Stark (Dark Half)
gewichen, und ihre Lippen waren zu einer schmalen grauen Linie zusammengepresst.
»Es sind dieselben Worte«, flüsterte sie. »Genau dieselben. Oh, Thad, was hat das zu bedeuten? Was .. .«
Sie schwankte, und er trat einen Schritt vor, weil er fürchtete, sie könnte ohnmächtig werden. Er fasste sie bei den Schultern, sein Fuß verhakte sich im x-förmigen Fuß seines Schreibtischstuhls, und fast wäre er mit ihr zusammen auf den Schreibtisch gestürzt.
»Bist du okay?«
»Nein«, sagte sie mit dünner Stimme. »Und du?«
»So halbwegs«, sagte er. »Entschuldige bitte. Der tollpatschige alte Thad Beaumont. Als Ritter in funkelnder Rüstung gäbe ich einen erstklassigen Türstopper ab.«
»Du hast das geschrieben, bevor Pangborn kam«, sagte sie. Es schien ihr fast unmöglich zu sein, diese Tatsache zu begreifen. »Bevor er kam.«
»So ist es.«
»Was hat das zu bedeuten?« Sie schaute ihn fast flehend an; trotz des grellen Lichts waren die Pupillen ihrer Augen groß und dunkel.
»Ich weiß es nicht«, sagte er. »Ich dachte, du hättest vielleicht eine Idee.«
Sie schüttelte den Kopf und legte das Manuskript wieder auf den Schreibtisch. Dann rieb sie mit der Hand über das Nylon ihres kurzen Nachthemdes, als hätte sie etwas Widerwärtiges angefasst. Thad glaubte nicht, dass sie sich dessen bewusst war, und sagte nichts.
»Begreifst du jetzt, warum ich das verschwiegen habe?« fragte er.
»Ja - ich denke schon.«
»Was hätte er gesagt, unser praktisch denkender Sheriff aus Maines kleinstem Polizeibezirk mit seinem unerschütterlichen Glauben an Computer-Ausdrucke von A.S.R. and I. und Augenzeugenberichte? Unser Sheriff, dem der Gedanke, dass ich irgendwo einen Zwillingsbruder versteckt halte, plausibler erschien als der, dass jemand eine Möglichkeit gefunden hat, Fingerabdrücke zu fälschen? Was hätte er hierzu gesagt?«
»Ich - ich weiß es nicht.« Sie versuchte, wieder zu sich zu kommen, sich aus der Schockwelle herauszukämpfen. Dergleichen hatte er schon früher beobachtet, aber das änderte nichts an der Bewunderung, die er dabei empfand. »Ich weiß nicht, was er gesagt hätte, Thad.«
»Ich auch nicht. Ich vermute, im schlimmsten Fall hätte er angenommen, dass ich Mitwisser des Mordes gewesen bin. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass er geglaubt hätte, ich wäre hier heraufgerannt und hätte diese Worte geschrieben, nachdem er uns verlassen hatte.«
»Aber weshalb hättest du das tun sollen?«
»Ich denke, eine geistige Störung wäre das Naheliegendste«, erklärte Thad trocken. »Ich nehme an, ein Cop wie Pangborn denkt eher an Geistesstörungen, als dass er einen Vorfall akzeptiert, für den es außerhalb des Paranormalen keine Erklärung zu geben scheint. Aber wenn du meinst, es wäre falsch, mit dieser Sache hinter dem Berge zu halten, bis es mir gelungen ist, sie selbst zu begreifen - und ich halte es für denkbar, dass mir das gelingt -, dann sage es. Wir können das Büro des Sheriffs in Castle Rock anrufen und eine Nachricht für ihn hinterlassen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Ich habe - in irgendeiner Talkshow, glaube ich - etwas über psychische Konnektionen gehört ...«
»Glaubst du, dass es so etwas gibt?«
»Ich hatte nie Veranlassung, viel darüber nachzudenken«, sagte sie. »Aber jetzt glaube ich allmählich an ihre Existenz.« Sie streckte die Hand aus und ergriff das Blatt mit den darüber geschriebenen Worten. »Du hast das mit einem von Georges Bleistiften geschrieben«, sagte sie.
»Er war einfach das erste, das mir in die Hand geriet«, sagte er gereizt. Er dachte kurz an den Kugelschreiber, dann verdrängte er den Gedanken. »Und außerdem sind das nicht Georges Bleistifte, sind es nie gewesen. Es sind meine. Und ich habe es allmählich satt, dass von ihm immer als von einer eigenständigen Persönlichkeit die Rede ist. Das hat jedes bisschen Reiz verloren, den es vielleicht einmal gehabt hat.«
»Dennoch hast du heute eine seiner Redewendungen gebraucht - . Das hast du noch nie getan - außer in deinen Büchern. War das auch nur Zufall?«
Er wollte ihr sagen, dass es natürlich Zufall gewesen war, doch dann schwieg er. Vermutlich war es Zufall gewesen, aber konnte er angesichts der Worte, die er auf dieses Blatt Papier geschrieben hatte, ganz sicher sein?
»Ich weiß es nicht.«
»Warst du in Trance, Thad? Warst du in Trance, als du das geschrieben hast?«
Langsam, widerstrebend erwiderte er: »Ja. Ich
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