Stardoc 01 - Die Seuche
exakten Ort zu erfahren, wo er sich deiner Meinung nach seinen Rat hinstecken könnte«, sagte Ana.
»Ich dachte, du könntest nur Bruchstücke auffangen?«, sagte ich, und endlich gab sie ihrem Drang zu lachen nach.
»Meine Liebe, eine anorganische Felsformation hätte erkennen können, was du während seines Vortrages dachtest.«
Auf unserem Weg trafen wir Paul Dalton, einen der terranischen Ingenieure aus meiner Unterkunft. Mittlerweile hatte ich einige meiner Nachbarn kennen gelernt, aber versetzte Arbeitsschichten hatten bisher eine weitergehende Freundschaft verhindert. Paul war, wie ich feststellte, in Begleitung von jemandem, den ich noch nie gesehen hatte.
»Freunde von dir?«, fragte Ana und folgte meinem Blick.
»Der Terraner wohnt auf dem gleichen Flur wie ich. Den großen Blauen kenne ich nicht.«
Der unbekannte Humanoide trug einen Pilotenanzug. Er war ein starker, muskulöser Mann mit sehr ungewöhnlicher, saphirfarbener Haut. Gerades, zobelartiges Haar bildete glänzende Flügel um seine ausgeprägten Gesichtszüge. Seine Augen waren durchgängig Weiß, hinter der matten Hornhaut war keine Iris oder Pupille zu erkennen. Doch so, wie er mich ansah, konnte er nicht blind sein. Ich versuchte, nicht zurückzustarren.
Paul grüßte mich. »Hey, Doc!« Mit seinem unspektakulären Teint und der durchschnittlichen Figur wirkte der terranische Ingenieur auf den ersten Blick unscheinbar. Bis er seinen Mund öffnete, denn Paul hatte einen großartigen Sinn für Humor und war so beliebt bei den Nachbarn, dass ich mich manchmal fragte, ob er wirklich Terraner war.
»Ich denke, du wirst gleich herausfinden, wer er ist.«
Ich schaute zu Ana, die offensichtliche Zufriedenheit ausstrahlte. Sie hatte mich in letzter Zeit bearbeitet, dass ich meine Freizeit damit verbringen sollte, »mich wohl zu fühlen«. Bevor ich sie daran hindern konnte, klopfte sie mir auf die Schulter und wandte sich zum Gehen.
»Ich muss gehen, es wartet einiges an liegen gebliebener Arbeit in meinem Büro.«
»Ana …«
Sie drehte sich um und schenkte mir eines ihrer eleganten, kleinen Winken, die ich nicht nachahmen könnte, auch wenn ich jahrelang übte. »Wir sehen uns dann später.«
»Vergiss das wieder«, erklärte ich ihr, während ich den Saum meines Arztkittels gerade zog. »Jetzt gleich.«
»Wer hat gesagt, dass ich irgendetwas denke?«
Sie konnte mich nicht an der Nase herumführen. »Ich habe zu viel zu tun.«
»Meine Liebe, niemand kann zu viel zu tun haben, wenn es um einen Mann geht, der so aussieht!« Sie lächelte in Richtung der sich nähernden Männer und ging dann zu ihrem Gleiter. Eine tolle Freundin war das – mich so allein zu lassen!
Ich redete mir ein, dass ich nur lang genug stehen bleiben würde, um Grüße auszutauschen und meine Neugier hinsichtlich der Identität des blauhäutigen Piloten zu stillen.
»Na, ein langer Tag voller Heilungen?«, fragte Paul.
»Heute nicht.« Ich zog eine Grimasse, dann neckte ich ihn. »Vor ein paar Tagen hatte ich aber einen interessanten Fall. Ein Terraner mit einem entzündeten Larynx. Hat mich an dich erinnert.«
»Ich liebe es, wenn du Ärztisch mit mir redest«, sagte Paul mit gespieltem Begehren. »Du musst mir all die guten Wörter beibringen.«
»Ich habe zu viel Zeit damit verbracht, strukturelle Ingenieurstechnik zu studieren«, sagte ich, ohne mit der Wimper zu zucken. »Ich will deinen Job.«
Das entlockte Pauls Begleiter ein sanftes Kichern. Ich schaute zu ihm auf und zerrte mir dabei einige Nackenmuskeln.
»Hallo. Ich bin Cherijo Grey Veil.« Ich streckte meine Hand aus, die Handfläche nach oben, denn ich hatte erfahren, dass dies die unverfänglichste Freundschaftsgeste war, von allen Spezies auf K-2 anerkannt. Sie wurde von einer großen, sechsfingrigen Hand verschluckt. Sein Handschlag war fest, aber vorsichtig.
»Kao Torin«, sagte er, mit einer tiefen und wohl klingenden Stimme. Er macht eine formelle Geste mit seiner anderen Hand, die eine Art Begleitgruß sein musste. Der große Pilot hatte meine heimliche Neugier wohl bemerkt, denn er fügte hinzu: »Von Joren, im Varallan-Quadranten.«
»Bei der musst du vorsichtig sein, Kao«, sagte Paul. »Die wird deine Krankenakte verlangen, wenn du es zulässt.«
»Ich bin immer noch damit beschäftigt, mich über die Unregelmäßigkeiten in deiner kundig zu machen, Paul«, sagte ich und lächelte dann zu dem Piloten hinauf. »Es freut mich, Sie kennen zu lernen.«
»Hast du jetzt frei?«,
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