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Starker als dein Tod

Starker als dein Tod

Titel: Starker als dein Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Castillo Linda
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waren sie beide so gut wie tot.
    Im nächsten Moment hatte er sich vollständig durch die schmale Öffnung geschoben und landete auf Händen und Knien im Schnee. Die Nacht umarmte ihn wie ein kalter, aber guter Freund.
    „Oh mein Gott. Du blutest.“
    Zack blickte nach unten. Blut tropfte von seiner Hand. „Solange das nicht von einer Kugel kommt, werde ich mir darüber keine Sorgen machen.“ Rasch rappelte er sich auf und schaute sich um. Sie befanden sich an der Westseite des Gebäudes. Etwa zwanzig Meter entfernt standen zwei Geländewagen mit dröhnenden Motoren auf dem Parkplatz, die Abgase aus dem Auspuff waberten durch die eisige Nachtluft.
    „Wir brauchen einen Wagen“, sagte er.
    „Ich glaube nicht, dass wir …“
    Emily wurde von einer Kugel unterbrochen, die weniger als dreißig Zentimeter neben ihr in die Gebäudewand einschlug. Zack hörte sie aufschreien. Sah, wie ihre Hand zur Wange hochschoss. Angst überfiel ihn, als er das Blut entdeckte und fürchtete, dass sie getroffen worden war.
    „Emily!“
    „Ich bin … okay“, beruhigte sie ihn. „Ein Backsteinsplitter hat mich erwischt.“
    Zack warf einen Blick über die Schulter und bemerkte, dass der Scheinwerfer, der auf einem der Geländewagen montiert war, sich ihnen näherte. Sie hatten keine Zeit, ein Auto zu stehlen.
    Kurz entschlossen nahm er Emilys Hand und sprintete in Richtung des Lochs, durch das sie auf das Gelände gelangt waren.
    Wenn ihr Glück sie nicht im Stich ließ, konnten sie es vielleicht lebend hinausschaffen.

9. KAPITEL
    Emily rannte, wie sie nie zuvor gerannt war. Sie rannte, bis ihre Beine brannten. Bis sie dachte, dass ihre Lungen in Flammen stünden. Immer wenn sie glaubte, nicht mehr weiter zu können, trieb eine neue Welle von Adrenalin sie nach vorn. Sie hetzten über tief verschneite Felder. Durch Wälder mit dichtem Baumbestand und viel Gebüsch. Abwärts durch Bachläufe, die mit losem Geröll bedeckt waren. Über Eis und durch Bäche mit starker Strömung.
    Emily rannte, bis ihr Körper buchstäblich zusammenbrach. Auf einem schmalen Hohlweg mit Kiefernschösslingen stolperte sie. Kopfüber stürzte sie in den halben Meter tiefen Schnee.
    Einige Sekunden lang konnte sie nichts anderes tun, als Sauerstoff in ihre brennenden Lungen einzusaugen. Sie sah Zack, der neben ihr im Schnee zusammensackte, hörte sein schweres Keuchen und spürte ihr wild hämmerndes Herz, das sich fast überschlug.
    Ganz allmählich normalisierte sich ihr Atem, sodass sie zum ersten Mal das Geräusch strömenden Wassers in der Ferne wahrnahm. Den Schrei einer Eule, die auf einem Baum saß. Wie der Wind die winterkahlen Äste in knöchrige Finger verwandelte, die sich in den schwarzen Himmel reckten. Wie Zack sich erhob und brummend den Schnee von seinem Mantel und seiner Hose klopfte.
    Emily rollte sich herum und kam zitternd auf die Füße. „Wenn ich das hier überlebe, brauche ich einen Monat lang nicht mehr ins Fitnessstudio zu gehen.“
    Zack wich ihrem Blick aus. Er lächelte nicht. Tatsächlich schaute er bedrückt drein; so hatte sie ihn noch nie gesehen.
    „Was ist los?“, fragte sie.
    „Ich habe die Papiere fallen lassen. Die Unterlagen.“ Heftig fluchend wischte er weiteren Schnee von seinem Mantel. „Ich hatte sie in der Hand, doch als der Mistkerl anfing zu schießen …“ Verärgert schüttelte er den Kopf und stützte sich gegen einen Baum neben ihm. „Verdammt noch mal.“
    Emily wusste, dass Ärger zu nichts führte. Aber sie war erschöpft und verfroren und außerdem so verängstigt wie noch nie in ihrem ganzem Leben. Bevor sie überhaupt begriff, was sie da tat, stand sie schon vor Zack und rammt ihm ihren Zeigefinger in die Brust.
    „Du willst mir sagen, dass wir dort für nichts und wieder nichts eingebrochen sind?“
    „Genau das ist es, was ich sage.“
    Sie konnte es nicht glauben. Sie spürte, wie die Frustration in ihr wuchs. „Und du nennst dich einen Agenten? Wie konnte dir etwas so … Unprofessionelles passieren?“
    „Ich war damit beschäftigt, beschossen zu werden.“ Die Hände in den Taschen vergraben, wandte er sich abrupt von ihr ab und entfernte sich ein paar Schritte. Emily sah seinen Atem, der in einer eisigen Nachtluft kleine Wölkchen bildete. Allmählich erfasste sie, wie sehr ihn die Sache aus der Fassung brachte.
    „Es tut mir leid“, entschuldigte sie sich. „Ich hätte dir keine Vorwürfe machen sollen. Ich wollte dich nicht verärgern.“
    „Das hast du nicht“,

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