Starke Frau, was nun?
...«
»Ach?«
»Yeah ...« Er verzieht das Gesicht. »Dachtest du wirklich, es wird so einfach? Du tauchst hier auf, krabbelst zu mir ins Bett, pennst ein, anstatt anständig mit mir zu vögeln, und alles ist gut?«
»Watt?« Also dafür, dass sie in seinem Bett liegt und er seine Finger so ziemlich begehrlich an ihrer Haut hinabwandern lässt, war es sogar extrem einfach, ihn von seinem Zornolymp herunterzuholen. Es wäre sogar noch leichter gewesen, hätte sie ihm keinen Strich durch die Machorechnung gemacht – darauf wettet sie. Denn nachdem er mit ihr nach Hause gefahren ist – in einem waschechten roten Porsche, jawohl! – gingen sie ohne viele Worte ins Bett. Und hier liefen die Dinge dann ganz bestimmt anders, als von Chris geplant. Denn kaum hatte ihr Kopf das Kissen berührt, war Lisa eingeschlafen. In seinen Armen, was schön war, aber ohne die geringste Lust auf Sex.
Tja, Pech!
Mit erhobenen Brauen mustert sie ihn und sieht ein, dass sie bisher tatsächlich nichts geklärt haben. Und damit meint sie nicht den Sex, dem sie mit jedem Blick, den sie auf den unrasierten Macho neben sich wirft, mehr entgegenfiebert. Ihr Atem lässt sich ebenfalls kaum noch kontrollieren, und die Haut, wo auch immer er sie gerade berührt, steht sofort in Flammen ...
Doch dass dies zwischen ihnen hervorragend funktioniert, weiß sie! Schließlich war das anfänglich der Grund, weshalb sie ihm nicht widerstehen konnte. Und sie würde wetten, dass es bei ihm ähnlich lief. Denn sympathisch waren sie sich garantiert nicht ...
Lisa ist klug genug, nicht mal mit sich selbst über die Tatsache zu streiten, dass sie diesen unvorstellbaren Macho inzwischen durchaus sympathisch findet. Auch andere Bezeichnungen fallen ihr aus dem Stegreif ein, obwohl es ihrem emanzipierten Geist noch immer schwerfällt, sie auch zu Ende zu denken. Denn ja, sie findet ihn sexy, sie will bei ihm sein, und es macht ihr nicht einmal etwas aus, dass er neben ihr sitzt und mit Fleisch garniertes Ei in sich hineinschaufelt.
Tatsächlich liebt sie es, ihn anzusehen ... Sie liebt ... ja, ganz einfach, sie liebt ihn.
Heilige Scheiße!
Trotzdem fühlt sie sich nicht so wohl, wie sie eigentlich sollte, wenn man die Geschichte in ihrer Gesamtheit mal genau betrachtet. Denn sie meint, die Echos von seiner Wut auch jetzt noch in seinen Augen auszumachen. Verhalten, ja – aber gegenwärtig. Hmmm, eine Erklärung wäre wohl angebracht, wenngleich Lisa nicht vorhat, zu ausschweifend zu werden. Schließlich ist sie hier – per Flugzeug! – angereist und ist mit einem Auto gefahren. Dreimal!
Was noch? Sollte er auch nur ansatzweise ahnen, welches Opfer dieses Zugeständnis für sie bedeutet hat, müsste dies genügen.
Nun, wenn sie ihn so anguckt, wartet der Trottel wohl auf viel mehr. Und so langsam wird Lisa klar, dass ihr die wahre Schlacht noch bevorsteht. Nicht unbedingt positiv! Dabei macht sich aus, dass sie bisher immer noch nicht weiß, wie ihr Wunschergebnis des bevorstehenden Streites aussieht. Trotz all der warmen, leidenschaftlichen Gefühle, die sie wirklich für ihn empfindet.
Was will sie denn nun genau? Derzeit befindet sie sich in einem verdammt fremden Land, wo sie so gut wie niemanden kennt und noch weniger versteht. Das bisschen, das sie gestern von Tampa gesehen hat, wirkte nicht unbedingt anheimelnd. Zumindest nicht für einen Menschen, der den Großteil seines bisherigen Lebens in den ehemaligen Arbeitervierteln Berlins zugebracht hat. Zu weit, zu grell, viel zu aufgesetzt, verlogen und spießig.
Für immer hier leben? Für immer bei ihm? In einem Staat, den sie verabscheut, mit Menschen, die sie für naiv bis strohdumm hält, unter einer Regierung, die ihrer Ansicht nach die Ausgeburt der nicht vorhandenen Hölle mimt?
Will sie das tatsächlich? KANN sie es denn?
Obwohl bisher nicht einmal annähernd die Sprache darauf gekommen ist, geht Lisa genau in dieser Sekunde auf, dass ihr eine Entscheidung bevorsteht, die sie eigentlich nicht treffen will. Das paralysiert sie tatsächlich. Nachhaltig.
Mit offenem Mund sitzt sie vor dem Obermacho, der sie nicht aus den Augen lässt, während die vielen, vielen Wenns und Abers in ihren Kopf einen Tanz aufführen. Und zwar einen Wüsten, Urtümlichen – möglicherweise Afrikanischen. Mit Trommeln und stampfenden Rhythmen, unsteten Bewegungen und keinem wie auch immer gearteten Plan – jedenfalls, wenn man sich mit den Riten nicht auskennt.
Was soll sie tun?
Was will sie denn
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