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StasiPolka (German Edition)

StasiPolka (German Edition)

Titel: StasiPolka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Pesch
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russische Gangster her sind? Was ist, wenn Hausser, Teichmann und ihre alten Spezis die Sache ausgetüftelt haben? Was, wenn die Leute aus Florida die Drahtzieher sind?“
    „Vielleicht hat Margriet zusammen mit Graham alles ausgeheckt und sich den Arm ausrenken lassen, um mich in die Irre zu führen.“
    Das klang spitz. Sie hatte nicht Unrecht, Vincent sah inzwischen hinter jedem Busch einen Räuber. Gut möglich, dass es am Ende nur um simplen Betrug ging.
    „Danke. Das hilft weiter.“
    Sie wusste nicht ganz, was sie von der Antwort halten sollte und sah Vincent von der Seite an. Er legte den rechten Zeigefinger auf ihre Lippen. Sie küsste zurück, nahm seine Hand und rieb ihr Gesicht darin. Er griff in ihren Nacken und fuhr mit den Fingern hoch ins Haar. Um sie herum tobte das Gewitter. Sie rollten dahin, frisch verliebte Agenten im Ruhestand.
    Eine Weile später verzogen sich die schwarzen Wolken, ein gelber Gewitterkr agen brachte etwas Nachmittagslicht zurück. Der Regen wurde schwächer. Linkerhand begleiteten sie die dicht berankten Drahtgestelle des Holledauer Hopfen kilometerweit über die Hügel. Als sei sie aus einem Malbuch für Kinder heraus geschnitten, stand auf einer Kuppe eine weiße Kirche zwischen dunklen Fichten.
    „Wohin fährst du uns?“ Sie klang entspannt.
    „Wir suchen einen Platz zum Schlafen und besprechen dann, wo du bleibst.“
    „Ich komme mit nach Wien.“
    „Später.“
     
    Sie trug einen grob gestrickten grauen Pullover, schwarze Leggins, saß gelassen in der tiefen Fensterhöhlung und drückte ihre nackten Füße an die Wand gegenüber. „Du warst oft hier.“ Keine Frage, eine Feststellung.
    „Nur dienstlich.“ Das Zimmer war eine mit dunklem Holz getäfelte Höhle, das altmodische Bett so groß wie ein  holländisches Hausboot. Sie rieb ihre Füße an der gekalkten Wand. Vincent ertappte sich dabei, dass er auf ihre Beine schaute. Karl Lagerfeld hatte die Idee mit den Leggins als erster gehabt. Irgendwann würden ihm dankbare Frauen ein Denkmal setzen.
    „Diesen Ort habe ich anders eingeschätzt.“
    So ging es allen beim ersten Mal. Vincent war kurz vor München nach Westen abgebogen und dann mit ihr die enge Strasse zur Dachauer Altstadt hinauf gefahren. Jetzt hockten sie in einem zweihundert Jahre alten Gasthof, wo er oft Zielpersonen einquartiert hatte, wenn sie Lust auf Bayrisches hatten.
    „Lass uns essen gehen.“
    Sie warf noch einen Blick in den Innenhof und schwang sich vom Fensterbrett. Schwarze Sneakers und eine knapp knielange Jacke, die nach dunkelgrüner Seide aussah, machten aus ihr die Versace Version einer Guerillakämpferin. Aktiv genug sah sie aus, das musste man ihr lassen.
    Sie gingen hoch zum Schloss und dann in den Park. Jetzt nach dem Unwetter lag die Alpenkette zum Greifen nah vor ihnen. Sie standen an der Brüstung des Schlossga rtens, und Vincent versuchte nicht daran zu denken, wie vielen Zielpersonen er dieses Panoramaschon gezeigt hatte.
    „Ich dachte, ich werde verrückt, als du ausgerechnet nach Dachau abgebogen bist.“ Ka tja wiederholte sich.
    „Auch diese Münze hat zwei Seiten. Vor hundert Jahren war das hier ein Ort, in dem berühmte Landschaftsmaler den Sommer verbracht haben. Ländliche Szenen aus dieser Umgebung füllen ganze Museen. Damals war das so eine Art Himmel auf E rden. Später dann für viele die Hölle.“
    Sie kroch unter seinen Arm und hielt ihn fest.  Einige Meter unter dem Schlo ßberg lag ein Wirtshaus, das er ebenfalls von früher kannte. Unter den dicken Kastanien im Biergarten waren fast alle Tische besetzt. Sie gingen in die Wirtsstube und setzten sich in die Nische eines weit geöffneten Fensters. Die Kellnerin war älter geworden aber noch so flink und mürrisch wie früher. Auch das dunkle Bier und der rote Frischkäse schmeckten wie vor zehn Jahren. Katja schien es zu gefallen.
    „H ier hast du sie dann alle herum gekriegt“, sagte sie ohne Spott. Aus dem Biergarten klang der entspannte Lärm der Feierabendtrinker. Draußen wurde es dunkel.
    „Das war mein Job.“ Damit war er Sieger im Wettbewerb um die naivste Ausrede des Tages. Aber was hätte er antworten sollen. Katja gehörte ja früher selbst zur Firma. Vincent bestellte noch ein Bier; es wurde Zeit, ihr beizubringen, wo sie die nächsten zwei Tage abtauchen konnte.

14
     
    Der Pilot drückte die Nase der Cessna herunter und begann den Landeanflug. Je tiefer sie sanken, desto trüber wurde das Tageslicht. Unten die vertraute Ödnis aus

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