Staub Im Paradies
blitzgescheit und wunderschön. Aber vernünftig und besonnen ist sie nicht.
»Du traust mir nicht, oder?«, errät sie meine Gedanken.
»Doch, natürlich«, winke ich ab.
»Ist es wegen des Kokains oder weil ich mit deinem Sohn schlafe?«, fragt sie mich.
»Weder noch«, beeile ich mich zu sagen. »Die Kokaingeschichte habe ich längst vergessen und Per tust du gut, das spüre ich.«
Kaum spricht man vom Teufel, taucht er auf. Per schlurft heran, er sieht aus, als käme er soeben aus einem Obdachlosenheim. Seine langen braunen Haare sind ungekämmt, aus dem zerknautschten Morgengesicht sprießen die Bartstoppeln. Ein senfgelbes Schlabber-T-Shirt hängt an ihm herunter, dazu trägt er speckige, beigefarbene Shorts und ausgelatschte Sandalen. Er gähnt, gibt seiner Freundin einen flüchtigen Kuss auf die Wange und lässt sich an ihrer Seite nieder.
»Hi Papa«, begrüßt er mich. »Und, hat gestern noch alles geklappt?«
»Hat es«, halte ich mich kurz. Ich hätte mich lieber noch eine Weile ungestört mit seiner Freundin unterhalten.
»Trüeb hat mit dem Mordopfer Schach gespielt«, berichtet Adrienne ihrem Liebling.
»Das spricht aber doch eher für Trüeb«, sagt mein Sohn.
Adrienne verzieht verwundert ihr feines Gesicht. »Wieso das denn?«
»Ach, nur so. Schachspieler haben bei mir eher ein vergeistigtes, harmloses Image. Im Gegensatz zu Rugbyspielern, meine ich. Zum Beispiel.«
Per realisiert selbst, dass er soeben Humbug erzählt, und kümmert sich infolgedessen denn auch lieber akribisch um seine Teigtasche.
»Dass du so was runterbringst am frühen Morgen«, wundere ich mich. »Mir kommen ob der Schärfe die Tränen.«
»Killt alle Bakterien«, quetscht er zwischen zwei Bissen hervor. »Und weckt die Lebensgeister.«
»Na dann«, sage ich zweifelnd.
»Knöpfen wir uns diesen Trüeb also vor, Fred?«, lässt Adrienne nicht locker. »Es ist höchste Zeit, dass ihm mal jemand auf die schmutzigen Finger klopft!«
»Ich muss erst mal mit Leonie besprechen, wie unser Programm aussieht«, ziehe ich mich aus der Affäre. »Eigentlich sind wir ja in den Ferien.«
»Du bist doch nie richtig in den Ferien, Papa«, lächelt mich Per an.
»Ist doch gut, wenn man weiß, was man will im Leben«, weist ihn Adrienne zurecht.
Ich sehe wieder einmal dunkle Wolken über der Beziehung der beiden heraufziehen. Verschiedener können zwei Menschen kaum sein. Auf der einen Seite der ruhige, gelassene, optimistische Per. Und auf der anderen Seite die permanent unter Strom stehende, nervöse Adrienne, in der ein Vulkan lodert, der jederzeit heftig und unkontrolliert auszubrechen droht.
»Weißt du das denn?«, will Per betont freundlich von ihr wissen.
»Ich denke ernsthaft und intensiv darüber nach, wohin mein Leben gehen soll«, entgegnet sie ihm. »Es macht mich manchmal wahnsinnig, es nicht zu wissen.«
»Ihr seid ja noch jung«, blicke ich weise in die Runde.
Per grinst, während Adrienne mich mit einem tiefen Blick aus ihren magnetischen Augen fixiert.
»Ich bin mir nicht sicher, ob das ein Vorteil ist, Fred«, meint sie ernst.
»Es ist einer!«, versichere ich ihr. »Bereits weit mehr als die Hälfte seines Lebens hinter sich zu haben, ist nicht gerade beruhigend. Und weniger Probleme als mit zwanzig hat man auch nicht. Nur neue.«
»Hättest ja nicht Polizist werden müssen, Papa«, schmatzt Per. »Dann hättest du wenigstens im Urlaub keine.«
»Ich bin doch nicht freiwillig in dieser Mordsache gelandet«, protestiere ich und beschließe rachsüchtig, morgen mit Pers Holder ans Meer zu fahren. Denn es erscheint mir tatsächlich keine ganz schlechte Idee zu sein, Trüeb einmal etwas intensiver zu befragen.
Gret muss einlenken
Gret gefiel die Idee nicht. Nur weil Lathan Uruthiramoorthy weiterhin stumm auf der Intensivstation lag, musste noch lange nicht zwingend seine ganze Familie in Haft genommen werden.
»Lathan kannte den Erstochenen«, versuchte Michael sie zu überzeugen. »Wir müssen endlich weiterkommen! Informelle Gespräche mit der Familie wie Samstagnacht im Spital oder gestern Nachmittag bei den Leuten zu Hause sind offensichtlich zwecklos. Einzelverhöre mit jedem Familienmitglied könnten dagegen wirklich etwas bewirken!«
»Mit welcher Begründung sollen wir die Leute denn festnehmen, Michael?«, hakte Gret nach und übersah geflissentlich die genervten Blicke der übrigen Kollegen.
»Verdunkelungsgefahr«, antwortete Michael sofort, »ein geradezu klassischer Fall.«
»Ich
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