Starker als dein Tod
Handschellen auf. „Ihr werdet damit nicht davonkommen.“
„Pass bloß auf“, warnte sie den Vollzugsbeamten. Als sie die Handfesseln los war, deutete sie auf die Zelle, in der Jake Vanderpol stand. „Schließen Sie auf“, befahl sie dem Sergeant.
„Warum zur Hölle hast du so lange gebraucht, Devlin?“, beschwerte sich Jake, nachdem der Sergeant die Zelle aufgesperrt hatte. Dann bemerkte er das Blut an Zacks Seite und verzog das Gesicht. „Scheiße, du blutest wie ein Schwein.“
„Wie schlimm ist es?“, wollte Kendra wissen und ging zu ihnen.
Seine Schusswunde kümmerte Zack wenig. „Sie haben Emily Monroe in die Testkammer gebracht“, sagte er. „Ich muss sie dort herausholen, bevor sie das RZ-902 ausströmen lassen.“
„Du bist nicht in der Verfassung, um jemanden zu retten, Devlin.“ Kendra schob den Sergeant in die Zelle und knallte die Tür zu.
„Sie hat recht, Devlin“, stimmte Jake zu.
„Ich habe keine andere Wahl“, erwiderte Zack und steuerte bereits auf die Tür zu.
„Worauf zur Hölle warten wir?“, sagte Jake zu Kendra, und sie folgten ihrem Kollegen.
Das Geräusch des tropfenden, geschmolzenen Wachses auf den Fliesen war Folter für Emily. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie fast besinnungslos vor Todesangst. In ihren Ohren hallte jeder Herzschlag wie das Geläute einer Totenglocke nach.
Von dort aus, wo sie festgebunden auf der Trage lag, hatte sie einen direkten Blick auf den Einwegspiegel, durch den man von der anderen Seite in die Testkammer schauen konnte. Sie fragte sich, ob Marcus Underwood, Clay Carpenter und der Mann von MIDNIGHT, der Zack verraten hatte, wohl irgendeine Art perverser Befriedigung verspürten, wenn sie ihr beim Sterben zusahen.
Zack.
Ein Schluchzen entfuhr ihr, als sie an ihn dachte, an all die Dinge, die sie niemals zusammen tun würden, an all das, was niemals sein würde. Und auch wenn sie hier und jetzt sterben würde, würde sie doch zumindest mit dem Wissen in den Tod gehen, dass sie jemanden mit ihrem ganzen Herzen, ihrem Körper und ihrer Seele geliebt hatte.
Das musste genug sein.
Das Tropfen des Wachses hatte aufgehört.
Emily schluckte einen weiteren Schluchzer hinunter, schloss die Augen und wartete darauf, dass die Schmerzen einsetzten.
Ohne Warnung platze Zack in den Vorraum der Testkammer. Den Sicherheitsbeamten schaltete er mit einem einzigen, gezielten Kopfschuss aus. Der Mann brach zusammen, ohne überhaupt aufgeschaut zu haben. Kendra eilte zu dem toten Mann und konfiszierte rasch seine Waffe. Jake Vanderpol rannte zu den Büros.
Mit gezückter Waffe lief Zack den engen Gang zum Beobachtungsraum entlang. Eine dunkel gefärbte Glasscheibe war in eine geflieste Wand eingelassen. Ein rotes Licht zeigte „In Betrieb“ an, und er wusste, dass Emily sich in der Kammer befand.
Ich bin zu spät
.
Der Gedanke überwältigte ihn beinahe, während er auf den Einwegspiegel zustürmte. Er konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass sie starb. Sie war das Einzige, was für ihn zählte. Nicht sein eigenes Leben. Nicht die Gerechtigkeit. Alles, was er wollte, war, dass sie am Leben blieb, weil er sich eine Welt ohne sie nicht vorstellen konnte.
„Devlin, nicht!“
Zack hörte Jakes Aufschrei, zögerte aber nicht. Zum Schutz gegen die Glassplitter bedeckte er das Gesicht mit seinem Mantel und warf sich gegen die Scheibe. Das Fenster zerbrach unter dem Aufprall seines Körpers. Scherben flogen wie rasiermesserscharfe Eisstückchen durch die Luft. Dann endlich war er in dem kleinen, gefliesten Raum. Emily lag festgebunden auf einer Trage. Tränen strömten aus ihren Augen. Ein Schrei entrang sich ihrer Kehle, als sie ihren Kopf hob und ihn ansah.
„Zack!
Nein!
Lauf! Das RZ-902 …“
„Still.“ Er zerschnitt die Gurte mit seinem Messer und zog Emily von der Liege. Der Drang, sie in die Arme zu nehmen, war schier übermächtig, doch Zack ging davon aus, dass das Gas sich bereits in der Luft verteilt hatte.
„Devlin, mach, dass du da rauskommst!“, brüllte Jake.
Aber Zack schob Emily schon durch die zerbrochene Scheibe und folgte ihr sofort. Auf der anderen Seite hielt Jake Vanderpol eine Pistole an Marcus Underwoods Schläfe. „Sie haben zwei Sekunden, mir zu sagen, wie man das Giftgas neutralisiert, oder ich werfe Sie in die Kammer und überlasse Sie der Hölle.“
Underwoods Augen traten hervor, und sein Kehlkopf hüpfte unruhig auf und ab. „W…wir haben den Feuerlöscher mit einem neutralisierenden Gas
Weitere Kostenlose Bücher