Startschuss
deutlich hatte es bisher noch niemand formuliert. Aber jetzt, wo Lennart es so auf den Punkt brachte, leuchtete es allen
ein.
»Wie auch immer«, schloss Jabali die Runde. »Ich gehe zur Alten Fritz!« Und schon rannte er los.
Ein Dieb!
Für Michael war der Tag mit dem Desaster im 10 0-Meter -Lauf noch lange nicht beendet. Zwar wirkte die Medizin des Sportarztes super, aber sich okay zu fühlen oder fit für einen
Wettkampf zu sein, war ein riesiger Unterschied. Zwei weitere Wettkämpfe standen für ihn auf dem Programm: Weitsprung um 13 Uhr und Speerwerfen um 16 Uhr. Er fühlte sich gut genug teilzunehmen, aber längst nicht gut genug, um einen der Wettkämpfe zu gewinnen. Bis dahin blieben
nur noch knapp zwei Stunden. Wie sollte er in dieser kurzen Zeit zu seiner alten Form zurückfinden?
Vor ihm war Ilka dran mit ihrem ersten Schwimmwettbewerb. Auch sie hatte sich für mehrere Wettkämpfe gemeldet: 100 Meter Freistil und 100 Meter Schmetterling.
Die Schwimmhalle war nicht allzu weit entfernt und so war es für die Fünf Asse selbstverständlich, Ilka zu begleiten und sie
nach Kräften anzufeuern.
Auch von den Grünheimern kamen viele mit in die Halle, obwohl sie keine Schwimmerin in ihren Reihen hatten, die Ilka das Wasser
reichen konnte.
»Die kommen nur, um Ilka gegen jemand anderen verlieren zu sehen«, zischte Michael vor sich hin, während er mit bösem Blick
verfolgte, wie die Grünheimer die Halle betraten – und sich genau neben sie setzten. Eine echte Provokation. Auch Tom war
dabei. Selbst in der Wettkampfpause trug er ein ärmelloses Shirt, um seine Muskeln zu zeigen. Seine Haare hatte er in der
Mitte zu einem Kamm gegelt. Michael fand, er sah aus wie ein Gockel. Und er benahm sich auch so.
Tom grinste zu Michael hinüber. »Alles klar für nachher?«
Michael drehte sich weg, ohne zu antworten.
Doch Tom ließ nicht nach. »Mal sehen, ob Ilka genauso versagt wie du!«
Michael wollte sich gerade erheben, um Tom eine zu verpassen, doch Linh hielt ihn am Hosenbund fest. Michael blieb sitzen.
Aber so ganz konnte er Toms provozierende Art doch nicht unbeantwortet lassen.
»Diesmal gar keine Apfelschorle dabei, Großmaul?«
Tom runzelte die Stirn als ob er nicht wüsste, wovon Michael sprach.
»Wir haben dich durchschaut!«, warf Michael ihm noch zu.
Tom machte mit der Hand eine Scheibenwischerbewegung.
Plötzlich tauchte Ilka hinter Michael, Linh und Lennart auf.
»Was machst du denn hier?«, wunderte sich Linh. »Müsstest du nicht längst im Umkleideraum sein?«
Ilka nickte. »War ich schon. Das ist ja das Problem! Mein Badeanzug ist weg!«
»Wie weg?«, fragte Lennart.
»Weg! Nicht mehr da! Verschwunden! Futsch!« Und damit keine Missverständnisse auftauchten, ergänzte sie noch: »Geklaut!«
»Geklaut?« Michael sprang auf. Sein Blick huschte sofort hinüber zu den Grünheimern. Logisch, wer dahintersteckte!
»Nicht so voreilig«, bremste Linh ihn und fragte bei Ilka nach: »Du hast deinen Badeanzug bestimmt nicht vergessen?«
»Spinnst du?«, brauste Ilka auf. »Wir haben Wettkampf! Da vergesse ich doch nicht meinen Badeanzug! Das habe ich dreimal kontrolliert.«
»Und was machst du jetzt?«, wollte Lennart wissen.
Ilka sah ihn an, als habe er die ganze Diskussion nicht begriffen. »Was soll ich denn machen? Nichts kann ich machen. Ich
kann ja wohl schlecht nackt schwimmen! Und meinen Ersatzanzug rechtzeitig von zu Hause zu holen, das schaffst weder du noch
. . .« Sie zeigte mit dem Kopf zu Jabali, der sich gerade mit einem Eis in der Hand durch die Ränge drängte. ». . . noch Jabali.«
»Aber ich!«, betonte Linh und strahlte Ilka an.
»Du?« Jeder wusste, dass Linh zwar eine exzellente Judokämpferin und eine noch bessere Turnerin war – geschmeidig, wendig
und äußerst diszipliniert. Aber eines war sie gewiss nicht: eine Läuferin.
»Ich habe auch nicht vor zu laufen«, antwortete Linh den fragenden Gesichtern. Sie öffnete ihren kleinen Sport-Rucksack und
holte ihren Turnanzug hervor. »Ist zwar nicht optimal, aber besser als nichts. Und in etwa haben wir die gleiche Größe, schätze
ich mal.«
Ilka war sprachlos. Sie nahm Linhs Turnanzug und befühlte das Material. Linh hatte recht. So sehr unterschied er sich gar
nicht von ihrem Badeanzug.In einem normalen Schwimmbad wäre es niemandem aufgefallen, wenn sie mit diesem Turnanzug ins Wasser gegangen wäre. Aber ein
Wettkampf war etwas anderes. Da musste alles passen. Der
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