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schreien, aber sie schaut ganz gierig, ob noch irgendwo ein Rest Grütze zu sehen ist.
Tessa lacht. »Na ihr? Hattet ihr denn keinen leckeren Nachtisch bei Iris?«
Oh, das finde ich aber fies von Tessa, so über Mamas Essen zu lästern! Denn sie betont das Wort lecker ganz komisch,
und da ist es ja wohl klar, dass sie das nicht ernst meint. Dabei sind Mamas Gerichte tatsächlich voll lecker! Also, manchmal jedenfalls. Und überhaupt – lieber esse ich Mamas aufregendes Essen als so langweiliges Zeug, was immer bei Bentje auf den Tisch kommt.
Deshalb sage ich ganz schnell: »Doch, du! Und der Nachtisch war sogar so lecker, dass ich Mama gesagt habe, dass das bestimmt dein Lieblingsessen ist und sie deine Portion unbedingt bis heute Abend aufheben soll.«
Ich mache eine kleine Pause, um die Wirkung auf Tessa abzuwarten.
Die Wirkung ist toll. Tessa guckt wie eine Kuh bei Gewitter. Ihre langen, schwarzklunkerigen Wimpern klimpern hektisch. Ich rede zufrieden weiter.
»Und weil es ja dein Lieblingsessen ist, habe ich dir meine Portion auch noch geschenkt. Das fand Mama sehr großzügig von mir. Die beiden Schälchen stehen im Kühlschrank und warten auf dich.«
Ha, jetzt hab ich’s ihr aber gegeben!
Tessas Lippen kräuseln sich ganz wunderbar.
Javi neben ihr grinst. »Tessa, mi amorrr! Deine Schwesterrr macht nurrr eine Witz!«
»Haha, von wegen Witz«, grunzt Tessa und funkelt mich böse an. »Du hast ja keine Ahnung!«
Doch bevor Tessa aufspringen und sich auf mich stürzen kann, kommt Walter aus der Küche mit – juchhu! – einer noch halb vollen Schüssel mit Grütze und einer frischen Kanne voll lecker duftender Familiensoße.
»So, ihr Lieben, bitte schön! Wenn die Vanillesoße nicht reicht, kann ich noch mehr kochen.«
Walter Walbohm ist sooo nett! Dem macht das total Spaß, uns alle bei sich zu haben und mit Essen zu versorgen.
»Ach, war das langweilig hier, als ihr noch nicht nebenan gewohnt habt!«, sagt er immer.
Obwohl er da ja wenigstens Gregory hatte, der ganz oft bei Walter geschlafen hat, als er noch klein war. Weil seine Fernsehmutter ja immer lieber irgendwo im Fernsehen rumhopsen will. Echt, das finde ich ganz schön traurig. Der arme Gregory hat ja fast so viel verpasst wie die arme Bentje! Was so richtig tolles Familienleben angeht, meine ich.
Bentje hat zwar eine ganz liebe Mama und einen ganz lieben Papa und muss – im Gegensatz zu Gregory – nie allein zu Haus sein, aber trotzdem. Bei Bentje in der Familie passiert NIE was. Also jedenfalls stürzen da nie Dächer ein oder so. Bei denen ist jeder Tag total gleich. Ihre Mama kocht und wäscht und bügelt (ich wusste gar nicht, was Bügeln ist, bevor Bentjes Mama es mir erklärt hat), und Bentjes Papa arbeitet in irgend so einem Büro und kommt abends nach Hause und isst dann das, was ihre Mama gekocht hat, und danach guckt er Fernsehen. Und das jeden Tag. Voll langweilig. Bin ich froh, dass ich in unserer Familie zur Welt gekommen bin und nicht in Bentjes!
»Diese Familie ist eine echte Strafe!«, blökt meine große Klimperkuh-Schwester gerade und zupft ihren kleinen Schminkspiegel aus ihrer Handtasche und guckt, ob ihre schwarzklebrigen Wimpern auch noch klebrig genug sind und ihr Rote-Grütze-Mund noch rot genug ist. Oder ist das gar keine Rote Grütze da auf ihren Lippen?
»Komm, Javi, lass uns gehen!« Sie nimmt Javis Hand und zerrt ein bisschen daran. »Wir müssen doch noch die Zettel für Livi verteilen!«
Javi grinst schon wieder. »Wirrr? DU, mi amor, du!«
Oh, da guckt Tessa aber böse wie Gewitter und Mitternacht und Hexentreffen zusammen! Javi muss voll lachen. Und küsst sie mit einem dicken Schmatz auf den Mund.
Mann, da staune ich aber! So muss man also mit meiner größten Schwester umgehen? Denn nun hält Tessa plötzlich die Klappe und hat zwar ein ziemlich dusseliges, aber immerhin ein Lächeln im Gesicht.
Rema und Walter Walbohm lächeln auch. Aber wieso glotzen die sich dabei bloß immer nur in die Augen? Hm, die Großen sind echt merkwürdig.
»Also, kriegen wir jetzt was von der Grütze?«, frage ich mal ganz freundlich in die Runde.
»Hierrrr, komm, Kendrrralein«, schnurrt Ramón und schaufelt mir eine Riesenportion in ein Schälchen. Und dann schaufelt er auch noch eins für Bentje voll. »Bittää schön, Frrrraulein Bentje!«
Bentje und ich fangen zufrieden an zu mampfen.
Ich mag Tessas nette Spanier. Deswegen habe ich auch beinahe nichts dagegen, dass Ramón mich bei meinem vollen
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