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Starker als dein Tod

Starker als dein Tod

Titel: Starker als dein Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Castillo Linda
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nicht viel Zeit.“
    Eine einzige gelbe Lampe erleuchtete den Gang gerade so weit, dass sie die Schilder an den Türen lesen konnten. Aus der Ferne vernahm Zack das gelegentliche Knallen von Türen, was bedeutete, dass Leute im Haus unterwegs waren. Vermutlich fragten sie sich, warum der Strom ausgefallen war. Zweimal mussten er und Emily sich in eine Nische drücken, um nicht entdeckt zu werden. Einmal bei einer Frau mit Taschenlampe. Und dann bei zwei Sicherheitsbeamten mit Maschinengewehren in der Hand. Wenn es nicht so dunkel gewesen wäre, hätte man sie auf frischer Tat ertappt und dann …
    „Warum tragen diese zwei Typen Maschinengewehre in einer Firma für tiermedizinischen Bedarf?“, wisperte Emily, während sie wieder in den Flur traten.
    „Ich wette, dass dieser Ort nicht den kleinsten Hauch mit Tiermedizin zu tun hat.“ Dafür umso mehr mit chemischen Kampfstoffen und
Lockdown
, dachte er finster.
    Sie kamen an einem Fahrstuhl vorbei. Das
Bing
des Aufzugs warnte sie, dass hier gleich jemand auftauchen würde.
    „Mist, hier herrscht verdammt viel Betrieb für diese Zeit“, murmelte Zack. Er griff Emilys Arm und rannte zu dem Ausgangsschild am Ende des Flurs. Er stieß die Tür auf, und sie schlüpften genau in dem Moment in das dunkle Treppenhaus, als zwei Männer aus dem Fahrstuhl traten.
    „Das war knapp“, stellte er fest.
    „Zu knapp. Wie sollen wir finden, wonach wir suchen?“ Sie atmete schwer. Selbst in der Dunkelheit erkannte Zack, dass sie kurz vor einer Panikattacke stand. „Wir wissen nicht einmal, wo wir beginnen sollen.“
    „Beruhige dich, Emily.“
    „Ich soll mich beruhigen? Hier wimmelt es von bewaffneten Männern und du sagst mir, dass ich mich beruhigen soll?“
    Zack gefiel es nicht, sie so die Fassung verlieren zu sehen. Und es gefiel ihm mit Sicherheit nicht, sie so verängstigt zu sehen. Nicht Emily Monroe mit der großen Klappe, die bereit, willens und beinahe auch in der Lage gewesen wäre, ihn auf der Krankenstation des
Bitterroot Super Max
zu überwältigen.
    „Bisher weiß niemand, dass wir hier sind“, sagte er. „Wir haben ein paar Minuten. Wir sollten sie klug nutzen. Wir schauen, ob wir was finden, und verschwinden dann so schnell wie möglich, okay?“
    Bebend holte sie tief Luft und nickte dann. „Okay.“
    Er deutete zu der Treppe, von der er annahm, dass sie in den Keller führte. „Ich wette, das Archiv ist im Keller.“
    „Woher weißt du das?“
    „Menschen haben lieber Büros mit Fenster.“
    Sie nahmen immer zwei Stufen auf einmal, wobei ihre Stiefel auf dem Zement kaum ein Geräusch verursachten. Im Keller war es still, kalt und dunkel. Ein einzelnes rotes Ausgangsschild leuchtete am Ende eines langen Ganges. „Ich nehme die Türen zur Rechten“, befahl Zack flüsternd. „Du nimmst die zur Linken. Falls eine unverschlossen sein sollte, gib mir Bescheid und wir gehen gemeinsam hinein.“
    Emily nickte, und sie machten sich an die Arbeit. Zack war schon fast am Ende des Korridors angekommen und befürchtete, dass sich das ganze Unternehmen als Flop herausstellte, als der Türknauf sich drehte und die Tür aufschwang. „Ich bin drin“, sagte er und trat hinein.
    Der Raum war groß und hatte eine niedrige Decke. Er war vollgestopft mit Aktenschränken. Durch winzige Fenster fiel dürftig Licht von draußen herein. Der erste Schrank, an dem Zack es probierte, war verschlossen. Frust stieg in ihm auf. Er versuchte es an einem anderen, fand ihn aber ebenfalls versperrt vor. Mit einem unterdrückten Fluch sah er sich nach etwas um, mit dem er das Schloss aufbrechen konnte.
    „Ich glaube, ich habe hier etwas.“
    Er schaute zu Emily hinüber, die hinter einem ramponierten Schreibtisch stand, auf dem sich braune Aktendeckel stapelten. Auf einem Plastikschild an dem Ablagekorb stand: Zum Archivieren. Zack spürte, wie ein Grinsen in ihm aufstieg. Selbst in Firmen, die etwas zu verbergen hatten, schafften es manche Büroangestellte nicht, ihre Arbeit bis zum Feierabend komplett zu erledigen.
    Er ging zum Schreibtisch. Emily hatte eine der Aktenmappen auf der zerschrammten hölzernen Oberfläche ausgeleert und versuchte im schummrigen Licht die Papiere zu entziffern.
    „Dieses hier ist von
Lockdown“
, sagte sie.
    Aufregung ergriff Zack, als er die Taschenlampe aus dem Mantel holte, um das Dokument genauer betrachten zu können. Nachdem sich eine Sackgasse nach der anderen aufgetan hatte, hatte er ihre Unternehmung schon für hoffnungslos erklärt.

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