Stardoc 01 - Die Seuche
dem Patienten bis knapp unter das Knie und musste eine Grav-Rampe benutzen, um die Scans des Abdomens durchzuführen. Ich beendete meine Untersuchung, senkte die Rampe ab und legte meinen Scanner zur Seite, um einen Eintrag vorzunehmen.
Oberschwester Ecla flatterte um den notdürftig errichteten Untersuchungstisch, wobei ihre geschmeidige Gestalt die einfachsten Bewegungen in ein Ballett verwandelte. Die feine Gestalt der Psyoranerin erinnerte mich an einen Strauß beweglicher Blumen.
»Doc«, stöhnte unser weit weniger graziler Patient von oben. »Was hab ich?«
»Das Tietze-Syndrom.«
Ich stieg wieder auf die Rampe, schwebte nach oben und zeigte ihm das betroffene Gebiet auf dem Bildschirm der Krankenakte. Ich erklärte ihm, dass die dicke Knorpelschicht zwischen den Rippen und dem unteren Brustbein stark entzündet war, mit dem Ergebnis, dass jeder Atemzug schmerzte.
»Warum passiert mir so was?«, fragte er.
Ich nahm mir einen Augenblick Zeit, um seine Krankenakte zu prüfen. Er war Lagerarbeiter in der Warenverladung am Raumhafen, wie die meisten Trytinorns. »Vermutlich, weil Sie keine Hebehilfe benutzt haben, um sich bei der Arbeit zu schützen«, sagte ich.
Seine Augen unter der dicken Stirnplatte funkelten trotzig auf mich herunter. Jawohl, mitten ins Schwarze.
»Das ist nur was für Leichtgewichte«, sagte der Tryrinorn und verzog dann das Gesicht, als ihn eine erneute Schmerzwelle traf. Sein gewaltiger Körper entspannte sich, als ich ihm ein schmerzlinderndes Mittel gegen die Symptome spritzte.
»In der Woche, die ich sie krankschreibe«, sagte ich und ignorierte den dadurch hervorgerufenen heftigen Protest, »haben Sie mehr als genug Zeit, sich die Daten über Hebehilfen anzuschauen, die ich Ihnen mitgebe.«
Ecla nahm meinen Platz ein und umwickelte seinen Torso mit meterweise Stützverband, während ich den Eintrag in der Krankenakte beendete. Die Flüche der Trytinorns waren besonders abwechslungs- und bildreich, aber trotzdem summte ich vergnügt vor mich hin. Der empörte Lagerarbeiter fluchte immer noch, als die Pfleger ihm auf die Füße halfen, und stapfte dann auf dem gleichen Weg hinaus, durch den er hereingekommen war.
Auf dem Weg zurück zur Ambulanz bemerkte ich, dass die Psyoranerin mir einige seltsame Blicke zuwarf. Na gut, mit meinem Summen würde ich sicher keinen Wettbewerb gewinnen, aber ich hatte auch nie behauptet, ich wäre perfekt.
»Sie haben gute Laune«, sagte Ecla, nachdem wir wieder im Untersuchungszimmer angelangt waren und sie den Tisch für den nächsten Patienten desinfizierte. Die unregelmäßigen Kämme an den sichtbaren Teilen ihres regenbogenfarbenen Körpers bewegten sich bei meinem Lächeln.
»Wäre es Ihnen lieber, ich würde so herumstapfen?« Ich gestikulierte hinter dem Trytinorn her, dessen Schritte immer noch durch die Klinik hallten. Die Schwester machte eine ihrer berüchtigten nonverbalen Gesten. »Ich frage jetzt nicht, was das heißt.«
»Es heißt, Sie sollten öfter singen.« Eclas feine Gesichtszüge waren sehr ernst, und das hieß, dass sie einen Scherz machte.
»Mein einziges Laster«, sagte ich. Es war seltsam, dass ich etwas, das ich so schlecht beherrschte, so gern tat. »Meine mütterliche Bezugsperson hat immer behauptet, ich wäre so musikalisch wie ein toter Fisch.«
»Sie summen in den letzten Tagen dauernd vor sich hin.«
»Ich lasse mich von der mangelnden Anerkennung meines musikalischen Talents nicht einschüchtern.« Ich beendete meine Eintragungen in der Akte und wandte ihr meine volle Aufmerksamkeit zu. »Okay, Ecla, hören Sie auf so herumzutanzen und sagen Sie mir, was Sie denken.«
»Man erzählt sich, dass Sie und ein gewisser Pilot zusammen gesehen wurden«, sagte die Psyoranerin. »Mindestens an drei Abenden in dieser Woche.«
Kao Torin und ich waren die neueste Sensation. Sein trügerischer Ruf, zusammen mit meiner Verschwiegenheit, hatten das Klinikpersonal zu den unglaublichsten Spekulationen angestachelt. Eine Schwester hatte mich gefragt, ob es wahr wäre, dass Kao von mir schwanger wäre.
»Ich wusste nicht, dass mein Privatleben so aufregend ist«, sagte ich betont freundlich. »Ich würde die Spannung niemals ruinieren wollen, indem ich Ihnen die Einzelheiten verrate.«
»Vielen Dank!« Eclas Sarkasmus wurde durch ihr Lachen die Schärfe genommen. Sie rief die Aufnahme. »Der nächste Patient, bitte.«
In diesem Moment kam Doktor Rogan mit einem Arm voll Aufnahmebögen herein. Er jammerte in voller
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