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StasiPolka (German Edition)

StasiPolka (German Edition)

Titel: StasiPolka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Pesch
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entfernten sich vorsichtig, gingen nahe der Wand, die Tunnelöffnung verschwand hinter einer Biegung.
    „Was nun?“ Graham flüsterte.
    „Schnell wieder raus. Gleich kommt ein Zug, und in ein paar Minuten haben wir hier die Polizei oder einen Suchtrupp der Bahn.“ Vincent beschleunigte, Graham folgte ihm wortlos.
    Dann links eine schmale Öffnung, die Verbindung zum Paralleltunnel. Sie gingen hinein und holten Atem. Hier würde sie kein Zug erfassen, aber sie saßen in der Falle. Gerade, als Vincent weiter gehen wollte, erklang aus der Ferne ein dumpfes Grollen, das rasch näher kam. Er ging in die Knie und drückte sich an die Wand, Graham hockte sich neben ihn. Scheinwerfer zerspalteten das Dunkel, der Luftzug riss an Haaren und Kleidung, beleuchtete Waggons rasten vorbei. Dann das Kreischen der Bremsen, als der Zug sich der Station näherte. Vincent griff nach Grahams Arm und zog ihn hinüber auf die andere Tunnelseite. Vermutlich dauerte es zehn Minuten, bis der nächste Zug aus der gleichen Richtung kam. Graham ließ alles mit sich geschehen, stolperte im Dunkel hinter Vincent her.
    Weiter vorn schimmerte Licht. Sie trabten los. Eine schmale Versorgungsbucht tat sich auf, Kabelrollen, herumliegendes Werkzeug, ein Gang, der nach links führte. Vielleicht irgendein Bautrupp bei Ausbesserungsarbeiten. Ob sie ihn aufzuhalten ve rsuchten, wenn er ihnen mit Graham in die Arme lief? Vincent ließ es darauf ankommen. Besseres würden sie nicht finden.
    Zwei, drei Meter geradeaus, dann rechts um eine Ecke, einige Stufen hinauf, durch eine offen stehende Metalltür in  einen Kellerraum. Rohre, Armaturen, ein schm aler Tisch, Blechspinde, niemand zu sehen. An der Wand ein paar Kleiderhaken, Plastikhelme und graue Kittel; die Versuchung war groß, was mitzunehmen. Hinter der nächsten Tür führte ein enger Treppenschacht nach oben, dann wieder eine Metalltüre, nur angelehnt. Weiter weg hörte man Männerstimmen, Derbheiten, Gelächter. Vincent schlug sich den Staub von der Kleidung und wandte sich Graham zu.
    „Was auch passiert, Maul halten.“ Graham nickte und richtete seine Krawatte. Vincent drückte die Tür weiter auf.
    Ein kahles weißes Treppenhaus, breite Stufen führten weiter nach oben, eine Glastür in Freie, rechts massive, verriegelte Metalltüren. Großformatige Kombinationen von Zahlen und Buchstaben an den Wänden, dazu die gängigen Logogramme für Toiletten und Notausgänge. Kein Zweifel, dies war der Eingang zu einer Ausstellungshalle. Sie befanden sich im Messegelände.
    Vor der Glastür parkte ein roter Lieferwagen, ein schnauzbärtiger Mann saß in der g eöffneten Seitentür und kaute an seinem Sandwich, zwei jüngere Burschen standen dabei und machten Sprüche.
    Vincent ging auf sie zu. „Wo finden wir Halle vier?“
    Sie fühlten sich gestört. „Da ist niemand“, sagte der Ältere.
    „Damit könnten Sie recht haben“, sagte Vincent, „in diesem Laden klappt s owieso nichts. Man wird herum gereicht wie Falschgeld, dabei sitzt uns Siemens im Nacken. Da droht Ärger.“
    Wer will schon Ärger mit dem bayrischen Vatikan? Der Fahrer wies nach links. „Da runter, dann rechts. Ist ausgeschildert.“ Seine gute Laune war dahin. Ende der Brotzeit, die beiden Helfer trotteten bereits zurück ins Gebäude. Vincent sah zu, dass sie um die nächste Ecke kamen.
    Der Haupteingang wirkte verlassen, alle Ausgänge verriegelt. Hundert Meter weiter nördlich sah er ein offenes Tor, zwei Uniformierte fertigten den Lieferverkehr ab. Einer stellte sich in den Weg, als sie näher kamen.
    „Passierschein?“
    Vincent versuchte es noch einmal. „Hier soll ein Film gedreht werden. Für Si emens.“ Er sah dem Mann in die Augen, lächelte. „Die anderen sind noch dahinten zugange. Wir gehen schon voraus. Rüber ins Cafe.“ Der Wächter blickte misstrauisch. Von draußen näherte sich ein weißer Kleinlaster, bremste ab, hupte. Skandinavisches Kennzeichen. Der Wachmann zögerte noch. Sein Kollege reagierte nicht. Zweites Hupen. Jetzt verlor der Wachmann die Geduld, drehte sich dem Störenfried zu, winkte sie durch. „Beim nächsten Mal bleiben Sie besser zusammen.“
    „Den Trick mit Siemens kannte ich noch nicht“, sagte Graham.
    „Funktioniert nicht immer. Aber in München Siemens zu erwähnen, wirkt etwa so, als würde man in Südafrika von einer persönlichen Begegnung mit Nelson Mandela berichten. Niemand glaubt einem so recht, aber es könnte ja irgendwas dran sein.“
    Sie bogen um die Ecke,

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