StasiPolka (German Edition)
Katja zufällig vor den Lauf eines Gewehrs geriet.“ Sie holte Atem. „Ich weiß natürlich nicht, ob die mir alles gesagt haben. Aber jedenfalls wird Katjas Leiche frei gegeben; ihr Fall scheint abgeschlossen.“
„Wir sehen uns also morgen in Berlin. Brauchen Sie noch Hilfe?“
„Ich habe schon mit Gregor gesprochen.“ Sie meinte Teichmann. Vincent nahm sich vor, bei nächster Gelegenheit mit Margriet ein Gespräch über ihre Vergangenheit zu führen. „Er wird sich um alles kümmern, wenn wir uns für Berlin entscheiden. Ich gebe ihm gleich B escheid. Er sorgt dann auch für die Sicherheit.“
Darauf konnte man wetten. „Wir halten Kontakt“, sagte Vincent und legte auf.
Rea sah ihn mit einem schwer zu deutenden Gesichtsausdruck an. „Mein Daddy“, sagte sie zu Juliane.
„Gratuliere“, sagte die.
„Danke sehr“, sagte Vincent, „wie hieß noch die Einheit, bei der Ihr Bruder gedient hat?“
21
Es war nicht zu leugnen, dass sein Leben seit einer Woche wieder von Frauen bestimmt wurde, dachte Vincent. In die ganze Geschichte war er durch eine Jugendli ebe geraten. Und seither erledigten vor allem Frauen die kniffligen Dinge für ihn, hielten ihre schützende Hand über ihn, bewachten seine Tochter und kutschierten ihn durch die Gegend. Seit Ende seiner Karriere als Berufsweiberheld waren nie wieder so viele Frauen um ihn herum gewuselt, wie im Augenblick.
Zu guter Letzt hatte er sich am Morgen von Julianes Abenteuerlust breit schl agen lassen, saß nun auf der Rückbank eines dunkelgrünen XJ6 und betrachtete durch dunkel getönte Fensterscheiben die vorbei fliegende Landschaft. Juliane fuhr, Rea leistete ihr auf dem Beifahrersitz Gesellschaft. So ist der Lauf der Welt, eine konvertierte Altlinke, die im Jaguar Fluchthilfe leistet. Juliane hatte dazu nur gesagt, bei einem Jaguar schauten die Leute erfahrungsgemäß nur auf das Auto und nicht auf die Insassen. Der ideale Wagen, um unerkannt zu reisen. Wem war dieser Unsinn wohl eingefallen?
Er beobachtete durch das Rückfenster den unauffälligen BMW, der ihnen in wechselnden Ab ständen folgte. Einige Stunden nach Julianes Anruf bei ihrem Bruder stand ein drahtiger Grauhaariger mit zwei schweigsamen jungen Männern im Schlepptau auf der Schwelle und hatte aufmerksam zugehört, als Vincent den Auftrag beschrieb. Alle drei trugen diese Art von dunklen Anzügen, bei denen das Gefühl aufkam, man sei wieder in den Sechzigern und die Beatles gäben nebenan ein Livekonzert, oder eine chemische Reinigung habe nicht korrekt gearbeitet. Vincent war sich mit den Männern schnell handelseinig.
„Ernsthaft waren die Angriffe bisher nie, aber ich reise mit Anhang“, sagte er mit Blick auf Rea, „und kann weder Unruhe noch Verzögerungen gebrauchen. Darum hätte ich Sie gern auch morgen in meiner Nähe. In Berlin.“
„Kein Problem Sir.“
„Wir können zusammen reisen, wenn sie wollen. Ich bin gerade dabei, eine M aschine zu bestellen. Was meinen Sie, sollten wir von Norwich aus fliegen?“
Der Grauhaarige zögerte einen Augenblick. „East Midland wäre eine gute Wahl, Sir. Zwar etwas weiter zu fahren, als bis Norwich, aber sehr übersichtlich und von di esem Haus aus sicher zu erreichen.“
„Mein Bruder lebt in der Nähe von Derby“, warf Juliane ein, „wir könnten bei ihm vo rbei schauen.“
„Wie heißen Sie eigentlich“, fragte Vincent den Grauhaarigen.
„Peter“. Er drehte sich zu seinen Begleitern um. „David, John.“ Das klang für seine Verhältnisse liebevoll. Die beiden verzogen keine Miene.
„Also gut. Ich rufe den Piloten an. Morgen früh um acht?“
„Gern, Sir.“ Die drei zogen sich zurück.
„SAS, da gehe ich jede Wette ein“, erklärte Juliane überflüssigerweise. Rea saß da und schaute Vincent an.
Inzwischen waren sie auf die M1 eingeschwenkt und fuhren gemächlich nach Norden. Im Grunde schlugen sie die Zeit tot, aber es gab keinen Grund, heute am Son ntag schon den Zeh ins heiße Berliner Wasser zu stecken. Juliane genoss offenkundig die Situation. Seit dem Eintreffen der Sicherheitsleute wirkte sie wie aufgedreht. Vielleicht litt sie an Entzugserscheinungen, seit keiner ihrer ehemaligen Mitverschwörer mehr so recht an die Weltrevolution glaubte. Vincent nahm sich vor, sie und Nigel zum Abendessen einzuladen, wenn alles vorbei war.
Das Funkgerät, das ihm der Grauhaarige vor der Abfahrt gegeben hatte, kniste rte. „Hier David, Sir. Kann sein, dass wir Gesellschaft haben. Das
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