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StasiPolka (German Edition)

StasiPolka (German Edition)

Titel: StasiPolka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Pesch
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Esszimmer, eingeklemmt zwischen der Wand und dem ovalen Esstisch, Bauch und Beine an den Stuhl gefesselt. Die Kante der Tischplatte drückte gegen seine Rippen.
    „Lass deine Hände so auf dem Tisch liegen, dass ich sie sehen kann.“ Weiter hinten im Wohnzimmer hob ein schmaler Dunkelhaariger seine Pistole und legte kurz auf Vincent an; das Flackern des Fernsehers spiegelte sich in seinen Brillengläsern.
    „Schon gut Günter.“ Anna Schiller ging zu dem Mann hinüber, strich ihm flüchtig über das Haar. „Willst du auch was?“
    „Wenn ich dich sehe, fällt mir nur eins ein“, sagte Günter.
    „Ich kann´s mir denken.“ Sie gackerte los, als habe er den Witz des Jahrhunderts zum Besten gegeben, und verschwand mit wackelnden Hüften in Richtung Küche. Wieder mal jemand, der es nicht schaffte, mit Anstand zu altern.
    Sie kam mit dem Bier und ihrem Southern Comfort zurück, stellte die Flaschen auf dem Tisch ab und ging hinüber zur Anrichte, um Gläser zu holen. Damals, als Katja angeschossen wurde, hatte Vincent kaum auf Anna Schiller geachtet, jetzt erlebte er sie zum ersten Mal aus der Nähe. Scharfe Trinkerfalten, schmale Geldzählerlippen, lede rbraune Haut, aber ihr Körper war straff und mager, sie hielt sich gerade, streckte das Hinterteil heraus, ein abgebrühter Feger, der in die Jahre gekommen war. Was sie an Make Up und Schmuck trug, hätte ausgereicht, einen Trupp Hostessen kampfbereit auf eine Möbelmesse zu schicken. Kein Wunder, dass sie Graham und andere Dummköpfe am Schwanz durch die Gegend gezogen hatte.
    Sie goss ein, hockte sich auf einen Stuhl und zündete eine Zigarette an. „Wo llen Sie auch?“ Vincent winkte ab.
    „Was verschafft mir eigentlich die Ehre“, fragte sie.
    „Ich will in der Nähe sein, wenn Ihre Kumpel Sie umbringen.“
    Sie starrte Vincent an, drückte die Zigarette aus und nahm einen großen Schluck. „We shalb sollte jemand so was tun?“
    „Falsche Frage. “Welche Kumpel?” hätte besser gepasst.“
    „Na gut – welche Kumpel?“
    „Wolf, der Kerl da drüben, ein paar Russen, was weiß ich. Es sind nicht mehr allzu viele übrig.“
    „He, was redet ihr da?“ Entweder roch Günter Lunte, oder es gab eine Werbepause im Fernsehen.
    „Halt dich da raus“, Annas Stimme klang schrill, „wenn du was trinken willst, komm rüber. Wolf ist gleich wieder da.“
    Das reichte, um ihn zum Schweigen zu bringen.
    „Sehen sie sich mal um“, sagte Vincent, „nachdem das mit dem Ostgeld schief ging, wird reiner Tisch gemacht. Die Statisten sind tot, jetzt kommen die Hauptdarste ller an die Reihe.“
    „Mag ja sein, aber was habe ich damit zu tun?“
    „Mit Ihnen begann alles.“ Obwohl Vincent es satt hatte, wieder die Geschichte von Haussers Nibelungenhort herunter zu beten, gab er ihr eine Kurzfassung. Sie hörte zu und goss weiter das klebrige Zeug in sich hinein.
    „Alles richtig soweit“, das kam jetzt stockend, der Alkohol wirkte, „bis auf eine Kleinigkeit.“ Sie nahm die Flasche, stand auf, sah sich unschlüssig um, setzte sich am Ende wieder hin.
    „Ich habe keinem Russen von dem Geld erzählt, nicht ein Sterbenswörtchen“, sie gestikulierte jetzt mit beiden Händen, „nur bei Arno ist mir was rausgerutscht, ein einziges Mal.“ Bedeutungsvoller Blick, krause Stirn. Das dümmliche Pathos des Thekenstehers, der seinen Mitsäufern als letzte Neuigkeit verklickert, dass Flüsse ins Meer münden. Sie log natürlich.
    Vincent stellte sich dumm. „Wer ist Arno?“
    „Ihr Wichser von Sohn“, Wolf kam mit einer Mossberg in der Rechten ins Zimmer zurück, „noch bescheuerter, als die alte Schlampe da.“
    „Na hör mal“, Anna Schiller sah nicht in seine Richtung, duckte sich weg, hoc hrotes Gesicht, wässrige Augen.
    „Hör du lieber“, sagte Wolf, „bring mir ein Bier und mach Schluss mit dem Trinkerg elaber.“
    Ihr Mund war nur noch ein Strich, als sie sich mit beiden Händen vom Tisch hoch drückte und in die Küche ging. Wolf verschob seinen Sessel, um freien Blick auf Vincent zu haben, legte die Waffe über die Knie, sah auf die Uhr. „Wo bleiben die be iden Idioten denn?“ Günter gab keine Antwort.
    Sie waren zu viert gewesen, als sie Vincent einsammelten, zwei jüngere Dic khälse, dazu Günter und Wolf, der den linken Arm in einer schmalen Schlinge trug. Als einer der Schläger auf Vincent einzudreschen begann, hatte Wolf ihn auf später vertröstet und befohlen, Vincent ins Haus zu verfrachten. Günter filzte ihn und steckte

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