StasiPolka (German Edition)
unter Peters wachsamen Augen an ihren Teetassen festhielten. Sie sahen gemeinsam zu, wie der dunkelblaue Ford z urück setzte und rasch in Richtung Autobahn verschwand.
Julianes Bruder wohnte in einem efeuberankten Haus mit Pferdeställen auf der Rückseite. Er gab sich sonntags als jovialer Landedelmann, ging werktags in Birmingham seinen Geschäften nach und ließ seine Frau den größten Teil der Woche allein. Er war vielleicht fünfzig, hatte volles Haar, einen buschigen Oberlippenbart und ein wenig Bauchansatz. Mit seiner dröhnenden Stimme wirkte wie ein Mann, der jederzeit die Kavallerie mit gezücktem Säbel zum Angriff auf die feindlichen Stellungen führen konnte.
„Alles nur Tarnung“, hatte Juliane erzählt, „Matthew wickelt seine Geschäft spartner mit dieser Offiziersmasche ein, aber zu Hause hat Dorothy das Sagen. In Wahrheit ist mein Bruder ein erfolgreich tüftelnder Pedant. Elektronik und dergleichen; teilweise geheim.“
Dorothy war kräftig gebaut, trug Reitkleidung und hatte ein melancholisches Gesicht mit tief liegenden riesigen Augen. Es gab Kaffee und Mürbeteigplätzchen. Al lgemein wurde bedauert, dass die Kinder nicht da waren, um Rea das Haus und die Umgebung zu zeigen. Offenbar gab es zwei Söhne und eine Tochter, die auswärts studierten. Vincent dankte Mathew für die Vermittlung der Leibwächter. Der winkte ab.
„Juliane hat mir von Ihren lästigen Verfolgern erzählt“, sagte er, „aber man b eschattet vermutlich nicht jede Ihrer Bewegungen. Ich nehme an, Sie werden ab und zu neu geortet. Das kann nur eins bedeuten.“
„Ich bin gespannt“, sagte Vincent.
„Wahrscheinlich hat die Gegenseite Zugang zu Daten der Mobilfunkprovider. Bei jedem Anruf lässt sich feststellen, über welchen Signalumsetzer telefoniert wurde. Damit ist der Standort des Anrufers bis auf wenige hundert Meter eingekreist. Der Rest ist Beschatterroutine. Wenn Sie oder Reas Mutter Handykontakt mit Ihrem Freund in Cambridge hatten, könnte sein Standort lokalisiert worden sein. Das gilt auch in die umgekehrte Richtung.“
„Wer kommt denn an solche Informationen?“
„Das ist der heikle Punkt“, sagte er, „eigentlich dürfen das nur amtliche Stellen. Und diese Technik können sich Privatleute normalerweise nicht leisten. Andererseits gibt es Möglichkeiten, wenn man die richtigen Beziehungen hat. Auf jeden Fall werden Sie von Experten überwacht.“
„Also wahrscheinlich Leute mit Kontakten zu einem aktiven Geheimdienst.“
„So ähnlich.“
Vincent dachte an Teichmann und die Russen, jeder von ihnen hatte seine fun ktionierenden Drähte zu den Schlapphüten. Es war aussichtslos, dem nachzugehen. Er war Matthew für seinen Tip dankbar. Sie kamen überein, dass es jetzt angebracht war, einen Drink zu nehmen.
22
Tempelhof war an diesem Morgen kühl und reg nerisch. Der Wind zauste an Haaren und Kleidung, als sie aus der Maschine kletterten und die wenigen Meter zu dem wartenden Kleinbus gingen. Statt Frau Berger diesmal ein junger Mann, der Lars Hansson zuwinkte, bevor er zu ihnen ins Auto stieg. Sie hielten unter dem gewaltigen Vordach des Terminals und folgten ihrem Führer auf verschlungenen Wegen in die Ankunftshalle. Nur flüchtige Kontrollen; Vincent beschloss, nie wieder Linie zu fliegen. Am Ausgang wartete Peter auf sie, der am Sonntagabend bereits nach Berlin gereist war. Er verteilte sie auf zwei gemietete BMW und gab das Zeichen zum Aufbruch.
Bevor Dorothy gestern Abend das Roastbeef auftrug, hatte Vincent Margriet a ngerufen. Es sei alles geregelt, beruhigte sie ihn. Teichmann habe die Überführung organisiert, Katjas Sarg werde Montagnachmittag in Berlin sein. Schon am Dienstag solle dann die Beerdigung stattfinden. Es gebe zum Glück das alte Familiengrab in Friedrichsfelde.
Als Margriet sagte, sie wolle nach ihrer Ankunft gleich raus zu Teichmann fa hren und sie dort erwarten, schlug Vincent vor, sie stattdessen in Tegel abzuholen. Gregor sollte sich gedulden. Die Kleinfamilie brauchte zunächst mal etwas Zeit für sich allein. Margriet stimmte sofort zu.
„Juliane hat dir schöne Augen gemacht“, sagte Rea, als sie es sich im Wagen bequem machten.
“Das galt nicht mir“, Vincent drückte ihre Hand, „sie genoss das Indianerspiel. Einen Tag lang war ich für sie Häuptling Weiße Feder.“ David blickte ihn im Rückspiegel kurz an. Er fuhr durch den Berliner Verkehr, als sei er in Wedding aufgewachsen.
Sie sahen Margriets untersetzte Figur bereits
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