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Stars & Stripes und Streifenhörnchen

Titel: Stars & Stripes und Streifenhörnchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Streck
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Krieges.
    Nach Aufenthalten in der alten Heimat sehnten sich insbesondere die Töchter nach klugen und komischen US-Serien. Die jüngere sagte: »Das deutsche Fernsehen besteht ja nur aus Werbung für Handy-Klingeltöne«, und die ältere fragte sich, ob es in Deutschland nur zwei Synchronsprecher gäbe, die alles machen müssten. Überhaupt wunderten sich beide über die deutsche Vorliebe zum Synchronisieren, »und dann auch noch so schlecht«. Die Frau sprach »ihr werdet euch schon wieder dran gewöhnen«, und beide Töchter sagten synchron: »Never ever.«
    Das wirklich einzige, was wir in Amerika sechs Jahre lang vermissten, waren gute, bündige Nachrichtensendungen. Wir hätten uns nie träumen lassen, dass wir der muffigen Stehkragen-Tagesschau eines Tages nachtrauern würden. Never ever. Nachrichten sind nämlich in den USA kaum auszuhalten, wofür Bush ausnahmsweise nichts kann, weil Nachrichten auch unter Clinton nicht auszuhalten waren. Die Hauptnachrichtensendungen laufen um halb sieben, also genau um die Zeit, wenn vernünftige Menschen entweder noch arbeiten oder Feierabend-Biere trinken oder beides. Die Nachrichten wurden jahrzehntelang verlesen von Journalisten-Darstellern wie Ted Koppel, Tom Brokaw oder Dan Rather, die darüber reich und berühmt wurden. Und alt. Die Riege der amerikanischen Fernsehleute erinnerte stark an das Zentralkomitee der KPdSU, weshalb man sich zuweilen fragte, wer den Kalten Krieg nun eigentlich gewonnen hat. Sukzessive wurden die Greise zwar ersetzt durch knackfrische Mittfünfziger, die immer noch deutlich jünger sind als ihre Zuschauer. Das erklärt die hohe Frequenz von Werbung für Arthritis- und Potenz-Mittelchen in den Pausen.
    Ein einwöchiger Selbstversuch endete mit der erschütternden Erkenntnis, dass in diesen sieben Tagen in den Hauptnachrichten der drei großen Sender NBC, CBS und ABC nicht einmal Europa und Asien erwähnt wurde. Sehr wohl aber Paris Hilton und Britney Spears. Der durchschnittliche US-Zuschauer erfährt vom Weltgeschehen so gut wie nichts. Es sei denn, ein Tsunami vernichtet Südostasien oder ein deutscher Jugendlicher läuft in Erfurt Amok, oder tschetschenische Terroristen verüben ein Schulmassaker in Beslan. Katastrophen dieser Art schaffen es in die Nachrichten, schon weil Schulmassaker einen latent amerikanischen Bezug haben.
    Die dramatische Weltfremde gilt seltsamerweise auch für jene Stationen, die sich ausdrücklich Nachrichtensender nennen – CNN, Fox News und MSNBC. CNN kreist nur noch um sich selbst, Fox News ist ein schlechter Witz, weil inoffizieller Regierungssender der Republikaner. Und MSNBC, immerhin einäugig unter Blinden, schaut kaum einer. Aus amerikanischer News-Perspektive besteht die Welt aus Amerika und jenen Ländern, mit denen Amerika gerade Krieg führt. Wir haben das Glück, dass aus unserer Wunderbox auf dem schwarzen Trumm auch BBC kommt. Die meisten US-Bürger haben nicht dieses Privileg und genießen daher – nachrichtentechnisch – unser tiefstes Mitleid.
    Persönliche Begegnungen mit Fernsehschaffenden aus dem Informationsbereich trugen auch nicht eben zur Vertrauensbildung bei. Ein halbes Jahr nach unserer Ankunft in Amerika trafen wir in Washington in einem Restaurant zwei Herren, von denen sich einer als Mitarbeiter von Vizepräsident Dick Cheney vorstellte und seinen Kumpanen als den »bekannten konservativen Fernseh-Analytiker Tucker Carlson von CNN«. Herr Carlson trug eine Fliege, war aber nicht mehr in der Lage, sich selbst vorzustellen, weil er den Kanal voll hatte. Alles, was er noch zuwege brachte, war ein Bellen, und am liebsten hätte ich »Sitz« gesagt. Wir kannten Herrn Carlson bis dahin nicht und glaubten erst an einen Scherz, weil bellende Fernseh-Moderatoren eine in Europa zumindest aussterbende Spezies sind. Aber sein nüchterner Freund und Cheney-Mitarbeiter bestand darauf.
    Wir stritten ein wenig über Bush und Cheney und das Kyoto-Protokoll, Carlson bellte wiederholt, und nach einer Stunde nahm ihn sein Kumpel an die Leine, und sie verließen das Etablissement. Anderntags begegnete er uns wieder; die Frau rief: »Der Hund ist im Fernsehen«, und tatsächlich saß Carlson nun im Studio von CNN und moderierte die nichtsnutzige Talkshow »Crossfire«. Herr Carlson ist jetzt eine Art Star, wie überhaupt so gut wie alle Fernsehleute in Amerika Stars sind. Ein unheilsamer Trend, der leider auch Deutschland erfasst hat, wo selbst B-Sternchen als Stars gefeiert werden.
    Ein andermal, es

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