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Stark (Dark Half)

Stark (Dark Half)

Titel: Stark (Dark Half) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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neben einem Telefon ohne Wanze, also los, George, ruf mich an, sag mir, was Sache ist.
    Aber das Telefon stand da und läutete nicht.
    Dann wurde ihm klar, daß er in einen Aktenschrank schaute, der nicht nur gelichtet, sondern völlig leer war.
    In seine Gedanken versunken hatte er alle Akten herausgeholt, nicht nur die Unterlagen der Studenten, die an einem Kurs über kreatives Schreiben interessiert waren.

    Sogar die Fotokopien derjenigen, die Transformationale Grammatik belegen wollten, das von Noam Chomsky verkündete Evangelium, interpretiert vom Dekan der Leeren Pfeife, Rawlie DeLesseps. Thad trat an die Tür und schaute hinaus. Harrison und Manchester standen an der Tür des Gemeinschaftsraumes und tranken Kaffee. In ihren riesigen Pranken sahen die Becher aus wie Mokkatassen. Thad hob die Hand. Harrison folgte seinem Beispiel und fragte, ob es noch lange dauern würde.
    »Fünf Minuten«, sagte Thad, und beide Polizisten nickten.
    Er kehrte an seinen Schreibtisch zurück, legte die Unterlagen über das kreative Schreiben beiseite und begann, die anderen wieder in den Schrank zu packen. Er tat es so langsam wie möglich, gab dem Telefon Zeit zum Läuten. Aber das Telefon stand auch weiterhin einfach da. Er hörte ein Läuten, irgendwo ein ganzes Stück den Flur entlang, von einer geschlossenen Tür gedämpft, irgendwie gespenstisch in der ungewohnten Sommerstille des Gebäudes. Vielleicht hat George die falsche Nummer gewählt, dachte er und lachte nervös.
    Tatsache war, daß George nicht anrief. Tatsache war, daß er, Thad sich geirrt hatte. Wie es schien, hatte George einen anderen Trick im Ärmel. Weshalb sollte ihn das überraschen? Tricks waren George Starks specialite de la maison. Dennoch - er war sich so sicher gewesen, so absolut sicher...
    »Thaddeus ?«
    Er fuhr zusammen, hätte fast den Inhalt des letzten halben Dutzends Akten auf den Boden fallen lassen. Als er sicher war, daß sie ihm nicht aus der Hand gleiten würden, drehte er sich um. Rawlie DeLesseps stand an der Tür. Seine große Pfeife ragte ins Zimmer wie ein waagerechtes Periskop.
    »Entschuldigung«, sagte Thad. »Ich bin ein bißchen erschrocken, Rawlie. In Gedanken war ich zehntausend Meilen weit weg.«
    »Jemand möchte Sie an meinem Apparat sprechen«, sagte Rawlie verbindlich. »Muß sich in der Nummer geirrt haben. Gut, daß ich gerade da war.«
    Thad spürte, wie sein Herz langsam und heftig zu pochen begann es war, als hätte er eine Kesselpauke in der Brust, und jemand hätte begonnen, mit einem beträchtlichen Maß an rhythmischer Energie darauf einzuschlagen.
    »Ja«, sagte Thad. »Das ist wirklich gut.«

    Rawlie warf ihm einen taxierenden Blick zu. Die blauen Augen unter seinen geschwollenen, leicht geröteten Lidern waren so hel wach und fragend, daß es fast unhöflich war - sie standen in keinem Verhältnis zu dem heiteren, scheinbar unbedarften Verhalten eines zerstreuten Professors. »Ist al es in Ordnung, Thaddeus?«
    Nein, Rawlie. Seit einiger Zeit läuft ein wahnsinniger Mörder frei herum, der ein Teil von mir ist, ein Kerl, der sich offensichtlich meines Körpers bemächtigen und mich zwingen kann, verrückte Dinge zu tun, zum Beispiel einen Bleistift in meine Hand zu stechen, und ich betrachte jeden Tag, den ich bei klarem Verstand hinter mich gebracht habe, als einen Sieg. Die Wirklichkeit ist aus den Fugen geraten, alter Freund.
    »In Ordnung? Weshalb sollte nicht alles in Ordnung sein?«
    »Mir ist, als spürte ich den schwachen, aber unverkennbaren Geruch von Ironie, Thaddeus.«
    »Muß ein Irrtum sein.«
    »Wirklich? Warum sehen Sie dann aus wie ein in das Licht von Autoscheinwerfern geratenes Reh?«
    »Rawlie...«
    »Und der Mann an meinem Apparat hörte sich an wie ein Vertreter dem man am Telefon etwas abkauft, um sicherzugehen, daß er nicht der Haustür erscheint.«
    »Es ist nichts, Rawlie.«
    »Na schön.« Rawlie machte nicht den Eindruck, als wäre er überzeugt.
    Thad verließ sein Büro und eilte den Flur entlang auf Rawlies Zimmer zu.
    »Wo wollen Sie hin?« rief Harrison ihm nach.
    »Professor DeLesseps hat einen Anruf für mich in seinem Büro«, erklärte er. »Die Telefonnummern hier folgen aufeinander. Der Anrufer muß sich verwählt haben.«
    »Und hat dabei zufällig das einzige andere Mitglied der Fakultät erwischt, das heute hier ist?« fragte Harrison skeptisch.
    Thad zuckte die Achseln und setzte seinen Weg fort.
    Rawlie DeLesseps' Büro war aufgeräumt, behaglich und nach wie vor

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