Starke Frau, was nun?
deutet er ihre Miene goldrichtig.
»Habe ich deinen Erwartungen entsprochen, Honey?« Das kommt wieder in diesem extra dunklen Knurren. Soll wohl sexy wirken oder so.
Sie nickt. »Umfassend. Und zwar seit unserer ersten Begegnung. Du bist verdammt treffsicher!«
»Das freut mich!«, strahlt er und mimt im nächsten Moment wieder ganz den Chef. »Bisher hattest du bei der Gestaltung ziemlich freie Hand und das lief ganz gut.«
Ha! Ganz gut! Sie hat die besten Quoten in dem Laden!
Ihre Grimasse wird stoisch ignoriert. »Dennoch sollten wir deine derzeitige Arbeitsweise gemeinsam überdenken und etwas modifizieren. Jedenfalls dort, wo es angebracht ist.«
Aha, jetzt kommen sie der Sache schon näher; Lisa lässt den Heini nicht aus den Augen. Mist ist, dass ihre Klamotten immer noch ziemlich nass sind, und so sehr sie Wolle auch mag, feucht juckt die unangenehm auf der Haut. Sie möchte sich an fünf Stellen gleichzeitig kratzen und beherrscht sich mit allem, was sie an Selbstdisziplin zu bieten hat. Und das ist nicht unbedingt wenig.
Der testosteronverseuchte Knilch quatscht währenddessen ununterbrochen. Erstaunt ist sie nicht, dass er das gern tut. Das durfte sie ja gestern bereits live erleben.
»Du hast keinen echten Plan, bist kaum hier. Deine derzeitigen Vorabrecherchen tendieren gegen null. Soweit ich das sehe, bist du überhaupt nur zur Sendezeit anwesend.« Mit unbewegter Miene lehnt er sich zurück. »That’s no handwerklich gute Arbeit.«
Neben dem Jucken, das übrigens mit jeder Sekunde grauenhafter wird, schwillt Lisa langsam, aber sicher der Kamm. Was denkt der Typ sich eigentlich? Eilig versteckt sie ihre Hände unter den Armen; die sind nämlich inzwischen feste Fäuste. Es entgeht ihm nicht, denn mit einem Mal grinst er ziemlich zufrieden, wofür sie ihn auch schlagen will. Aber sie ist ruhig. Ehrlich! Selten war sie gelassener!
»Ich will Schwung in den Laden bringen«, erklärt er soeben.
Klar, vielleicht soll sie demnächst allabendlich einen Bauchtanz aufführen. Dem Heini ist schon klar, dass sie hier Radio machen, kein Fernsehen? Ahhh, wahrscheinlich will er ab sofort mit Webcams arbeiten; macht ja mittlerweile ohnehin fast jeder Radiosender ...
»Wir werden jeden Tag ein Topthema benennen. Später arbeiten wir auch mit Studiogästen.«
»Das dürfte ziemlich eng werden«, wirft sie ein.
Er schaut auf. »Yeah, of course ...« Nachdenklich kratzt er sich seinen Bart am Hals. Der Typ hat sich immer noch nicht rasiert. »Später«, meint er schließlich. »Das hat noch Zeit.«
»Und watt dann? Willste anbauen?«
Chris hält inne, betrachtet sie mit seltsamer Miene, fährt dann jedoch fort. »Tagsüber werden wir viel unterwegs sein, schließlich müssen wir Themen auftun. Ich weiß, das erledigen sonst die Außenmitarbeiter, aber ich favorisiere noch die eigene Arbeit; umso authentischer wird das Ganze. Die Leute merken, wenn du nicht wirklich bei der Sache bist. Außerdem ... « Grinsend lehnt er sich zurück. »... stehen sie auf unsere Debatten und wir sollten sie nicht enttäuschen, right?«
Ausdruckslos mustert sie ihn und denkt nicht mal daran, etwas zu erwidern. Irgendwann hebt er die Augen gen Zimmerdecke. »What’s the matter? Hat man dir plötzlich die Sprache gestohlen? Das wäre schlecht, you know?« Als sie immer noch nicht antwortete, seufzte er. »Okay, ich habs kapiert. Es ist ein Überfall, schon klar ...«
»Nein!«, zischt sie plötzlich. »Du verstehst überhaupt nichts!«
»Ahhh, es kann doch sprechen.« Ungerührt strahlt er sie an, und Lisas Kamm ist endlich doch bis Ultimo angeschwollen. Außerdem nimmt das verdammte Jucken langsam überhand. Zunehmend will sie sich in diesem Stuhl winden; die Lehne ist schön spitz, perfekt! Und dass sie diesen Umstand nicht nutzen kann, macht sie noch ein wenig aggressiver.
»Das ist meine Sendung, klaro? Seit vier Jahren! Als ich sie übernahm, hatten wir so gut wie keine nennenswerte Quote. Ich habe sie zu dem gemacht, was sie heute ist. Meine Hörer sind ... anders! Du kannst nicht mit diesem Mainstreamscheiß kommen!«
Während ihrer Tirade sieht er sie unverwandt an. »Ich verstehe.«
»Mach dich nicht über mich lustig! Du kapierst nichts!«, faucht sie weiter. »So zerstörst du sie! Die Leute werden in Scharen abschalten!«
»So? Hast du die Mails gelesen? Ich finde das ganz und gar nicht.«
Wegwerfend schwenkt Lisa eine Hand. »Diese Mails interessieren mich einen Scheißdreck!«
»Siehst du, das
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