StasiPolka (German Edition)
legte auf.
Gut, dass Margriet gleich nach Brüssel gekommen war, dachte Vincent. Sie kannte seine Tochter besser als er und würde ein Stück Alltag in Reas Leben zurück bringen.
Er lehnte sich zurück. Es gab keinen klaren Plan, alles hing davon ab, wie dri ngend dem Killer daran gelegen war, Anna Schiller zu beseitigen. Wenn sie ohne Umwege nach Hause fuhr, konnte sie kurz nach acht in Baden sein. Vincent würde sich zu ihr gesellen, zwei Köder in einer offenen Falle. Abwarten, was geschah. Eine Waffe hatte er dabei, aber sie war nur Dekoration. Etwas, das man ihm wegnehmen konnte.
Er starrte auf Hanssons Hinterkopf und dachte an Feodors Rat, den Dingen ei nfach ihren Lauf zu lassen. Hätte Katja das gewollt? Konnte sein, vielleicht auch nicht.
Das hier tat Vincent wegen der sonnigen Nachmittage am Seddiner See, der Nächte in seiner Plattenbaukammer und wegen ihres Blicks, als Katja unter seinen Händen verblutete. Und natürlich tat er es auch für sich. Es würde für immer an ihm nagen, wenn er jetzt aufgab.
Das Handy schnarrte. Sergei.
“Feodor sagt, alles ist gut gegangen.” Das war eher eine Frage.
„Ja, es ist vorbei“, sagte Vincent, „das Geld ist verteilt, ich habe Rea zurück und Tunsky liegt bei den Fischen.“
„Wie war es in Berlin?“
„Teichmann erzählt nicht alles, was er weiß“, sagte Vincent, „ich glaube, er hat einen Verdacht. Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr.“
„Da hast du recht.“ Er zögerte. „Feodor sagt, du willst Anna Schiller besuchen?“
„Vielleicht rückt sie mit was heraus. Immerhin hatte sie die buchstäbliche Leiche im Keller.“
Kein Lachen über diesen Kalauer. „ Was weiß die alte Vettel schon.“
„Mag sein“, sagte Vincent. „Ist ja nur ein Versuch; morgen früh fliege ich nach Hause.“
„Dann sehen wir uns, Feodor will mit mir reden.“
„Wo steckst du eigentlich“, fragte Vincent.
„Auf dem Weg nach Zagreb. Von dort nehme ich die erste Maschine nach Brü ssel.“
„Bis dann also.“
Vincent fuhr langsam an Haussers Anwesen vorbei. Die Villa lag in tiefem Schatten, das Restlicht des Tages wurde nahezu gänzlich von den alten Laubbäumen ringsum verschluckt. Hinter den Erdgeschossfenstern schimmerte Licht. Madame war also eingetroffen. Diesmal gab es keine Indianerspiele, er parkte den Leihwagen eine Strasse weiter, ging zum Haus zurück und klingelte.
Nichts tat sich. Er drückte wiederholt den Klingelknopf. Tief im Innern des Hauses erklang das Ding-Dong eines Elektrogongs, ansonsten blieb alles still. Vincent ging um das Haus herum und spähte durch das erleuchtete Küchenfenster. Anna Schiller war offenbar dabei gewesen, eine Käseplatte anzurichten. Auf dem Küchentisch stand griffbereit eine Flasche Southern Comfort, daneben ein halbvolles Cocktailglas. Von der Frau keine Spur.
Terrassentüre und Fenster wirkten fest verriegelt, besser er versuchte es gar nicht erst. Zum Garagenschuppen hinten im Garten führten frische Reifenspuren. Der Kies knirschte unter Vincents Füßen, als er ihnen nachging. Aus einem Spalt in der verwitte rten Holztür drang schwaches Licht, etwas bewegte sich im Innern. Er schob die Türe ein Stück weit auf.
Anna Schiller saß auf einem Holzklotz, sie trug einen kurzen Jeansrock, war ba rfuss und hatte sich offenbar in Berlin blonde Strähnen ins Haar färben lassen. Jemand hatte braunes Packband über ihren Mund geklebt und ihre Handgelenke mit Kabelbinder gefesselt. Sie starrte Vincent mit weit aufgerissenen Augen an.
Wa s für eine kindische Falle. Ihre Hände waren vor dem Körper zusammen gebunden, sie konnte sich jederzeit befreien und das Tape vom Mund reißen. Vincent ging einen Schritt in den Schuppen hinein und spannte die Nackenmuskeln an.
„Sie hätten Ihren Drink mitnehmen sollen“, sagte er, „es muss langweilig sein, in di esem Loch auf mich zu warten.“
„Gut gemacht, Anna“, der Lauf einer Waffe drückte hart gegen die we iche Stelle unter Vincents rechtem Ohr, die Stimme des Mannes kam ihm bekannt vor.
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„Greifen Sie ruhig zu“, sagte Anna Schiller und deutete auf die Käseplatte, „alles aus Rohmilch. Am besten passt ein Bier dazu. Wollen sie eins?“
Vincent nickte. Sein Gesicht brannte, im Mund der süßliche Geschmack von Blut, aber es war nicht weiter schlimm. Einer von Wolfs Männern hatte spontan zugeschlagen, als Vincent sich ihnen im Garagenschuppen zuwandte. Vermutlich war er im Stahlwerk dabei gewesen. Jetzt saß Vincent in Haussers
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