Starker als dein Tod
dich abholt.“
„Aber das kannst du nun nicht, weil du nicht weißt, wem du trauen kannst“, sagte sie.
Er nickte. „Ich muss herausbekommen, wer bei MIDNIGHT diese Mission verraten hat.“
„Bist du dir ganz sicher, dass jemand das getan hat? Vielleicht wurdest du auf eine andere Art enttarnt.“
„Die Agency ist extrem vorsichtig, Emily. Sie wissen, dass die Tarnung eines Agenten den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen kann.“
Ein kalter Schauder lief ihr über den Rücken, als sie begriff, wogegen sie antraten. „Hast du irgendwelche Feinde innerhalb der Agency?“
Er schüttelte den Kopf. „Nicht dass ich wüsste.“
„Wie viele Leute wissen von deiner Mission?“
„Nur eine Handvoll. Mein Boss Avery Shaw. Mein Kontaktmann, ein Innendienstler namens Tatum Massey. Die beiden Agenten, die mit mir ins
Bitterroot
eingeschleust wurden. Ein oder zwei Leute in der Verwaltung.“ Sein Blick traf den ihren. „All diese Leute wurden durchleuchtet und haben die höchste Sicherheitsstufe.“
„Warum sollte dich jemand verraten und in Kauf nehmen, dass du getötet werden kannst?“
Er schien einen Moment nachzudenken. „Geld ist das naheliegendste Motiv. RZ-902 ist eine große Sache, und der finanzielle Gewinn ist astronomisch.“
„Wie willst du den Verräter dann finden?“
„Auf die gleiche Weise, wie man eine Ratte fängt“, erwiderte er. „Mit einer Falle.“
Emily gefiel die Antwort ganz und gar nicht. Eine Falle erforderte einen Köder. Sie wollte gar nicht daran denken, was oder wen er als Köder verwenden mochte. Oder was es sie beide am Ende kosten könnte. „Was genau schwebt dir vor?“
„Ich suche mir ein Telefon. Rufe meinen vorgesehenen Kontaktmann an. Vereinbare ein Treffen. Wenn ich einen Hinterhalt entdecke, habe ich die Ratte gefunden.“
„Was, wenn die Ratte dich zuerst erwischt?“ Die Worte hinterließen einen bitteren Nachgeschmack in ihrem Mund. Sie stand auf und ging unruhig im Zimmer auf und ab.
„Das ist ein Risiko, das ich eingehen muss.“
„Zu gefährlich. Wir müssen einen anderen Weg finden“, sagte sie energisch.
„Es gibt kein ‚wir‘, Emily. Ich habe dir schon zu viel erzählt. Hier endet es.“
„Es ist mein Leben, von dem du da sprichst, Devlin. Mein Gewissen. Meine Karriere. Alles, wofür ich je gearbeitet habe.“
„Wir reden nicht von deinem Leben. Wir reden von deinem Tod.“ Etwas Dunkles und Erschreckendes flackerte in seinen Augen auf. „Und ich möchte daran keine Schuld tragen. Verstehst du das?“
„Ich werde hier nicht herumsitzen und nichts tun, während diese Menschen weiterhin foltern, verstümmeln und morden. Ich bin verdammt noch mal in die Sache verwickelt.“
„Was schlägst du vor?“
„Ich weiß es nicht!“ Zu ihrem Entsetzen brach ihre Stimme. Sie wusste, dass die Müdigkeit ihr die letzte Kraft geraubt hatte. Sie war so erschöpft, dass sie nicht mehr klar denken konnte.
Damit Zack nicht bemerkte, wie nah sie einem Zusammenbruch war, ging sie in Richtung Badezimmer. Fast hatte sie die Tür erreicht, als eine starke Hand sie an der Schulter fasste und herumwirbelte.
„Ich möchte nicht, dass dir etwas geschieht, Emily. Aber damit ich für deine Sicherheit sorgen kann, musst du kooperieren.“
Tränen stiegen ihr in die Augen, und nur mühsam hielt sie sie zurück. Emily weinte nicht oft. Tränen waren für sie schon immer ein Zeichen von Schwäche gewesen. Doch sie war müde und verängstigt und so ratlos und verwirrt, dass sie nicht wusste, was sie als Nächstes tun sollte. Sie wusste nicht, wem sie trauen konnte.
„Ich ertrage den Gedanken nicht, dass diese Männer sterben, weil ich nichts unternommen habe, um das zu verhindern“, presste sie hervor.
„Das ist nicht deine Aufgabe.“
„Ich bin ein Teil von
Lockdown
. Ich arbeite seit drei Jahren im
Bitterroot
.“
„Du konntest nicht wissen, was dort vor sich geht.“
Sie wollte ihm nur zu gerne glauben, allerdings fühlte sie sich bereits in einem kleinen, irrationalen Teil ihres Kopfes für all die schlimmen Dinge verantwortlich. Sie blinzelte die Tränen weg, um ihn direkt anzusehen. „Ich stecke in der Sache mit drin, ob dir das gefällt oder nicht.“
„Du kennst die Tragweite des Ganzen nicht. Verdammt noch mal, du weißt nicht, worauf du dich einlässt.“
„Ich weiß genug. Ich werde nicht danebenstehen und es geschehen lassen. Ich kann das ab jetzt ebenso wenig, wie du das kannst. Ich muss das tun“, flüsterte sie.
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