Staub Im Paradies
sympathischen Lächeln im Gesicht. Ganz der Typ Stimmungskanone. Das scheußlich bunte Hawaiihemd passt bestens zu ihm.
»Titus Trüeb hat schon angedeutet, ich dürfe mit Besuch rechnen«, sagt er entspannt, als kämen wir soeben von einer Massagestunde in einem Wellnesshotel. »Bitte kommen Sie doch rein!«
»Sind Sie verantwortlich für die Schweinerei auf der Straße?«, fauche ich ihn an.
»Die Jungs von der Armee?«, sagt er locker. »Sie sind manchmal etwas übereifrig, bitte entschuldigen Sie! Natürlich bekommen Sie Ihre Waffen sofort zurück. Eigentlich sollen die Burschen nur unerwünschte Besucher fernhalten. Wissen Sie, in dieser Gegend treibt sich allerhand seltsames Volk herum. Aber bitte treten Sie doch ein.«
»Die Löwen?«, deute ich den Hang hinauf.
»Hugo und sein Harem?«, lacht er. »Die sind absolut zahm, ich lasse sie mit den Kindern meiner Angestellten spielen.«
Ich presse zweifelnd meine Augenlider zusammen.
»Kleiner Scherz«, grinst Müller. »Sehen Sie den Zaun? Der sorgt dafür, dass die Prachtviecher brav in ihrem Abschnitt bleiben. So, und jetzt kommen Sie bitte!«
Ich muss mich überwinden und auch die Kollegen wirken nicht gerade euphorisch. Aber schließlich folgen wir Müller doch ins Haus. Dort werden wir in einen Salon geführt, der voller prächtiger alter Möbel und Bilder ist.
»Schön hier«, sage ich anerkennend.
»Nicht wahr?«, strahlt Müller. Dann fragt er mich pfiffig lächelnd: »Tee oder Kaffee?«
Ich werfe ihm einen misstrauischen Blick zu.
»Die Kaffeeröstung stammt aus dem äthiopischen Hochland, die Maschine ist eine echte Lavazzo aus Italien«, fügt er erklärend hinzu.
»In diesem Fall gerne«, freue ich mich.
Müller klatscht vergnügt in die Hände, worauf eine zarte, junge Schönheit in einem himmelblauen Sari hereinschwebt, der er entsprechende Anweisungen ins Ohr flüstert.
»Bitte setzen Sie sich doch«, meint er dann.
Ich lasse mich wie Verasinghe und Kollege Steifbein in einen der mit geblümtem Stoff überzogenen, schweren Sessel fallen und bewundere eine mannshohe, goldfarbene Buddhastatue in der Ecke sowie eine Reihe prächtiger, aber unheimlicher Masken an der gegenüberliegenden Wand.
»Ziemlich gruselig«, bemerke ich.
»Aber äußerst wertvoll«, belehrt mich Müller. »Antike Sanni-Masken aus Kaduruholz, die beim Teufelstanz verwendet wurden. Angeblich, um Krankheiten zu vertreiben.«
»Aha«, sage ich zweifelnd und stelle mir vor, wie Anna mit einem dieser Ungetüme auf dem Kopf vor meinem Krankenlager herumgetänzelt hätte. Da waren mir ihre Tabletten von Imodium bis Bioflorin letztlich doch noch lieber. Immerhin hält mein Darm seit gestern dicht.
»Was Sie hier sehen, ist natürlich nur ein kleiner Teil meiner Sammlung. Man könnte ein Museum machen aus der Hütte«, prahlt Müller weiter. »Nur würden mir dann ständig Leute über die Füße latschen und das wäre doch etwas unangenehm.«
»Ja, eben.«
»Vielleicht erlauben Sie mir, Ihnen einen kurzen Überblick über meine Aktivitäten in dieser Ecke der Insel zu geben. Wie Ihnen möglicherweise bereits bekannt ist, habe ich …«
»Spielen Sie Schach?«, unterbreche ich ihn, bevor er sich richtig warmgelaufen hat. Denn allmählich habe ich mich von dem Schock auf der Herfahrt wieder erholt und der dauergrinsende Müller geht mir bereits enorm auf die Nerven.
Verdutzt blickt er mich an.
»Kennen Sie Rainer Schütz?«, frage ich weiter.
»Na, klar«, bestätigt mir Müller. »Ich habe den Jungen ja schließlich erschossen!«
Ich erblasse.
Verasinghe greift reflexartig zu dem Holster an seiner Hüfte, wo seine Pistole leider nicht mehr steckt.
»Kleiner Scherz, meine Herren«, amüsiert sich Müller königlich und fügt hinzu: »Ich mochte den guten Rainer wirklich sehr gern, auch wenn er im Spiel leider kaum zu bezwingen war. Ich hätte ihm niemals etwas angetan. Welch ein tragisches Unglück! Dieses Land geht in der Tat langsam vor die Hunde. Wenn Ausländer selbst im bis dato sicheren Bergland …«
»Besitzen Sie ein Gewehr?«, unterbreche ich ihn erneut.
»Natürlich, mehrere sogar. Wollen Sie sie sehen?«
»Wenn’s nicht zu viel der Mühe ist.«
Die himmelblaue Fee kommt zurück und serviert uns, zuckersüß lächelnd, in feinstem Porzellan den gewünschten Kaffee.
»Genießen Sie ihn«, meint Müller gönnerhaft. Dann verliert er sich in einem historischen Exkurs: »Ich versuche, hier Gutes zu tun. Sehen Sie, die Geschichte des Teeanbaus in
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