Starker als dein Tod
Angst empfindend, als er zugeben wollte, ließ Zack Emily los. Er sah auf die auf dem Schreibtisch verstreuten Unterlagen. „Verdammt noch mal.“
Emily griff nach den Papieren, doch Zack hielt sie auf. Ihm war bewusst, dass es nur ein dummer Impuls war, aber er wollte nicht, dass sie irgendetwas anrührte, was auch nur im Entferntesten mit RZ-902 zu tun hatte. Wenn sie geschnappt wurden, hatte Emily nur eine Chance, lebend aus der Sache herauszukommen: Sie musste sie überzeugen, dass Zack sie als Geisel genommen hatte.
Er stopfte die Dokumente gerade in seinen Hosenbund, als ohne Vorwarnung die Bürotür aufging. Zack erhaschte den Blick auf die Silhouette eines Mannes. Das Aufblitzen einer Taschenlampe. Geräuschlos wandte er sich Emily zu, schlang seine Arme um sie und zog sie mit sich zu Boden.
„Gib keinen Mucks von dir“, flüsterte er.
„Wer ist da?“, rief eine männliche Stimme. „Zeigen Sie sich oder ich schieße.“
Er war Emily so nahe, dass er das rasche Heben und Senken ihrer Brust fühlte und ihren warmen Atem an der Wange. Er spürte, wie Panik sie übermannte. Sie würde gleich anfangen zu hyperventilieren. Wenn ihr Atem lauter werden sollte, würde der Mann sie sicherlich hören …
Der Lichtkegel der Taschenlampe zuckte über die Oberfläche des Schreibtischs, ihr einziger Schutz vor der drohenden Entdeckung.
„Was jetzt?“, wisperte sie.
„Ich glaube, der wissenschaftliche Ausdruck dafür heißt rennen.“ Er rückte von ihr ab und lächelte sie an. „Auf mein Zeichen sprinten wir zur Tür.“
„Welches Zeichen?“
„Das merkst du dann schon.“ Ein weiteres Lächeln konnte er sich nicht abringen. Zacks ganzer Körper spannte sich an. Wenn dieser Frau irgendetwas geschah, würde er sich das nie verzeihen können.
Ein letztes Mal schaute er sie an, dann verlagerte er leicht sein Gewicht, schob die Hand in die Tasche an seinem Gürtel und holte seine letzte Rauchgranate heraus. Er hatte sie als letzten Ausweg für eine Notsituation aufbewahrt. Und die war jetzt eingetreten.
Ohne Emily aus den Augen zu lassen, zog er den Zünder, zählte leise bis drei und warf die Granate in die Richtung, aus der die Stimme des Mannes gekommen war. Mit einem dumpfen Geräusch fiel sie auf den Boden und rollte weiter.
„Was zur Hölle ist …“
Ein Krachen erschütterte den Raum und für einen Moment war Zack taub. Rauch und Qualm waberten auf und hüllten sie in völlige Dunkelheit. Zack sprang auf und zerrte Emily auf die Füße. „Lauf!“, rief er.
Sie hetzten durch das Zimmer und hinaus in den Flur. Gedämpftes Licht und frische Luft umfingen sie. In Zacks Ohren klingelte es, dennoch konnte er das laute Schreien hören, das von unten aus dem Gang kam. Lichtkegel von Taschenlampen durchzuckten die Düsternis. Seine Angst nahm zu, als er begriff, dass ein paar Männer den Knall gehört hatten und sich schnellen Schrittes näherten.
„Hier lang!“, flüsterte er und riss Emily zurück in den Raum.
Drinnen wandte er sich um und verschloss die Tür. Die Granate hatte ihren Zweck erfüllt und den Raum in dicken schwarzen Rauch getaucht. Der Mann taumelte herum und stieß gegen das Mobiliar. „Wer ist da?“, rief er.
Dann durchschnitten Schüsse die Luft. Fluchend drängte Zack Emily zu den am entferntesten liegenden Fenster. Der Mann konnte sie unmöglich sehen. Trotzdem könnte er einen Glückstreffer landen.
„Was tust du?“, fragte Emily panisch, sowie sie das Fenster erreichten.
„Du kletterst jetzt da raus!“ Ohne auf eine Antwort zu warten, griff Zack sich einen der herumstehenden Stühle und zerschlug die Scheibe. „Los!“ Er hob Emily hoch und schob sie ans Fenster, wobei er hoffte, dass sie den eventuell zurückgebliebenen Glaszacken ausweichen konnte. Zierlich, wie sie war, schlängelte sich Emily relativ mühelos durch die Öffnung. Nachdem sie es geschafft hatte, stellte sich Zack auf den Stuhl. Hinter sich hörte er Schläge an der Tür. Rufe, die aus dem Gang drangen. Er wusste, dass das Sicherheitspersonal mit Funkgeräten ausgestattet war. Es wäre nur eine Sache von Sekunden, bis sie begriffen, dass die geheimnisvollen Eindringlinge das Gebäude verlassen hatten.
Zack zwängte seinen Körper durch das Fenster, wobei das Glas unter seinem Gewicht splitterte und die scharfen Zacken den Stoff seines Mantels aufrissen. Er fühlte, wie sich eine Scherbe in seine Hand bohrte, verspürte vor lauter Anspannung und Angst jedoch kaum Schmerz. Wenn er stecken blieb,
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