachte mir eine Mahlzeit, in der ich herumstocherte, während sie ruhig den Verlauf der einzelnen Fälle wiedergab. Alles schmeckte wie Plastnahrung. Wir hatten gerade die Hälfte des Aktenstapels durch, als Doktor Rogan und eine Gruppe Kolonisten durch den Flureingang hereingestürmt kamen.
»Das ist sie!«, sagte Rogan und zeigte durch das versiegelte Fenster auf mich.
Ich schluckte den Bissen in meinem Mund hinunter und stand auf. »Ecla«, sagte ich und lächelte den wütenden Mob an. »Verständigen Sie die Sicherheit. Sofort.«
Der Mob kam auf die Barriere zu, die Sicherheitskräfte näherten sich aus der anderen Richtung, mit gezogenen Waffen. Die Kolonisten drehten sich zu ihnen um, und die beiden Gruppen warfen sich bösartige Drohungen zu. Ich trat an den Bildschirm und drehte die Lautstärke auf, damit man mich hörte.
»Doktor Rogan, was für eine Überraschung.« Meine Stimme übertönte den Lärm. »Ich freue mich, sie und ihre … Freunde zu sehen.«
»Sie ist Terranerin«, ignorierte Rogan mich und stachelte den Mob weiter an. »Eine Fanatikerin, eine Xenophobe! Man hat sie hergeschickt, um uns alle umzubringen.«
»Und so rational denkend wie immer.« Ich schaute in die Gesichter, die hinter den Sicherheitsbeamten eine wütende Wand bildeten, und sprach sie an: »Ich bin nicht hierher geschickt worden, um irgendjemanden zu töten. Wir wollen die Krankheit eindämmen, bis wir ein Gegenmittel finden.«
»Lügen, alles Lügen!«, sagte Rogan, und seine Polypen zuckten wie verrückt. »Sie will jeden Nicht-Terraner auf diesem Planeten vernichten!« In dem Mob
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