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StasiPolka (German Edition)

StasiPolka (German Edition)

Titel: StasiPolka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Pesch
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Seine Botschaft hieß, der alte Tüftler in Fredersdorf spielt nicht nur mit der Spielzeugeisenbahn, sondern kocht daneben noch ein schärferes Süppchen. Baranowski würde reagieren. 
    Der Wind ließ nach. Vincent startete den Motor und legte einen nordwestlichen Kurs an.

36
     
    Wie es schien hatte Graham den Hotelaufzug benutzt, der die Parkplätze im Kellergeschoß mit der Lobby verband. Er näherte sich der Sesselgruppe vorsichtig, niemand sonst war im rückwärtigen Teil der Halle zu sehen. Im ersten Moment spürte Vincent den starken Drang, dem Verursacher allen Übels zur Begrüßung seine Kaffeetasse an den Kopf zu werfen.
    Graham sah nicht mehr aus, wie der smarte Berater, dessen Foto Danko bei sich getr agen hatte. Schluss mit dunkelblauem Tuch und Budapester Schuhen. Nicht, dass er sich sonderlich verkleidet hätte, wahrscheinlich unterließ Graham es nur, seine Haare zu färben und Kontaktlinsen zu tragen. Jedenfalls stand vor Vincent ein älterer Herr im Anzug von der Stange, blasses Gesicht, mausgraues Haar, randlose Brille. Eine Plastiktüte mit Joghurtbechern, eingeschweißtem Brot und einem Kilo Bananen hätte gut zu seinem Aufzug gepasst.
    „Soll ich einen Pfefferminztee bestellen“, fragte Vincent.
    „Lassen Sie uns ein paar Schritte an der frischen Luft machen“, murmelte Graham und ging weiter.
    Vincent bezahlte und folgte ihm. Draußen schien die Sonne. Graham hatte den Ort für das Treffen geschickt gewählt, ringsum gab es reichlich Fluchtwege. Das Hotel steckte in einem Gebäudekomplex mit Büros, Läden und Restaurants. Die Parkebenen im Untergeschoss boten Ausgänge zuhauf.
    Der Vorplatz wirkte verlassen. Einige Meter entfernt wartete Graham am Ei ngang zur U-Bahn. Sie gingen die paar Stufen hinunter, durchquerten den Bahnhof, stiegen auf der gegenüberliegenden Seite wieder nach oben und spazierten dann an dem künstlichen Gewässer entlang, das den Haupteingang zur Messe umgab. Niemand zu sehen, der sie stören konnte.
    „Hat Catherine von mir gesprochen?“ Graham schaute Vincent von der Seite an. Sie bewegten sich auf den roten Backsteintower des alten Münchener Flughafens zu, der die Einebnung des Geländes überlebt hatte. Inmitten des modernistischen Einerleis aus Bürogebäuden und Messehallen stand er da, wie eine Erinnerung an gemütlichere Zeiten.
    „Katjas Hauptsorge galt Rea“, sagte Vincent, „dass Ihre Dummheiten das Mädchen in Gefahr brachten, war am Ende zu viel für sie. Sie ist in die Kugeln gelaufen, weil sie nicht mehr klar denken konnte.“
    Graham schwieg.
    „Katja hat mich eigentlich nur gerufen, um Rea aus der Schusslinie zu bekommen“, sagte Vincent. „Daraus wurde ein Krieg, in dem Leute starben. Andere werden noch sterben. Katjas Mörder werden sterben. Und Sie sterben auch, wenn Rea was zustößt.“
    „Nicht nötig, mir zu drohen, Cruz. Ich habe ohnehin mit allem abgeschlossen.“ Kam jetzt die elegische Tour?
    „Warum verstecken Sie sich dann?“
    „Bis Rea gekidnappt wurde, hoffte ich, da noch heil heraus zu kommen. Ich hä tte ihnen einfach das Geld hin geworfen. Aber diese Verrückten wollen das Geld und meinen Skalp dazu.“ Er hob die Schultern, ratlos, erstaunt, ein wenig empört. Katja hatte Graham treffend beschrieben. Er begriff die slawische Mentalität nicht, offenbar fehlte ihm jedes Gespür dafür, wie die Russen tickten.
    „Welche Verrückten? Meinen Sie Tunsky?“
    „Der ist doch nur ein Laufbursche.“
    Wenn er sich da mal nicht irrte. „Darüber können wir später reden“, sagte Vi ncent. Graham standen noch andere Überraschungen bevor, zum Beispiel, dass sie ihre Vaterschaften auseinander sortierten. „Jetzt machen wir uns zunächst in den Süden auf.“
    Graham holte tief Luft, sagte aber nichts. Vincent spürte seine Furcht. Sie pa ssierten die menschenleeren Eingangshallen des Ausstellungsgeländes. Ab und zu unterbrach das Geräusch eines Fahrzeugs die Stille. Dornröschens Schloss im Tiefschlaf. Zwei Wochen noch, bis zum Trubel der nächsten Messe. Graham strebte auf eine Parkbank zu, stoppte dann und sah zu einer Skulptur hinauf. Eine weiße Silhouette berühmter Alpengipfel setzte hoch über ihnen Patina an.
    „Kunst am Bau ist eine verbreitete Zwangsneurose bei Stadtplanern“, er flüchtete sich in Spott, wollte zeigen, dass er locker blieb. Doch es klang unecht. Graham hatte die Hosen voll, panische Angst, das Unausweichliche beim Namen zu nennen
    „Es gibt da einen Ausweg“, half ihm Vincent, „die

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