Starker als dein Tod
lag, lief ihm der Schweiß über das Gesicht. Ihr einziger Gedanke bestand darin, dass er nicht wie ein Sträfling aussah. Sie fragte sich, ob ihrem Vater damals die gleichen Dinge durch den Kopf gegangen waren, als er eine Grenze überschritten hatte …
Zack nahm ihre Hand. Emily versuchte sich loszumachen, woraufhin er ihr einen scharfen Blick über die Schulter zuwarf. „Wenn ich dir helfe, ist es leichter für dich, es bis zu der Anhöhe zu schaffen.“
Seine Hand war warm und umschloss die ihre vollständig, als er sie den steilen Anstieg hinaufführte. Emily bemühte sich angestrengt, nicht daran zu denken, wie sehr sie Zacks Berührung genoss.
Keiner von beiden sprach ein Wort während ihres Aufstiegs zum Felsgrat. Die einzigen Geräusche waren das Rauschen des Windes in den Ästen und das Stapfen ihrer Schuhe im Schnee. Doch Emilys Gedanken rasten. Sie fühlte sich nicht nur von diesem Mann angezogen, sondern sie begann auch, ihm zu vertrauen. Und Vertrauen war ebenfalls eine gefährliche Sache.
„Es sollte nicht mehr allzu lange dauern, bis wir
Signal Research and Development
erreichen.“ Zack, der ihre Hand losgelassen hatte und einige Schritte vorangegangen war, hielt inne und wartete, dass sie ihn einholte.
Emily vermied jeglichen Blickkontakt mit ihm, als sie neben ihm stand. „Falls wir dort hineinkommen, ohne erschossen zu werden – nach was genau sollen wir suchen?“
Zack kniff die Augen zusammen. „Ich möchte nicht, dass du dort mit mir hineingehst, Emily. Diese Mistkerle meinen es ernst, und ich will nicht, dass du in die Schusslinie gerätst.“
Die Aussicht darauf, bewaffneten Sicherheitskräften gegenüberzustehen, war mehr als beängstigend, um es mal harmlos auszudrücken. Aber dann erinnerte sie sich an all die Männer, die ermordet worden waren, und die Furcht wurde von einer raschen Aufwallung von Entschlossenheit verdrängt. „Da befinde ich mich bereits“, sagte sie.
„Du hast hier nicht das Sagen“, fuhr er sie an.
„Für mich steht hier genauso viel auf dem Spiel wie für dich“, schoss sie zurück.
„Du bist Zivilistin. Das hier ist mein Auftrag.“
„Ich habe das Recht, meine Reputation wiederherzustellen!“
Er wirkte, als würde er weiter streiten wollen, doch dann sah er stattdessen zur Seite. Verbissen dreinschauend wandte er sich ihr wieder zu. „Wenn ich nicht deine Hilfe bräuchte, würde ich dich um nichts in der Welt mitnehmen. Zu deinem Pech brauche ich jedoch deine Hilfe.“
„Wonach sollen wir suchen, wenn wir erst einmal drin sind?“, wiederholte Emily ihre Frage.
„Nach allem, was eine Verbindung zwischen
Lockdown
und
Signal
herstellt. Nach allem, was auch nur ansatzweise verdächtig erscheint.“
„Ich nehme an, du hast irgendeinen klugen Plan, wie wir in das Gebäude gelangen.“
„Ich arbeite dran.“
In den wenigen Minuten, die sie nun rasteten, war Emily immer kälter geworden. Ihre Hände und Füße fühlten sich taub an. Die schneidende Kälte ließ ihre Wangen und ihre Nasenspitze brennen. Zack stand etwas von ihr entfernt. Gerade so konnte sie seine Gesichtszüge erkennen. Diesen wundervollen Mund. Die schwarzen Bogen seiner Augenbrauen. Er musterte sie. Sie hatte keine Ahnung, was er dachte oder fühlte, doch sie spürte, wie sie auf ihn reagierte. Die Erinnerung daran, wie sich seine Lippen auf den ihren angefühlt hatten, stahl sich in ihre Gedanken …
„Du zitterst.“ Zack trat einen Schritt zurück und deutete nach vorn. „Wir müssen in Bewegung bleiben.“
Emily zitterte noch immer, als sie den Felsgrat entlangmarschierten. Aber das Beben hatte nicht nur mit der Kälte zu tun. Zack Devlin berührte sie auf eine Weise, wie sie kein Mann zuvor berührt hatte. Sogar im Angesicht eines solch gefährlichen Unternehmens wie dem Einbruch in eine Hochsicherheitsforschungseinrichtung konnte sie nicht umhin, an den Kuss zu denken. Sie wusste, dass es verrückt war. Und obwohl sie durchgefroren, müde und verängstigt war, nahm sie deutlich die Anziehungskraft wahr, die er auf sie ausübte. Und die immer größer wurde.
„Seit wann bist du Agent bei MIDNIGHT?“, fragte sie.
Prüfend betrachtete er sie. „Seit fünf Jahren.“
„Arbeitest du immer undercover?“
„Täuschung ist meine Spezialität“, antwortet selbstironisch lächelnd. „Ich bin ein guter Lügner.“
„Ich schätze, das musst du sein, um vier Monate an einem Ort wie
Bitterroot
zu überleben.“
„Es waren die längsten vier Monate meines
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